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Interview mit Andrea Berg

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Die Biographie von Andrea Berg gleicht einer Ansammlung von Superlativen: In 18 Karrierejahren wurde jedes ihrer Alben mindestens vergoldet; die meisten erhielten mehrfach Gold und Platin. Ihr neues Album "Schwerelos" hat es bei uns bis in die Top 10 geschafft. Wir haben sie zum Interview eingeladen.

hitparade.ch: Du hast letzte Woche einen Spezial-Award für zehn Millionen verkaufte Alben erreicht und bist die erfolgreichste Sängerin des Jahrzehnts in Deutschland. Ich nehme an, das übertrifft deine kühnsten Träume am Anfang deiner Karriere bei weitem?
Andrea: Ja natürlich. Ich habe immer mit viel Liebe und Leidenschaft Musik gemacht, und das viele Jahre auch parallel zu meinem bürgerlichen Beruf. Ich denke, dass man sich nicht so festbeissen sollte, um auf Teufel komm raus etwas zu erreichen. Bei mir war immer viel Leidenschaft dabei. Früher war ich mit meiner Band unterwegs, dann ist das nahtlos zu meinem ersten Album-Deal rübergegangen, währenddessen immer wunderbar geerdet durch meinen Beruf. Nach wie vor bin ich Montags bis Freitags um sieben Uhr in die Praxis gegangen, egal, ob ich am Wochenende bei Dieter Thomas Heck mit einem schönen Abendkleid über die rote Treppe gelaufen bin um die goldene Stimmgabel entgegenzunehmen. Das was für die Patienten, die krank waren und um die ich mich kümmern musste, völlig unwichtig. Für mich war dieses Relativieren aber ganz wichtig.

hitparade.ch: Dein Erfolg scheint von Album zu Album grösser zu werden. Gab es aber schon Rückschläge? Was war das Schlimmste, das du in deiner Musikkarriere bisher erlebt hast?
Andrea: In der Musik gab es eigentlich keine Rückschläge, wenn man davon absieht, dass durch das Ausscheiden von Eugen Römer als Produzenten natürlich eine Zensur entstanden ist. Aber auch das, denke ich, hat Sinn gemacht. Es hat Sinn gemacht, dieses neue Bewusstsein zu bekommen, etwas nicht machen zu müssen, sondern etwas machen zu dürfen. Das ist ein ganz grosser Unterschied, der mir sehr gut tut. Ich mache heute mit viel mehr Energie und mit viel mehr Leidenschaft weiter, weil man es mir hat wegnehmen wollen.

hitparade.ch: Wie hast du das mitbekommen, dass Eugen Römer sich zurückgezogen hat?
Andrea: Ich habe eine E-Mail bekommen, die auch die Plattenfirma und alle die daran beteiligt waren erhalten haben, dass Eugen Römer aus gesundheitlichen Gründen ausscheidet. Es ist natürlich nach so langer Zeit sehr schockierend, so etwas zu hören. Es war für mich in diesem Augenblick wie ein Schlussstrich, weil ich mir nie hätte vorstellen können, mit einem anderen Menschen zusammenzuarbeiten. In all den Jahren haben wir auf sehr emotionaler Weise miteinander gearbeitet.

