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Interview mit Annakin



Für ihr Album "Torch Songs" erhielt Annakin viel Lob und exzellente Kritiken. Gleichzeitig wusste sie genau, dass ein ähnliches Konzept für das neue Album "Icarus Heart" zu einfach wäre und einem künstlerischen Stillstand gleichkäme. Sie beschloss, auf den rockigeren Arrangements der letzten Live-Umsetzungen aufzubauen und nebst ihrem langjährigen Produzenten Jono Buchanan eine zusätzliche Person ins Boot zu holen. Diese Person war kein geringerer als Dimitri Tikovoï vom britischen Produzentenlabel "140 db - home of the world's best record producers" - Produzent unter anderem von Placebo, Guesch Patti und Sophie Ellis Bextor. Wir haben sie zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Ende Januar erscheint dein drittes Soloalbum. Du hast einen Vorboten namens "The Trooper" vorausgeschickt mit einem speziellen Video dazu. Wo habt ihr das gedreht?
Annakin: In Island, und zwar im Süden an verschiedenen Locations mit verschiedenen Landschaften. Und man kann dort ja hinstehen wo man will und es erscheint alles cool und speziell.

hitparade.ch: Du stehst da kurzärmlig und es wirkt aber auch nicht gerade im Video, als wären es da gerade 25° im Schatten.
Annakin: Wir waren im Juli da, wenn bei uns Hochsommer ist. In Island hatten wir da Temperaturen von 10-14°, in der Nähe der Gletscher war's dann noch um Einiges frischer. Aber wir haben das gewusst und waren es uns auch bewusst. Und wir gingen ja nicht dorthin um warm zu haben.

hitparade.ch: Hattest du die Idee sonst schon, mal so einen Clip zu machen oder kam das gerade mit dem Song zusammen?
Annakin: Ich war bereits vorher schon einige Male in Island, und wir haben gewusst, wenn wir einen super Song haben, brauchen wir eigentlich nur noch ein paar coole Klamotten dazu, die Landschaft ist gegeben. Die Locations kannten wir bereits, und wenn das Wetter einigermassen mitmacht wird das sehr cool.

hitparade.ch: Ihr hattet ja eine schöne atmosphärische Trübe beim Drehen.
Annakin: Ja, zum Glück. Ich denke, ein strahlend blauer Himmel wäre eher unpassend gewesen und hätte die Stimmung kaputt gemacht.

hitparade.ch: Du hast auf der neuen Platte auch eine neue Zusammenarbeit mit einem Produzenten.
Annakin: Also, es sind beide noch dabei, Jono Buchanan hat acht Songs produziert und Dimitri deren drei, unter anderem die Single.

hitparade.ch: Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Annakin: Ich habe sein Management angerufen. Und er ist ja kein unbeschriebenes Blatt, er hat bereits mit Musikern wie Placebo, Moby oder Archive Platten gemacht. Ich habe gedacht, ich habe ja nichts zu verlieren, ich habe ja einen Produzenten an meiner Seite, cool wäre einfach, noch einen zweiten zu haben. Und so habe ich immer und immer wieder angerufen. Und irgendwann hiess es dann, er hätte die Songs gehört und würde gerne etwas machen mit mir. Ich bin dann im Juli eine Woche nach London gereist, um an Songs zu arbeiten und das war dann schon sehr cool, mit Leuten dieses Kalibers zu tun zu haben. Es war auch beeindruckend, dass er da noch weiter herumgebastelt hat, als ich schon lange ein Smile im Gesicht hatte.

hitparade.ch: Du wolltest ja etwas machen mit ihm, unbedingt, darum auch die grossen Anstrengungen von dir im Vorfeld. Was war denn der Ausschlag, dass du ausgerechnet mit ihm arbeiten wolltest?
Annakin: Einerseits die Produktionen mit Placebo und dann halt, dass all meine Lieblingsbands mal in diesen Studios gewesen sind bei all diesen Produzenten. Lustigerweise hab ich irgendwie alle CDs zu Hause, die da produziert wurden.

hitparade.ch: Es ist bereits dein drittes Solo-Album, nicht mehr mit einer Band. Merkst du, wie gewisse Sachen immer einfacher werden und gibt es auch Dinge, die wegen zunehmender Professionalität auch schwieriger werden?
Annakin: Das Musikbusiness verändert sich rasant. Jedes Mal, wenn ich eine CD herausgebe, ist wieder Vieles anders. Sich darauf jedes Mal neu einzustellen ist manchmal fast eine Kunst, aber dafür habe ich meine Promo-Leute, die mich sehr gut unterstützen. Musikalisch arbeite ich sehr viel virtuell, also wir schicken uns die Songs immer hin und her. Mit Dimiri war ich im Studio, das war früher noch gar nicht möglich zum Teil, da das Internet noch nicht so verbreitet war.

