Home | Impressum | Kontakt
Login

Interview mit Fusion Square Garden



"Neu Nouveau Novità" ist bereits die vierte Platte der Berner Mundartreggae-Pioniere von Fusion Square Garden, die gerade erschienen ist. Wir haben Sänger Mauro und Gitarrist Matthias zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Erstmal noch unser herzliches Beileid, ihr habt vor wenigen Wochen euren Bassisten verloren. Nebst all den menschlichen Geschichten rund um den Tod eines guten Freundes hat dies sicher auch logistisch für eine Band kurz vor ihrem Release Einiges zu bedeuten...
Mauro: Ja, es ist einfach alles auf einmal gekommen. Den Zeitpunkt sucht man sich ja nicht aus. Es ist einfach eine schreckliche Geschichte. Was mich positiv gestimmt hat, war, dass alle anderen auf Weitermachen tendiert haben. Dies ist instinktiv von allen aus gegangen. Was das Logistische betrifft: Bassisten suchen, Konzerte absagen... aber der Lauf des Lebens bringt uns zum Weitermachen. Es gibt ja den bekannten Spruch: The Show Must Go On

hitparade.ch: Gerade beim Reggae ist der Bass ein tragendes Element. Habt ihr einen neuen Bassisten gefunden, der euren Ansprüchen gerecht wird?
Mauro: Wir sind dran.
Matthias: Es ist noch nichts spruchreif. Wir möchten uns damit aber auch Zeit lassen und nichts überstürzen. Man muss halt jemanden finden, der hineinpasst. Am Anfang braucht es einfach ein wenig Zeit, sich an jemand Neues zu gewöhnen.

hitparade.ch: Eure neue CD klingt satt und sehr gut produziert. Wer war dieses Mal für Mix und Produktion verantwortlich?
Mauro: Er ist schuld (zeigt auf Matthias)
Matthias: Also geschrieben und produziert haben wir es gemeinsam. Gemischt wurde es dann teilweise von Pascal Brunko von den Moonraisers. Das ist eine bekannte Band aus dem Welschland. Dann hat beim Mischen auch Oli Bösch mitgewirkt. Er hat schon mit Züri West und Adi Stern zusammengearbeitet, daher ebenfalls ein bekannter Name. Und einen Song habe ich selber gemischt.

hitparade.ch: Sie klingt musikalisch auch sehr abwechslungsreich, diverse Einflüsse bis hin zum Rock. Spielfreude, Experimentierlaune oder breite Interessenfront in der Band?
Mauro: Also mein Herzschlag ist eigentlich der Reggae. Was ich aber nicht verstecken kann, ist, dass ich zuhause so ziemlich alles an Musik höre. Das ist auch bei Mättu ähnlich, unser Musikspektrum ist recht breit. Wir versuchen eigentlich immer, unsere Lieblingsstile in unseren Reggae einzubringen. Und es soll nicht bieder klingen, es soll richtiger Reggae sein. Wir sind auch ein bisschen in Richtung Hip Hop gegangen. Durch die modernen Beats und Drums, die da enthalten sind, geht es halt ziemlich schnell in Richtung Hip Hop. Aber eigentlich ist nicht ein richtiges Ziel dahinter. Wir machen einfach Sound, und der Herzschlag ist der Reggae.

hitparade.ch: Woher kommt das viele Italienisch in den Texten? Was hat euch dazu bewegt, euch nicht nur auf eine Sprache zu beschränken?
Matthias: Das kommt wohl von unserer Herkunft. Wir haben bilingue und trilingue Leute in der Band. Uns hat das immer sehr geflashed, solche Sachen dann zusammenzubringen. Und es passt auch zur Musik. Italienisch eignet sich sowieso und Französisch eignet sich bestens zum Reimen. Eigentlich waren wir ja schon immer dreisprachig, es war einfach nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Wir sind immer ein wenig als Mundartband gepusht worden.
Mauro: Was mich einfach am Sound fasziniert, ist, wenn man beispielsweise Alpha Blondy hört: Er hat mit seinem Elfenbeinküstendialekt Songs international herausgebracht. Das ist ja auch ein bisschen ein Beweis: Egal um welche Sprache es sich handelt: Wenn es gut klingt, dann interessiert dies kein Mensch mehr, dann fährt es einfach ein. Das sieht man auch bei Seeed. Dass eine Band wie Seeed in Italien so einfährt, ist für mich fast schon wie ein kleines Wunder. Immerhin reimen die auf Hochdeutsch. Und dies ist es, was mich interessiert. Ich möchte nicht in eine Sparte gedrückt werden, wie Mundartband. Wir sind mehrsprachig, wir sprechen so, und so bringen wir auch den Sound rüber.