hitparade.ch: Wie konkret war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Album mit ihm geplant?
Andrea: Nein, unser Vertrag bei Sony war beendet und es war kein neues Album im Gespräch. Wir hatten ja gerade im Mai 2009 unser Album "Zwischen Himmel und Erde" abgeliefert. Was in Planung war, war eine neue Tournee-Show. Wir waren ja im Herbst 2009 mit "Zwischen Himmel und Erde" auf Tournee. Nun waren die Karten für die Premiere der neuen Show am 24. Juli 2010 zum grössten Teil schon verkauft. Da hatten wir 14'000 Menschen, die auf eine neue Andrea Berg Show warteten. Für mich war nicht klar, wie die Show aussehen sollte, ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte, weil da auch immer Eugen daran beteiligt war als Regisseur und als Co-Autor. Es war eine ziemlich schwierige Situation, aus der mich dann meine Band gerettet hat. Mit der Band habe ich jeweils Abends nach den Konzerten noch lange zusammengesessen. Ich habe es sehr lange für mich behalten, um auch die Stimmung in der Crew nicht zu gefährden, weil es einfach sehr emotionale schöne Konzerte waren. Aber jeden Abend war ich auf der Bühne mit dieser Gewissheit alleine, dass ich mich auf das letzte Konzert zubewege. Und alle um mich herum haben es nicht gewusst, es war eine sehr bedrückende Situation für mich. Irgendwann nach einem Konzert, als wir alle zusammensassen, habe ich gesagt, dass ich nicht weiss wie es weiter gehen soll und dass ich nur wisse, dass ich jetzt eine Show auf die Beine stellen muss. Die Menschen sollen nichts merken, wir müssen aber eine neue Tour-Show bauen. Da habe ich auf einmal eine Eigendynamik gespürt, dass auf einmal alle Musiker mitgearbeitet haben. Alle wollten mich und dieses Projekt beschützen. Es hat sich dann jeden Abend immer weiter rauskristallisiert, wie die Show aussehen soll und welche Titel wir vorführen. Wir haben uns geschworen, dass wir weitermachen und nicht aufhören: 1001 Nacht Andrea Berg Konzerte. So ist auch der Titel entstanden. Aus diesem Titel und der neuen Leidenschaft heraus kamen auch die Ideen. Denn man muss bei jeder Show ja was Neues einbauen. Ich hatte jedoch kein neues Album am Start, konnte aber auf 150 Titel aus der Vergangenheit zurückgreifen. Die haben wir uns dann alle nochmals vorgeknüpft. Wir haben zum Beispiel "Die Insel der Nacht" nochmals neu aufgenommen und neu produziert. Dann haben wir ein Mutmacherlied gefunden von der Vicky Leandros mit den Zeilen "Ich liebe das Leben, sorg dich nicht um mich, das Karussell wird weiterdrehen". Ich habe eine unglaubliche Energie erfahren von all diesen Menschen, die jetzt dieses Projekt für sich beansprucht haben. Man spürte diesen "Das ist jetzt unser Ding, da machen wir was ganz Tolles daraus" Groove. Genauso war dann die Premiere: Unwahrscheinlich emotional und energetisch.

hitparade.ch: Deine Plattenfirma kam auf die Idee, mit Dieter Bohlen zusammenzuarbeiten. Ich habe gelesen, dass die Idee dir am Anfang etwas abwegig vorkam...
Andrea: Ja die Plattenfirma stellt sich das immer so einfach vor: "Wenn ich weitermachen will, dann ist das kein Problem, dann findet man dann schon Jemanden..." Aber für mich war das ganz schrecklich. Ich hätte die an die Wand klatschen können. So einfach ist das nämlich nicht. Das ist wie in einer Beziehung nach 20 Jahren: Man ist mit diesem Menschen so verwachsen. Das was wir gemacht haben, das war voller Emotionen! Man findet nicht so einfach jemand Anderen, das kann nicht funktionieren. Ich konnte mir dies also nie so richtig vorstellen. Dann kam die Plattenfirma und sagte: "Was sagst Du zu Dieter Bohlen? Der hätte Interesse, das wär doch was für dich." Und ich sagte dann: "Um Gottes Willen, nee!" Und zwar einfach, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass dies ein Mensch ist, der emotional auf der gleichen Augenhöhe ist wie ich.

