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Interview mit Büne Huber von Patent Ochsner





Eineinhalb Jahre haben Patent Ochsner sich Zeit gelassen, ihre musikalische Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Jetzt erscheint ihr neuestes Album "Liebi, Tod & Tüüfu". hitparade.ch hat sich mit Frontmann und Schreiberling Büne Huber getroffen und sich mit ihm über seine Rolle in der Schweizer Musikszene, über MusicStar und seine Hitparaden-Ambitionen unterhalten.

hitparade.ch: Nach 15 Jahren im Geschäft wirst Du die Schweizer Musikszene mit Stars, die kommen, Stars, die wieder gehen, kennen. Wie ist das Klima in der Szene? Arbeitet jede Band biotopisch für sich selbst oder pflegt ihr auch den Kontakt zu Musikern anderer Bands?
Büne Huber: Ganz bewusst habe ich mich die letzten Jahre aus der Szene rausgehalten. Es hat eine aufladende Wirkung, wenn Du Dich vermehrt mit Geschichten ausserhalb der Szene beschäftigst. Ich verfolge aus der Beobachterwarte sehr interessiert, was sich in unserer Musiklandschaft tut. Ich bekomme auch immer wieder Demo-Bänder zugeschickt, auf welchen ich einen spannenden Einblick erhalte vom Schaffen anderer Bands, die am hochkommen sind.

hitparade.ch: Wie gehst Du mit solchen Demo-Tapes um?
Büne Huber: Die Rolle des kritisierenden Schulmeisters liegt mir weniger. Wenn jemand etwas erschafft, hat das primär einmal Respekt verdient. Es geht in der Musik meines Erachtens darum, seine Sprache zu finden und sein eigenes Gesicht zu konturieren. Wenn ich als Hallodri, der schon seit 15 Jahren in der Musiklandschaft rumlungert, als Kritiker daher komme, finde ich das eher schwierig. Ich kann jemandem Tipps geben, wie er inmitten des Fleischwolfs Musikbusiness richtig auf sich aufpasst. Aber über das künstlerische Schaffen eines andern Musiker äussere ich mich nicht gerne.

hitparade.ch: Schaut man sich bei hitparade.ch die Liste der Songs durch, die Du geschrieben hast, beschränkt sich das bisher praktisch ausschliesslich auf Patent Ochsner und auf Solo-Songs. Sind wir schlicht schlecht informiert oder hast Du gar nicht das Bedürfnis für andere Künstler Songs zu schreiben?
Büne Huber: Letztes Jahr gab es eine Zusammenarbeit mit Mimmo Locasciulli, einem Cantautore aus Italien. Und es gibt auch schon einige Cover-Versionen von Ochsner-Songs. Aber tendenziell stimmt es schon: Was ich selber schreibe, singe ich dann gerne auch selber.

hitparade.ch: Besagtes Projekt mit Mimmo Locasciulli, in dem ihr einen seiner Songs auf deutsch sangt und er Euren "Hotelsong" auf italienisch, war ja ein spannender Ansatz. Werdet ihr wieder einmal ein solches mehrsprachiges Experiment eingehen? Vielleicht wieder mit Mimmo?
Büne Huber: Ich kann mir gut vorstellen, gerade mit Mimmo nochmals zusammenzuarbeiten. Letzten Sommer war ich bei ihm im Studio, wo wir an einem Song aus meiner Feder arbeiteten. Ob was draus wird... Schaun mer mal. Ende Jahr veröffentlicht er eine neue Platte und geht im März 06 damit auf Tournee. Sofern wir es terminmässig hinkriegen, werden ihn sicherlich einige Ochsner-Leute begleiten. Unser neues Album haben wir im übrigen ebenfalls bei ihm abgemischt. Er hat uns sein Studio und sein Haus grosszügig zur Verfügung gestellt. Das Beisammensein in seinem wunderbaren Garten erzeugte eine geniale Ambience.

hitparade.ch: Seit Jahren gelingt Euch mit Euren Alben der Sprung in die Top 3 der Charts problemlos. Ist Euch die Hitparade überhaupt noch wichtig?
Büne Huber: Nun ja, der Hitparadenwettstreit hat ja etwas sehr Sportives an sich. Wer schafft Platz 1, wer holt die Silbermedaille, wer schnappt sich ein olympisches Diplom? Sehr schnell ist dieser Wettstreit dann von den Inhalten der Musik abgekoppelt. Wenn Du an einem Album arbeitest, an einen Song rangehst und mit der Band versucht, an den Kern eines Liedes vorzustossen, befindest Du Dich in einer ganz anderen Welt. Der sportliche Ehrgeiz, auf die Hitparadenplatzierung zu schielen, geht bei mir dann und wann etwas flöten. Unabhängig dessen ist die Hitparade aber eine sehr wertvolle und gute Werbefläche.