hitparade.ch: Euer Song "Babylon Style" läuft bei DRS3 schon rauf und runter. Hättet ihr gedacht, dass der so gut ankommt?
Matthias: Mauro schon, ja! (lacht). Mauro hat immer gesagt, dass dieser Song einschlagen wird. Ich war mir da nie so ganz sicher. Aber das ist auch gut so. Mauro hat immer ein bisschen den Riecher für solche Sachen.

hitparade.ch: Wie hast du denn gemerkt, dass er einschlagen wird?
Mauro: Er gefällt mir. Beim Songschreiben merkt man schon, ob es ein Song ist, der einschlagen könnte im Radio. Auf der Scheibe sind die Songs, die man 20 Mal hören muss, meist am Ende diejenigen, die man schlussendlich am liebsten hat. Aber ob Radiotauglich oder nicht, das spürt man schon früh. Beim Vagabondo auf der letzten Scheibe haben wir von Anfang an gewusst, dass der ins Radio passt. Man möchte es vielleicht nicht unbedingt wahrhaben. Ich verlasse mich auch gerne auf die Reaktion und die Feedbacks der Leute. Wenn mir von 20 Leuten 15 sagen, dass die Nummer gut ist, dann glaube ich das auch.

hitparade.ch: Wie kommt man auf die Idee dieser "Madame Koto"? Gibt es diese Bar und Madame wirklich?
Mauro: Wenn ich dies hier verrate, dann ist eigentlich die ganze Spannung des Songs weg. Zu den Texten kann ich leider nicht viel sagen, da müssen sich die Leute ein eigenes Bild machen. Hinhören und sich fragen: Ist es wahr? Ist es nicht wahr? Gibt es diese Koto Bar an der Elfenbeinküste wirklich? Vielleicht schon, vielleicht nicht.

hitparade.ch: Am Schluss auf der CD hats noch einen Remix. Remixen ist wieder etwas "in" hier in der Schweiz und seit den zwei CD's von "SAD" (update & play) sicher auch wieder innovativer und mutiger als auch schon. Gerade im Reggae und Dub hat das eine lange Tradition. Kommt da eventuell noch mehr?
Matthias: Ja, eigentlich wollten wir sogar noch mehr davon machen. Wir wollten auch Dubs machen und so. Aber wie gesagt: Die letzten beiden Monate sind ziemlich drunter und drüber gegangen aufgrund der verschiedenen Geschichten, die passiert sind. Wir waren im Albumstress, dann kommt das mit dem Bassisten dazu... es hat nicht gereicht. Aber eigentlich würden wir dies schon ganz gerne mehr machen. Wir haben mal gesagt, wir machen einmal ein Best Of Album nur mit Dubs unserer Songs. (lacht). Man darf sicher gespannt sein.

hitparade.ch: Ihr habt mal eure alten CD's zum gratis Download angeboten, weil die Plattenfirma die nicht mehr nachproduzieren wollte. Gibts da Neuigkeiten?
Matthias: Mit dem Release des neuen Albums hatten wir eigentlich vor, uns erneut für den Verkauf einzusetzen.
Mauro: Ich bin überzeugt davon, dass man für den Verkauf ein gewisses Flair haben muss. Ich selber habe es nicht, deswegen mache ich Musik und bin kein Verkäufer. Aber ich finde, wenn man als Plattenfirma eine CD produziert, dann muss man auch für die Ewigkeit dahinter stehen. Man kann dann nicht damit aufhören, nur weil eine gewisse Auflage nicht verkauft worden ist. Es ist ja nicht einfach nur ein Produkt. Wir haben einen Deal gemacht, und wir stehen für die Ewigkeit dahinter. Klar, Künstler wie Manu Chao haben uns ja mit Songs wie "King Of The Bongo Bong" gezeigt, dass Songs auch erst nach zwei Jahren Fuss fassen können. Die Mentalität der Plattenfirmen kommt mir daher oft etwas destruktiv vor. Deswegen wollten wir dieses Zeichen setzen - Wir sagten einfach: Leute, wer die CD herunterladen möchte, der soll das tun. Und wir hatten 11'000 Downloads.