hitparade.ch: Und dann hat er Dich doch noch überrascht?
Andrea: Ich hab dann mit meinem Mann darüber gesprochen und er schlug vor, dass wir uns einfach mal mit Dieter Bohlen treffen sollten, da er ja auch auf Mallorca sei. "Nein sagen kannst Du dann ja immer noch, es ist allein Deine Entscheidung! Denn wenn Du Dich dabei nicht wohl fühlst, dann funktioniert es sowieso nicht", meinte er zu mir. Aus dieser Gelassenheit heraus sagte ich dann: "Okay, treffen wir ihn mal". Gott sei Dank habe ich so entschieden, denn er kam an und war mir irgendwie sofort sehr symphatisch. Er ist ein liebenswürdiger Mensch, der einfach ganz normal ist. Er hat mit mir auf Augenhöhe geredet und hat in wenigen Sätzen auf den Punkt gebracht, was ich gerade gefühlt habe: Nämlich, dass Andrea Berg so authentisch ist, dass man das Ganze einfach nur fortsetzen muss - mit einer Sensibilität, nicht viel zu verändern. Man soll einfach anschliessen an das, was man bisher gemacht hat. Genau das ist Professionalität. Nicht ein Dieter Bohlen, der ankommt und sagt: So, jetzt sing das mal wie Mark Medlok oder wie Modern Talking. Nein, er sagt: Das ist Andrea Berg, da muss man aufpassen, dass man den Pfad nicht verlässt und sie authentisch weiter leben lässt, so wie es bisher auch gewesen ist. Das ist ihm so fantastisch gelungen, dafür bin ich ihm sehr dankbar. Er hatte auch am ersten Tag direkt eine CD dabei und sagte: "Hör Dir das mal an, das ist ein Lied, das ich komponiert habe. Auch einen Text habe ich geschrieben". Das Lied heisst "Ich liebe Dich" und ist jetzt auf dem Album drauf, denn ich hatte mich sofort in dieses Lied verliebt. Ein Liebeslied mit einem tiefen Sinn und ganz viel Schmerz drin. Und als ich das gehört hatte, dachte ich mir: "Wer so einen Song komponieren kann und solche Texte schreibt, der hat genau die Emotionalität, die ich brauche."

hitparade.ch: Dieter Bohlen war in den letzten zehn Jahren nicht mehr als Schlager-Produzent aktiv, sondern hat englischsprachigen Pop produziert. Davor hat er jedoch erfolgreiche Alben für Roy Black und Peter Alexander gemacht. Kennst Du diese Sachen, die er früher gemacht hat?
Andrea: Ne, die kenne ich nicht. Was ich aber kenne und gerade neulich gehört habe ist "Samuraj" von Nino D'Angelo. Daran hatte er ja mitgearbeitet. Und auch mit DJ Ötzi hat er gearbeitet. Aber das alles habe ich erst im Nachhinein erfahren. Und als wir im Studio am Pult sassen und am Arbeiten waren, da sagte er auf einmal: "Das ist meine Musik! Endlich kann ich wieder einmal so richtig geilen Schlager machen", und das kam aus tiefstem Herzen. Das spürt man einfach, wenn man mal sieht, wie er sich damit beschäftigt hat, wie er an den Texten und Melodien gearbeitet hat - das ist wirklich seine Leidenschaft.

hitparade.ch: Worin liegt für Dich der entscheidende Unterschied zwischen Eugen Römer, mit dem Du bis zum letzten Album zusammengearbeitet hast, und Dieter Bohlen, dem Produzenten des neuen Albums?
Andrea: Natürlich kann man 20 Jahre nicht einfach ausradieren. Und natürlich war das alles am Anfang sehr fremd für mich. Doch von der Arbeitsweise her, sind die Beiden ziemlich gleich: Sehr akribisch, sehr detailverliebt und sehr sensibel was Phrasierungen angeht. Wie singe ich ein Wort? Wie klingt es? Wie ist die Farbe dieses Wortes? Ist das Wort nur gesungen oder wird es auch gefühlt? Was das angeht, sind sich die Beiden wirklich ähnlich in der Ausdrucksweise "wie ich mit einem Wort umgehe". Es geht nicht darum, dass ich das Wort singe, damit es auf dem Band ist, denn es sind sehr viele Emotionen dabei. Mir fehlt ja diese visuelle Ausdrucksweise, man kann mich nur hören. Und in diesen Gesang muss ich all diese Emotionen hineinpacken. Da waren Beide sehr heiss drauf. Beide, also Eugen früher und Dieter heute, haben mich da immer sehr gekitzelt. Sie wollten noch mehr Wehmut und noch mehr Seele und Traurigkeit. Dieter hat immer gesagt, ich solle dieses typische Andrea Berg Wimmern machen. Ich habe gegen Ende immer so ein Vibrato in der Stimme, das ihm viele Emotionen gibt. Ich musste oft schmunzeln, da die Beiden mich mit den fast gleichen Worten jeweils motiviert haben.

