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Interview mit Anshelle





Anshelle machen Pop, ganz einfach. Und das mit einer Unbekümmertheit, die zu begeistern vermag. Diese Begeisterung erreichte nicht nur Radioredaktionen, sondern auch deren Hörer, welche Anshelle im September zur "Swiss Top Band" wählten. Und was vielen dieser "Swiss Top" Bands nicht gelungen ist, traf Anshelle ganz unerwartet: Sie schafften es in die Albumcharts. Grund genug, sich mit der Sängerin Michèle Bachmann zu unterhalten.

hitparade.ch: Michèle, du hattest weder ein Management, noch eine Plattenfirma, noch ein Produzent. Das sind schlechte Voraussetzungen, um ein neues Album aufzunehmen. Warum habt ihr es trotzdem gemacht?
Michèle: Zum einen war gutes Songmaterial da und zum anderen sind Sandro und Phil hinter mir gestanden, als alles auseinander fiel. Als wir in Ändu und Tinu dann auch noch die passenden Mitmusiker fanden und Gert als Co-Produzent an Land ziehen konnten, ging es mir wieder gut.

hitparade.ch: Hört man diese Trotzreaktion in musikalischer Form auf "Rewind Please"?
Michèle: Ich hoffe es doch (lacht). Doch wir wollen mit unserer Musik vor allem die Leute berühren. Das wiederum können wir nur, wenn wir authentisch wirken und somit unsere Gefühle in Text und Musik einfliessen lassen.

hitparade.ch: Warum hast du dich für Gert Stäuble als Produzent entschieden?
Michèle: Er versteht es, sein Wissen einzubringen ohne es aufzudrängen. Ein guter Co-Produzent gibt wichtige Tipps, lässt dich aber entscheiden, ob du sie annehmen und wie du sie umsetzen willst - das war bei Gert der Fall. Wir hatten mit ihm während dieser Zeit auch einiges zu lachen.

hitparade.ch: Du hast mich vor einem Jahr gebeten, die Demos mal anzuhören. Wie lange habt ihr an "Rewind Please" gearbeitet?
Michèle: Wir haben vor anderthalb Jahren angefangen, Songs zu schreiben und sie im Bandraum zu erarbeiten. Um das Album aufzunehmen, haben wir ca. zwölf volle Studiotage gebraucht. Aus logistischen und organisatorischen Gründen haben sich die 12 Tage über 8 Monate verteilt. Was gut war, da wir die Songs in dieser Zeit vor den jeweiligen Studioterminen noch verbessern konnten.

hitparade.ch: Euer Album ist jetzt seit zwei Wochen in den Charts - wart ihr überrascht?
Michèle: Wir waren alle sehr baff. Und zwar nicht, weil wir nicht an unser Album glaubten, sondern weil wir aufgrund früherer Erfahrungen die Erwartungen ziemlich heruntergeschraubt hatten.

hitparade.ch: Euer Album beinhaltet Pop mit auffallend schönen Melodien. Wie kommt man in einer Zeit, in der Gitarren, elektronische Beats oder der Hip-Hop dominieren, dazu, sich für diese Musik zu begeistern? Im Vergleich zu deinen früheren Sachen klingt dein Sound total anders.
Michèle: Ich war lange als Rapperin tätig und habe dann sowohl ein Trip Hop als auch ein Dance-Pop Album gemacht. Ich habe seit jeher mit Produzenten bzw. DJs zusammengearbeitet, die meinen Stil mitgeprägt haben. Beim aktuellen Album habe ich nicht nur die Gesangsmelodie komponiert und den Text geschrieben, sondern auch die musikalischen Grundideen geliefert. Dazu kommt, dass Sandro, Phil und ich einen ähnlichen Geschmack haben. Bei "Rewind Please" kommt mein persönlicher Geschmack am meisten zum Vorschein. Ich musste nicht so viele Kompromisse wie noch früher eingehen.

hitparade.ch: Die DRS3 Hörerinnen und Hörer wählten euch zur "Swiss Pop Band" vom September. Über zu wenig Airplay auf diesem Sender kannst du dich nicht beklagen. "Little Mountain" hört man da regelmässig. Wie sieht es bei anderen Sendern aus?
Michèle: Einige Sender spielen unsere zweite Single "Hayfield" andere die erste "Rewind Please" und DRS3 eben "Little Mountain". Hauptsache ist, dass sie unsere Songs spielen, egal welchen (lacht).

hitparade.ch: Unter den von mir erwähnten Demos war auch der Song "Unperfect Woman", den ich ja sehr mochte. Dieser Song ist auch jetzt noch mein Favorit und zeigt mir, wie vielseitig und kraftvoll Pop sein kann. Welches ist dein Favorit?
Michèle: Das ändert oft. Zurzeit sind es "I'm Alright" und "Unperfect Woman".