hitparade.ch: Du hattest früher die Band "Swandive". Da wart ihr fünf oder sechs Leute, da konnte man in einem Tag Grosses erschaffen zusammen, oder auch innert zwei Wochen gar nichts Brauchbares produzieren, weil sich alles gegenseitig blockiert. Was sind für dich, nach drei Solo-Alben, die Vor- und Nachteile des alleine Arbeitens?
Annakin: Man hat sicher diese oft stattfindenden Diskussionen nicht, die oftmals auch sehr ermüdend waren, man kann einfach alleine arbeiten. Andererseits hätte ich vielleicht gerne in früheren Stadien eine fremde Meinung. Ich habe schon meine Leute, denen ich das zeige, aber in einer Band, wo man sich musikalisch sehr gut kennt, hat man ein anderes Vertrauen zueinander und schnallt vielleicht, dass es eine Idee ist und weiss, was man meint und daraus machen will, was ein Aussenstehender vielleicht nicht erkennt. Es hat Beides seine Vor- und Nachteile.

hitparade.ch: Als ich noch nichts von deinem Album wusste, haben sie plötzlich deinen neuen Song im Radio gespielt, erzählt, dass ein neues Album komme und es darauf ein Cover eines "Pet Shop Boys"-Songs habe. Ich habe mir dann überlegt, welche Songs könnten noch zu Annakin passen oder würden sich in deinem Sound-Kleid noch gut machen? Ich bin dann auf "Suburbia" und "West End Girls" gekommen. Ich war dann etwas überrascht, als ich auf der CD "It's A Sin" entdeckt habe.
Annakin: Ich wollte einfach noch eine Upbeat-Nummer haben, da ich ja sonst eher langsamere Songs komponiere. "It's A Sin" ist natürlich auch ein Stück meiner Jugend, welches ich immer gern hatte. Und als ich dann Jono Buchanan den Vorschlag machte für diesen Song, fand er, das sei eines seiner Lieblingslieder. Er hatte einen Riesenrespekt, diesen Song anzufassen, aber seine eher klassische Interpretation ist doch ein grosser Wurf geworden. Wenn du einen solchen Pop-Song hast, kannst du nicht einfach wieder einen Pop-Song daraus machen, mach Metal oder eben Klassik oder so etwas. Wir haben zuerst in Richtung Electro angefangen zu arbeiten. Das hat dann aber vom Beat her nicht hingehauen und dann haben wir irgendwann gefunden, machen wir das mit Streichern und Bläser und es passt schön zum Rest.

hitparade.ch: Das hab ich auch gefunden. Er fällt nicht auf, weder musikalisch, noch ist er exponiert auf dem Album platziert, man hört sich so durchs Album und dann ist er einfach irgendwo. Was mich auch überrascht hat, war: Wenn schon ein Cover, wieso "Pet Shop Boys"? Du hast auf der letzten Tour zum Beispiel immer ein "Muse"-Cover gespielt, wieso nicht so etwas? Gab es noch andere Optionen, die für ein Cover in Frage kamen?
Annakin: Ich war sehr schnell bei diesem Song. Grundsätzlich covere ich an Konzerten immer wieder gerne etwas, auch schon "Wicked Game" von Chris Isaak. Ich muss es einfach irgendwie schaffen, dass es nach etwas Eigenem, nach Annakin tönt, so wird es auch spannend für den Zuhörer.

hitparade.ch: Und der Rest des Albums? War es einfach, nach zwei Alben nochmals zehn Songs hinzuzaubern, die einerseits eine Entwicklung mit sich bringen sollen und aber nach wie vor zu diesem Annakin-Teppich passen sollen?
Annakin: Nur leicht geht es ja nicht. Und diesmal war es noch krass, dass nach jedem Wurf, wo ich gedacht habe, jetzt hast du etwas Besonderes hingekriegt, jetzt kriegst du es nicht mehr besser hin, dass ich mich aber trotzdem nochmals wie steigern konnte. Das sind natürlich auch Ängste, dass man meint, der kreative Höhepunkt sei erreicht. Und das hat dann oft auch zwei Wochen gebraucht, bis ich mich an den nächsten Song machen konnte. Da muss man auch aufpassen, dass man sich nicht selber einen Druck aufbindet, den man dann nicht mehr wegbringt. Aber es war schon anstrengender dieses Mal. Sie sind auch düsterer als die zwei Vorgänger sonst schon waren.

hitparade.ch: Musikalisch habe ich das Gefühl, es wird immer flüssiger. Ich höre noch oft dein erstes Album und habe da oft den Eindruck, die Songs seien kantig und sperrig. Beim zweiten wars dann nicht mehr so prägnant und jetzt habe ich das Gefühl, es hat so schöne Wellen drin.
Annakin: Es ist auch eher ein Gesamtwerk diesmal, ein Konzeptalbum. Ich habe diesmal auch einfach mal komponiert und mir am Ende noch ein paar Gedanken darüber gemacht, was es noch braucht. Auch hab ich mir vorher noch nie so klar Vorstellungen davon gemacht, wie die Reihenfolge der Songs aussieht.