hitparade.ch: Wenn Du vom kreativen Aspekt her quantifizieren müsstest: Wie viel Prozent der neuen Platte ist Dieter Bohlen, wieviel ist Andrea Berg?
Andrea: Die Kompositionen sind natürlich 100 Prozent Dieter Bohlen. Was die Texte angeht sind es wahrscheinlich 70 Prozent Andrea Berg und 30 Prozent Dieter Bohlen. Vielleicht auch 50:50. Das Schöne war, dass er mich hat machen lassen und mich gleichzeitig inspiriert hat. Die Zeile "diese Träne fliesst für Dich" ist von ihm. Es ist die Hookline einer wunderschönen Ballade, die mich dann inspiriert hat, diese Geschichte zu erzählen. Oder: "Du kannst ja nicht mal richtig lügen" ist eine Andrea Berg Geschichte, die ja nie richtig zu Ende geht, da sie die Fortsetzung zu "1000 Mal belogen" ist. Aber er hat mich angestiftet da was zu schreiben. Zwischen diesen beiden "Lügen-Geschichten" sind ja zehn Jahre vergangen und inzwischen gehe ich mit diesem Thema anders um. Man hat bereits eine kleine Süffisanz drin, ein leichtes Schmunzeln. Jetzt ist es nicht mehr diese verletzte Art, sondern auch ein wenig die belächelnde Art, wie wenn man so von Oben reinguckt in diese Situation. "Du kannst noch nicht mal richtig lügen, sag mal, was kannst Du denn, mein Held?". Das ist eine Entwicklung, die Spass macht.

hitparade.ch: Du hast viele Texte auf dem Album geschrieben, mehr als früher. Ist das ein Zufall?
Andrea: Mir war sehr wichtig, dass die Menschen spüren: "Das ist unsere Andrea." Es sollte nicht konstruiert oder fremd wirken. Und da ich ja bereits einen neuen Komponisten hatte, war es mir sehr wichtig, dass diese Titel von mir kommen und dass die Geschichten aus meinem Herzen sind. Als ich ins Studio kam, kannte ich sämtliche Melodien bereits auswendig, die waren wirklich ein Teil von mir. Es waren meine Worte und meine Geschichten, die sich da draufgelegt hatten, und das hört man auch. Das hören auch die Menschen draussen, meine Fans. Die sagen jetzt: "Ja, das ist unsere Andrea. Es hat sich gar nichts geändert, es hat sich nur etwas entwickelt. Musikalisch ist es ein etwas anderes Klangbild und auch die Stimme klingt vielleicht ein bisschen anders und die Melodien klingen neu, es fühlt sich ein bisschen an wie ein Neubeginn, ganz unbeschwert. Und doch ist es unsere Andrea, wie wir sie haben wollen, so wie wir sie brauchen."

hitparade.ch: Unter welchen Voraussetzungen hast Du die Texte geschrieben? Dann, wenn Du die Melodie schon vor Dir hattest? Oder hast Du dem Komponisten einen Text eingereicht, zu dem dieser dann eine Melodie kreiert?
Andrea: Ich habe immer getextet, wenn ich die Melodie schon hatte. Und da hatte auch Dieter bereits ein paar Zeilen draufgelegt, einige Hooklines. Manchmal habe ich die dann weggenommen, manchmal waren sie inspirativ. Einige habe ich genauso gelassen, wie sie waren. Und dann habe ich schöne Versbilder geschaffen. Einen ganz süssen Vers habe ich gemacht, der heisst: "Herz in Not, kein Pilot, wenn es abzustürzen droht". So was kann man nicht schreiben und erst nachher die Melodie dazu machen. Ich hatte die Melodie und habe sie immer wieder im Ohr gehabt, bis mir die Idee kam. Da sind so schöne spontane Geschichten entstanden. Beispielsweise "Ich schrei Dich an, weil es mein Herz zerfetzt, sag mir bitte, warum Du mich so verletzt". Sehr intensiv. Oder eine Zeile, die ich immer schon mal singen wollte: "Nennst Du sie Engel, so wie mich?". Das sind ganz tiefe Dinge, Schmerzen aus dem Leben, die man so richtig schön verpacken kann. Und natürlich "Die grosse Liebe" oder "Schwerelos": "Lass mich einfach nur fliegen" - dieses sich abstossen vom Meeresgrund um für einen Augenblick einfach mal frei zu sein.