hitparade.ch: Wo siehst Du den Ursprung des Erfolgsphänomens Patent Ochsner?
Büne Huber: Ich kann mir das nicht wirklich erklären. Ich bekomme vom Publikum fast ausschliesslich positive Rückmeldungen. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Fans dann melden, wenn ein Lied sie berührt hat. Und die Leute sagen mir: "Eure Songs haben mit meinem Leben zu tun, ich finde mich in ihnen wieder, Du hast mein Herz berührt." Das freut einen natürlich extrem. Als wir dieses Jahr am Gurten waren, kam ein Ehepaar zu mir - die waren so schätzungsweise 30. Sie erzählten mir, dass sie ihre zwei Kinder beide zu Ochsner-Songs gezeugt hatten. Das macht einen als Künstler in dem Augenblick dann schon stolz. Kannst Du einem Musiker ein besseres Lob ausspechen, als dass seine Musik quasi der Soundtrack für ein neues Leben war? Das isch doch geil! :-)

hitparade.ch: Aus dem MusicStar-Boom während der letzten zwei Jahre habt ihr Euch elegant herausgehalten. Wäre es für Dich nie in Frage gekommen, als Jurymitglied mitzuarbeiten?
Büne Huber: Nein, überhaupt nicht. Ich fand Mia Aegerters Weg bereits relativ schwierig, als Künstlerin auf die Bühne zu gehen, aber gleichzeitig in der Jury zu sitzen. Chris von Rohrs Rolle hat mir gefallen. Er, der fast ausschliesslich als Produzent und Berater in der Szene tätig ist, hat seine Aufgabe kompetent und respektvoll gemeistert. Solche Figuren braucht es in der Jury. Mutig fand ich auch seinen Song "Meh Dräck", auch wenn ich ihn grottenschlecht fand. Chris hat sich damit ausgestellt und hat sich selber bewerten lassen. Das ist ein sehr typischer Wesenszug von ihm.

hitparade.ch: Werfen wir den Blick auf die sich sachte emanzipierenden MusicStars wie Pacchioli, Kandlbauer oder Baschi. Siehst Du da etwas Fruchtbares heranwachsen?
Büne Huber: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass der Aufstieg via MusicStar für mich als Musiker nie in Frage gekommen wäre und ich eigentlich gar nichts damit zu tun habe. Ich verurteile jene, die diesen Weg gehen können, nicht. Wenn Du Dir das System MusicStar jedoch genauer anschaust, ist es ein Business von A bis Z. Alle gewinnen: das Fernsehen, die Kleidermarken, die Telephonfirma, Chris von Rohr, die Plattenfirma. Alle gewannen - abgesehen von H. Elias Fröhlich und... den Musikern. Die haben lediglich kurzweilig ihre Publizität. MusicStar ist ein Event. Wenn es zwei, drei Leuten halbwegs gelingt, auf der Piste zu bleiben, gönne ich es ihnen von Herzen. Aber es wird schwer.

hitparade.ch: Was denkst Du über den derzeitigen Trend, wieder Mundart-Musik zu machen?
Büne Huber: Ich denke, es wird immer wieder solche Wellen geben. Von jener Anfang der 90er haben wir profitiert. Nachher gab es aber auch Momente, wo Mundart-Musik wenig in war. Du bist eine Zeit lang ein lahmer alter Furz, wenn Du Mundart machst und zwei Jahre später extrem hip. Ich kann mich als Künstler nicht damit beschäftigen. Meine Sprache ist meine Form, die mir entspricht. Ich will mit der Sprache spielen, will Geschichten erzählen, will mit einer Band Platten aufnehmen. Und da würde ich mit meinem Radebrech-Englisch nichts Glaubwürdiges zu Stande bringen. Sven Degen sagte kürzlich so schön in einem Interview: "Wenn Du eine "Element Of Crime"-Platte kaufst und die nicht nach "Element Of Crime" klingen würde, wäre es schlichter Etikettenschwindel". Du hast Deinen Ausdruck, Deine Sprache - mal ist die Zeit auf Deiner Seite, ein anderes Mal eben nicht.