hitparade.ch: Bald gehts wieder auf Tour, was steht euch bevor, wo gehts überall hin?
Mauro: Wir haben jetzt acht fixe Gigs. Weiss jetzt aber nicht alles auswendig. Das Ganze wurde durch den Todesfall natürlich noch verzögert. Es ist alles in vollem Gange und daher werden in nächster Zeit wohl noch einige neue Daten dazukommen. Dadurch, dass man live spielt, kommen automatisch dann noch weitere Auftritte dazu. Ich würde mal sagen, die ganze deutsche Schweiz wird dabei sein. Sicher auch das Welschland. Tessin weiss ich jetzt noch nicht.

hitparade.ch: Was steht dem Fan bevor? Wie lange werden eure Konzerte dauern und worauf kann man sich als zuschauer besonders freuen?
Matthias: Wie ich mir von Zuschauern habe sagen lassen, ist es sehr abwechslungsreich. Und auch für uns ist es abwechslungsreich zum Spielen. Wir haben ja auch die verschiedenen Sprachen, verschiedene Parts und Stile. Auf jeden Fall ist es Partysound. Wir überlegen uns sicher auch noch spezielle Features. Ich denke, dass die Leute, die auf der CD mitspielen, auch ab und zu auf der Bühne mit dabei sein werden. Mit Bläsern, Sängern und vielem mehr wird immer wieder etwas Neues geboten. Das kann eine Riesen-Guuge werden mit bis zu zehn Personen auf der Bühne. Dann ist On Stage sicher ganz schön was los.

hitparade.ch: Ihr seid ja nicht gerade wenige Leute in der Band, dazu kommen ja sicher noch Techniker und Helfer. Wieviele Leute braucht es nebst der Band für ein FSG Konzert?
Mauro: Also ich darf mit Stolz verkünden, dass wir zu den wenigen Bands gehören, deren Bandmitglieder die Instrumente noch selber vom Büssli tragen. So als Tip: Das gibt gute Muskeln für die Tour. Ich denke, solange es konzentrationsmässig von der Zeit her stimmt, erledigen wir so viel wie möglich selber. Wir haben nur wenige Leute, die die Band begleiten. Nur ein Mischer, ein Lichtmann und vielleicht zwei Helfer, die noch mit anpacken. Aber mehr sind da nicht. Ich finde das bei Bands teilweise ein bisschen lächerlich, wieviele Leute da mitreisen.

hitparade.ch: Wir stellen uns das logistisch etwas schwierig vor, all die Instrumente und dann sicher noch viel technisches Equipment. wie funktioniert euer Zeitplan für ein Konzert? Und wie transportiert ihr alles?
Matthias: Wir haben unseren legendären FSG Bus, vielleicht hast du den auch schon gesehen. Ein alter Dodge. Ein Riesenteil mit einem Postautoanhänger, der immer in Biel bereit steht. Und wir haben in unserem Keyboarder einen sehr zeitbewussten Fahrer. Er treibt uns dann an, damit wir überall rechtzeitig ankommen. Er schmeisst dann auch den Laden in Sachen Technik und mit dem Aufstellen und alles. Und der Manager natürlich, der schaut auch für alles.