hitparade.ch: Dieter Bohlen gilt ja gemeinhin als "Fliessbandproduzent". Er hat über ein früheres Album einmal gesagt, dass er es in einer Nacht geschrieben habe. Wieviele Stunden hast Du im Rahmen der Entstehung von "Schwerelos" nun konkret mit ihm verbracht?
Andrea: Das waren schon sehr sehr viele Stunden. Und ich weiss um seine Leidenschaft, da er sich auch im Nachhinein fast jeden Tag bei mir erkundigt, wie es denn läuft, wie es mir geht, wie die Menschen das annehmen. Es ist ihm sehr wichtig und er beschäftigt sich intensiv damit. Es ist für ihn nicht einfach eine Arbeit, die er abgeschlossen hat, sondern er ist sehr akribisch noch dabei und ganz nah dran. Bereits jetzt hat er schon wieder Ideen für das nächste Album. Man kann das also nicht so sagen, dass er ein Mensch ist, der die Dinge einfach so schnöde abarbeitet, auf keinen Fall!

hitparade.ch: Hast Du Dich früher mit Dieter Bohlen beschäftigt? Seine Projekte verfolgt? "Das Supertalent" geschaut und so?
Andrea: Diesee Castingshows habe ich mir nicht angekuckt. Aber mein Kind, die Lena Maria, war immer ganz nah dran bei solchen Sachen. Es gab bei uns oft Diskussionen deswegen, da mir die Gefahr dieser Meinungsbildung durch diese Shows bewusst und auch ein Dorn im Auge war, wie ich zugeben muss. Aber für mich war Dieter Bohlen immer noch Modern Talking, und das war ja meine Jugend. Ich war früher Fan von Modern Talking und Howard Carpendale, das waren so meine Lieder in der Jugend, zu der wir getanzt haben in unserer ersten Disco-Zeit. Es war die intensivste Zeit: Erste grosse Liebe, erster Liebeskummer... Deswegen war für mich wahrscheinlich erst so ein unwahrscheinlich grosser Abstand da. Damals hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich ihn irgendwann treffe. Daher war er immer sehr weit weg für mich. Doch das hat sich jetzt alles irgendwie so wunderbar aufgelöst.

hitparade.ch: Und jetzt guckst Du Dir die Sachen an am TV?
Andrea: Ja, jetzt schaue ich mir das bewusst an, da wir auch im Studio darüber gesprochen haben. Im Studio hat er oft davon erzählt, da er gerade in der Produktionsphase von "Das Supertalent" war. Nun sehe ich das alles ein wenig mit anderen Augen. Und ich sehe auch ihn mit ganzen anderen Augen.

hitparade.ch: Hast du Kontakt mit Eugen Römer gehabt während der Arbeit am neuen Album oder hat er sich gänzlich rausgehalten?
Andrea: Ich glaube, dass es ganz gut tut, wenn man nach einer so langen Beziehung eine Zesur beschliesst und die dann auch einhält. Damit die Dinge sich relativieren können. Ich wünsche mir, dass es ihm gutgeht und dass er gesund wird. Jeder Mensch will nur ein kleines Bisschen glücklich sein. Das wünsche ich mir und das wünsche ich auch ihm.

hitparade.ch: Hast Du denn kein Feedback von ihm bekommen bezüglich der neuen Platte?
Andrea: Er hat gesagt, dass es ein sehr sehr professionelles, gut gemachtes Schlager-Album ist. Für mich ist das gut, denn ich denke schon, dass er stolz auf mich ist, dass ich diese Kurve gekriegt habe. Ich glaube, dass das Erbe, das der Dieter Bohlen da angetreten hat, gut weitergeführt worden ist. Das weiss der Eugen Römer, denn auch er ist ein Profi und ein ganz ganz toller Mensch.