hitparade.ch: Mit dem neuen Album konntet ihr noch nicht oft autreten. Tut sich nun was seit dem Schub durch DRS3 und dem Eintritt in die Charts?
Michèle: Ja, es tut sich langsam etwas, seit unsere Songs öfters im Radio gespielt werden. Aber es dürften noch mehr Anfragen sein.

hitparade.ch: Warum sollen die Leute zu dir in einen Club pilgern und nicht zu einem grossen Act ins Hallenstadion? Mach mal Werbung für dich!
Michèle: Mit uns kann man nach dem Konzert sprechen, mit den Musikern im Hallenstadion nicht (lacht). Spass bei Seite: Wir sind authentisch und somit keine Band, die auf der Bühne ein grosses Trara macht. Unser Ziel ist es, gute Songs zu schreiben und an den Konzerten die Leute musikalisch zu begeistern und berühren. Nur darum geht es in der Musik. Wer also authentische Musik mit viel Gefühl mag, ist bei uns bestens aufgehoben.

hitparade.ch: Erstaunlicherweise bist du mit Anshelle auf zwei ausländischen Samplern vertreten. Wie kam es dazu?
Michèle: Phil surft oft im Internet. Dabei hat er die Labels und die Aufrufe entdeckt. Wir staunten nicht schlecht, als schlussendlich beide Labels in den USA und den UK unsere Songs angenommen haben.

hitparade.ch: Ich habe gesehen, dass ihr auf allen wichtigen Musikplattformen im Internet vertreten seid. Denkst du, dass diese Plattformen immer wichtiger werden?
Michèle: Auf jeden Fall. Als wir 1998 angefangen haben, Musik zu machen, gab es diese Möglichkeiten noch nicht. Viele unserer Kontakte haben wir durch diese Musikplattformen gewonnen. Ich empfehle daher allen jungen Bands, sich die Zeit zu nehmen, um ein informatives und möglichst professionelles Portfolio auf diesen Seiten zu erstellen. Es gab schon Bands, die ohne Plattenlabel und Vertrieb rein durch Myspace erfolgreich wurden. Ich finde das genial.

hitparade.ch: Was fehlt für dich als Musikerin noch in der weiten Welt des Internets?
Michèle: Vielleicht eine Plattform, auf die nicht jede Frau und jeder Mann Zugang haben. Eine, die nur für Musiker zugänglich ist, die bereits Alben veröffentlicht haben. So wäre es einfacher, den Kontakt zu anderen Bands, die in einer ähnlichen Situation stecken, zu knüpfen. Auf den öffentlichen Internetplattformen tummeln sich viele fragwürdige Leute.

hitparade.ch: Ihr seid in den Charts und gebt im Winter hoffentlich viele Konzerte. Was kommt danach? Bekommt Gert Stäuble wieder Arbeit? Darf ich wieder Demos kritisieren? Und dürfen sich Radiohörer über neues Material freuen?
Michèle: Wir haben bereits neue Songs komponiert und einen davon schon ins Live-Repertoire aufgenommen, um herauszufinden, wie er ankommt. Ich bin überzeugt, dass dies nicht unser letztes Album war.

hitparade.ch: Vielen Dank für die Antworten. Was hältst du von den Top-10 der Schweizer Hitparade?

10. Marquess - Vayamos compañeros
Michèle: Die Single würde ich mir nie kaufen. Aber im Auto kommt der Song schon gut.

9. Natasha Bedingfield - Soulmate
Michèle: Ein schönes Lied. Auf "Rewind Please" ist ein gleichnamiger Song enthalten.

8. Rihanna feat. Jay-Z - Umbrella
Michèle: "Umbrella" gefällt mir sehr gut.

7. Enrique Iglesias - Do You Know? (The Ping Pong Song)
Michèle: Ich finde die Rhythmik des Refrain-Einstiegs lustig. Versuch mal, das nachzusingen (lacht).

6. Rihanna - Don't Stop The Music
Michèle: Kommt nicht an gegen "Umbrella".

5. Fergie - Big Girls Don't Cry
Michèle: Okay, mehr nicht.

4. Timbaland feat. Keri Hilson - The Way I Are
Michèle: Der Song aus der Timbaland Reihe, für den ich mich am wenigsten begeistern konnte.

3. DJ Ötzi & Nik P. - Ein Stern (... der deinen Namen trägt)
Michèle: DJ Ötzi finde ich sympathisch, Nik P. kenne ich nicht. Schlager eben…

2. 50 Cent feat. Justin Timberlake - Ayo Technology
Michèle: Zwei unterhaltsame Persönlichkeiten, die ihr Handwerk verstehen. Aber ich würde mir weder von 50 Cent noch von Justin Timberlake ein Album kaufen.

1. James Blunt - 1973
Michèle: Der gefällt mir. Die früheren Songs waren zu schnulzig.