hitparade.ch: Was sind denn die Themen in deinen Liedern, die du besingst oder die du im Allgemeinen gerne besingen würdest?
Annakin: Es sind dann schon immer diese Gefühlsgeschichten, die ich nicht weg bringe. Ich kann nicht oberflächlich bleiben. Wenn mich etwas beschäftigt, wird es schnell sehr anstrengend, weil ich mich dann intensiv mit mir beschäftige und dann das in einen Song packe. Und mache es dann so, dass sich für den Zuhörer auch verschiedene Ebenen auftun.

hitparade.ch: Ist es denn autobiographisch?
Annakin: Ja, ich denke, jeder Text, der irgendwie verfasst wird, ist am Ende autobiographisch. Bei Songs sowieso, auch wenn es nicht gerade 1:1 passiert ist.

hitparade.ch: Jetzt geht's dann wieder auf die Bühnen. Letztes Mal hattest du einen vierköpfigen Haufen als Band, der das sehr gut vertont hat live. Wie sieht es diesmal aus?
Annakin: Es ist zum Glück wieder der gleiche Haufen. Es sind wirklich meine Lieblingsmusiker, und ich bin froh, dass alle nochmals zugesagt haben: Weyermann (Gitarre), Kräutli (Drums), Huber (Cello) und Winkler (Keyboard). Es wird live auch wieder Visuals geben. Und beim dritten Album wird's auch langsam spannend, weil man jetzt das Beste aus drei Alben spielen kann. Am Anfang war immer die grosse Frage, wie füllt man 70-90 Minuten an einem Konzert? Nun hab ich ein Repertoire von 40 eigenen Songs und allenfalls noch Covers und alte Sachen von "Swandive". Und das gibt dann schon mehrere Stunden, da kann man es sich dann aussuchen.

hitparade.ch: Live hast du da noch etwas ganz Spezielles vor, um was geht's da genau?
Annakin: Das Migros-Kulturprozent hat als Organisation verschiedenste Orte, wo sie immer wieder kulturelle Events veranstalten können, und ich habe dann einfach mal da angefragt, ob sie Interesse an einer Zusammenarbeit hätten und was es da für Möglichkeiten gebe. Und man hat mir dann diesen Plattenberg im Kanton Glarus vorgeschlagen, eine Schiferhöhle. Und dort hat man schon öfters Anlässe gemacht, auch experimenteller Natur mit Jodlern und solchen Sachen. Und wir haben gefunden, das wäre ideal für ein Annakin Konzert. Diese Höhle ist ein riesiges Gewölbe und hat einen eigenen Klang, zudem hat es diese Platten am Boden, die auch jedes Mal Geräusche machen, wenn man sich bewegt. Zudem ist es sehr spannend, die schönen grossen Wände mit Visuals zu projizieren. Und es ist auch sonst noch speziell, weil man noch irgendwie 20 Minuten etwas wandern muss, bis man an den Eingang dieses alten Bergwerks kommt.
[Diese beiden Konzerte finden am 24. & 25. Juni statt. Anmelden kann man sich via die Homepage von Annakin, der Eintritt ist 40.-]

hitparade.ch: Was ist sonst noch geplant in Sachen Konzerte?
Annakin: Bis jetzt geplant ist der Tourstart am 11. März in Biel, zudem noch Konzerte in Baden und Winterthur. Wir sind noch an anderen Orten dran, leider ist noch fast nichts bestätigt, ist sehr schwierig im Moment.

hitparade.ch: Und hast du noch andere Ideen und Projekte, an welchen du noch arbeitest? Duette vielleicht?
Annakin: Ein Duett wäre mal sehr schön, aber bislang hatte ich noch nie den passenden Song dazu. Ich überlege mir das bei jedem Album. Ich würde gerne mal eins machen, vorzugsweise vermutlich mit einem Mann, aber ich bin nicht so die Duett-Schreiberin.

hitparade.ch: Hast du konkrete Vorstellungen? Ich meine, wir sind eine Internetseite, vielleicht liest das ja dann mal jemand.
Annakin: Franz Treichler von den "Young Gods", da haben wir sogar schon mal darüber gesprochen. Aus dem Ausland gäbe es noch Kandidaten, Anthony Haggerty zum Beispiel, "Muse"-Sänger Matthew Bellamy natürlich. Aber Sachen, die sich vom Normalen abheben finde ich immer spannend, sei es ein Duett, ein Chor oder etwas mit einem Orchester.
Interview durchgeführt: Marc Aeschlimann
Redaktion: Marc Aeschlimann