hitparade.ch: Du hast einen kolossalen Einstieg von 0 auf 1 geschafft in Deutschland. Es ist bereits Dein fünftes Album, das in Deutschland auf Platz 1 landet. Wie wichtig was es für dich dieses Mal, dass du dich gegen Berlins Most Wanted durchsetzen konntest?
Andrea: Als Singnal war es mir natürlich schon wichtig. Man weiss ja um all diese Sprüche und all die Ängste, von wegen "Never change a winnig team", um Gottes Willen. Natürlich gibt es da viele Menschen, die Angst um mich haben, das weiss ich, und das hat mich auch stark gemacht. Es gab viele Menschen, die mich beschützen wollten, aber es gibt auch Menschen, die sich freuen würden, wenn es nicht mehr funktioniert. Für mich war es eine schöne Erfahrung, nun doch wieder auf die 1 zu gehen und es all diesem Unkenruf zum Trotz doch noch einmal zu schaffen. Das ist natürlich schon ein sehr sehr schönes Gefühl.

hitparade.ch: Anfang nächstes Jahr geht's auf Tour. Am 25. März bist du auch im Hallenstation zu sehen. Was kann man erwarten?
Andrea: Wir haben ja diese neue Konzert-Show "1001 Nacht" genannt, ganz bewusst, als deutliches Signal. Wie ein Aufschrei: "1001 Konzert", kein Ende in Sicht. Für mich ist dies sehr wichtig, da ich durch diese Entwicklung auch gespürt habe, dass ich das will. Es tut mir gut. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen ohne die Musik, ohne die Konzerte und ohne meine Band und ohne Tour zu leben. Genau in dieser Dosierung wie es jetzt ist, so wunderbar ausgeglichen mit meinem Privatleben - meiner Familie. Und dann wieder mit meiner Band - meiner Zweitfamilie - auf Tour zu sein. Wir haben ein superschönes Bühnenbild gebaut. "1001 Nacht" lehnt sich natürlich ein wenig an den Orient an. Ich habe mir, auch in Anlehnung an "Schwerelos" natürlich gewünscht, etwas Leichtes zu machen. Ein bisschen weg von dieser Schwermut und Traurigkeit. Ich möchte den Menschen die Chance geben, 2.5 Stunden abzuschalten und ihre Ängste loszulassen. Aber auch, ihre Gefühle, ihre Emotionen zuzulassen. Es geht um alte Songs wie "1000 Mal belogen", aber auch um die neuen Titel. All das bauen wir ein in eine wunderbare Geschichte. Es dreht sich alles um eine orientalische Schatzkiste. So eine goldene Schatzkiste, die steht auf dem Piano. Die wird immer wieder geöffnet. Sie öffnet sich jeweils mit einer Spieluhr-Melodie, wie jeder Mensch sie im Ohr hat aus der Kindheit. Dies alleine zaubert schon Gänsehaut und macht die Menschen sentimental und emotional. In dieser Kiste sind aber nicht unsere materiellen Schätze, sondern all das, was wir im Laufe unseres Lebens gesammelt an Schätzen und Erfahrungen, an Schmerzen und Emotionen. Das ist eigentlich dieser Reichtum, um den es geht. Genau diese Geschichte wird dann immer wieder erzählt, es gibt immer wieder Assoziationen zu irgendwelchen Titeln. Ich habe auch den einen oder anderen fremden Titel in die Show eingebaut, einfach aus der Leidenschaft heraus, Musik zu machen. Wer weiss, vielleicht werde ich sogar einen Dieter Bohlen, Modern Talking-Song anreissen. Das ist Musikmachen, mit einer Spontaenität auf das Publikum einzugehen. Vielleicht werde ich auch die Menschen in der ersten Reihe mal fragen, welches denn ihr Lebenslied gewesen ist. Heute habe ich ja die Chance, da ich die besten Musiker auf der Bühne habe, zu sagen; Komm, das spielen wir jetzt mal. Dieses "Miteinander" finde ich so toll. Das haben wir auch am Ende der letzten Tour gemacht, dass wir am Ende spontan auf irgendwelche Ideen eingegangen sind und irgendwelche Lieder gespielt haben. Ob das jetzt Kölner-Lieder waren, wenn wir in der Kölner Arena waren, oder ob das "Seemann lass das Träumen" in Hamburg war. Das ist es, was Musikmachen ausmacht: Die Emotionen packen und die Menschen dorthin führen, wo sie auch selber hinwollen.