hitparade.ch: Euer neues Album heisst "Liebi, Tod & Tüüfu". Wie kamt ihr auf diesen Titel?
Büne Huber: Das war in der Zeit, als ich die Songs zu Hause skizzierte. Da begann sich dieser Arbeitstitel zu manifestieren. "Liebe, Tod und Teufel" - das ist für mich eine grosse Säule, um die sich unser Leben dreht.

hitparade.ch: Ein Titel, der stark an ein erfolgreiches Album der EAV erinnert...
Büne Huber: Ja, schins. Das habe ich erst nachher mitbekommen.

hitparade.ch: Die EAV verknüpft Pop-Sound mit satirischen Texten - eigentlich ein ähnliches Erfolgsrezept wie Patent Ochsner - oder nicht?
Büne Huber: Ich sah die Gruppe kürzlich an einem Festival, habe aber ihr Schaffen abgesehen von ihren grossen Hits weniger verfolgt. Wir sehen uns natürlich weniger als Ulkband im eigentlichen Sinne.

hitparade.ch: Euer neuer Song "Vo hingu u vo vor" wurde im Internet als Gratis-Download zur Verfügung gestellt. Ihr beschreibt darin einen Nobody, dem Honig um den Mund geschmiert wird, dem die Öffentlichkeit ein Krönchen aufsetzt. Ist das Euer Soundtrack zu MusicStar und der Miss-Schweiz-Wahl?
Büne Huber: Ja, die Geschichte ist natürlich stark aus jener Ecke genährt. Ich war glücklicherweise nie direkt mit diesem Umgangsstil konfrontiert. Aber andauernd beobachte ich solche Geschichten inmitten des Musikbusiness. Ein Pferdchen wird in den Stall geholt, wird geschminkt und es wird Kohle bis zum Geht-nicht-mehr reingepusht. Man schmeichelt ihm. Und wenn es kein Erfolg wird, sind die Plattenbosse blitzschnell wieder weg. Und mit dem, was übrig bleibt, beschäftigen sich dann andere Leute als die Plattenfirma! Das Lied ist sehr provokativ, äussert aber mein Empfinden.

hitparade.ch: Welcher Song ist Dir der wichtigste auf dem neuen Album?
Büne Huber: Eine solche Wahrnehmung ist natürlich immer in Bewegung. Von der Atmosphäre und Dichte her, ist es im Moment "De schlächt Verlürer". Da ist uns etwas gelungen, das wir bisher so noch nicht hingebracht haben. Ein Song, den ich wirklich liebe, der mir auch voll einfährt.

hitparade.ch: Auch um ihn live zu performen?
Büne Huber: Mein Plan lautet, alle neuen Songs auf der nächsten Tournee zu spielen. Ich bin gespannt, was dann mit ihnen passiert, wie sie sich dort entwickeln. Wenn Du eine Platte machst, frierst Du ja quasi etwas ein, das kontinuierlich entsteht. Auf der Tour erhalten wir Gelegenheit, die Songs wieder lebendig zu bearbeiten. Dieser Prozess lebt von der Musikalität jedes einzelnen in der Band. Manchmal kommt ein Gitarrenriff anders als am Tag zuvor und es entwickelt sich wieder etwas Neues. Solche Momente schätze ich sehr.

hitparade.ch: Welcher Patent-Ochsner-Song denkst Du wird von den hitparade.ch-Usern am beliebtesten bewertet?
Büne Huber: Da bin ich mir ziemlich sicher: "W. Nuss vo Bümpliz".
(Wir zeigen Büne die Liste und er studiert sie.)
Als Buchhalter ist das natürlich hochspannend, es zu studieren.

hitparade.ch: Kannst Du Dich damit identifizieren?
Büne Huber: Ich muss mich damit nicht identifizieren. Das ist das Empfinden von Menschen. Man muss aber die Relation sehen: Wenn neun Leute sagen, "Guet u gärn" ist ein guter Song, sagt dass nicht so viel aus, wie wenn über 60 Leute zur "W. Nuss vo Bümpliz" Stellung nehmen.

hitparade.ch: Traditionsgemäss legen wir unseren Interviewpartnern jeweils die aktuelle Top 10 der Schweizer Hitparade vor. Kannst Du uns diese kommentieren?
Büne Huber: (Studiert sie und schmunzelt). Weisst Du was? Ich kenne so gut wie keinen dieser Songs. Die Single-Geschichte ist mir schon ziemlich fremd, weil alles so kurzlebig ist. Ich glaube, die Sache erübrigt sich. Ich kenne zu wenige der Songs.