hitparade.ch: Es gibt ja diese "Unplugged" Geschichten, die viele Bands für sich entdeckt haben und dann sagen "das wollten wir schon immer einmal machen". Wenn Geld und Ort keine Rolle spielen würden, wie würde ein Konzert aussehen? Wenn du machen könntest was du möchtest, wie würde dein Ausbruch aus dem "normalen" Konzert und Musikerleben aussehen, was bekämen wir zu hören und zu sehen?
Mauro: Ich würde mit Ziggy Marley ein Duett spielen. (lacht). Nein, eigentlich haben wir schon einmal ein Unplugged-Konzert gemacht. Wir waren nahe dran, eine CD draus zu machen. Aber momentan wäre der Zeitpunkt einfach ein bisschen früh. Momentan denken wir eher in Richtung Partyfest, Disco, Club. Und auch die ganze Songzusammenstellung würde nicht so zu Unplugged passen. Es würde zwar gehen, aber der Reiz ist irgendwie noch zuwenig da.

hitparade.ch: Und sonst was Spezielles?
Matthias: Ich finde es immer cool, wenn alte Leute, die bei einer Scheibe mitgewirkt haben, mit auf der Bühne sind. Bei grösseren Gigs haben wir immer die Bläser dabei. Auf der letzten Tour stand eine Sängerin mit uns auf der Bühne, einmal auch ein Rapper. Umso mehr Leute, desto grösser das Familienfest auf der Bühne. Das ist zwar aufwändig, macht aber Spass und kommt auch sehr gut rüber. Das kommt beim Publikum gut an. Die Zuhörer spüren, ob dir etwas Spass macht, wenn du etwas Neues machst. Als der Rapper kam, da wusste keiner so recht, wie es rauskommen wird, alles wirkt locker. Dadurch entsteht eine riesen Party. Also wenn man schonmal könnte, wie man wollte, dann würde ich wohl das Hallenstadion mieten und alle einladen. (lacht).

hitparade.ch: Was sind eure Wünsche für die Zukunft? Was würdet Ihr gerne erreichen?
Mauro: Also musikalisch habe ich persönlich bereits erreicht, was ich wollte. Jede Platte ist wieder ein Ziel für sich. Jetzt machen wir die neue Tour und darauf freue ich mich extrem. Ich gehe danach vier Monate nach Italien und suche nach neuen Inspirationen. Wer weiss, vielleicht entsteht dort in Süditalien das nächste FSG Album. Ich kann nur sagen: Ihr habt in den nächsten Jahren sicher noch öfters mit FSG Sound zu tun.

hitparade.ch: Kommen wir zur Top 10 der Schweizer Hitparade. Was kennt ihr und was denkt über die einzelnen Songs?

10. Jason Mraz - I'm Yours
Mauro: Ich kenne es nicht
Matthias: Ich habe mir vor Kurzem die CD gekauft und finde es sehr cool. Viele gute Bläsersätze.

9. Leona Lewis - Better In Time
Matthias: Ich weiss nur, dass unsere Sängerin, die beim letzten Album dabei war, einmal beim Benissimio die Backings für Leona Lewis gesungen hat. Und das ist alles, was ich weiss, tut mir leid. (lacht).
Mauro: Kenne ich auch nicht

8. Jordin Sparks with Chris Brown - No Air
Mauro und Matthias: Äääähmm....

7. Duffy - Mercy
Matthias: Ich weiss grad nicht, welcher Song das ist, aber ich finde sie irgendwie cool. Ich finde nur, dass sie ein bisschen eine zu starke Country-Stimme hat für ihren Soul. Finde ich persönlich. Aber alles schön gemacht.
Mauro: Also Duffy finde ich recht geil. Es gibt von ihr einen Slow-mässigen Song, der berührt mich immer, wenn ich ihn höre. Also echt cool das Ganze. Ich kaufe mir die CD wohl noch.

6. Enrique Iglesias - Can You Hear Me?
Matthias: Ich habe den neuen Song noch nie gehört.
Mauro: Doch, das war doch der EM-Song! Finde ich nicht schlecht, aber sein bester Song war jener, den die Neptunes geschrieben haben, zusammen mit Kelis.

5. Coldplay - Viva la vida
Matthias: Für mich klingt es halt so wie der Name sagt: kalt. Mir gefällt das nicht. Es ist sicher deswegen nicht schlecht, aber es gefällt mir halt nicht.
Mauro: Ich finde Coldplay recht cool, mag auch U2 sehr. Mich zieht es auf jeden Fall in diese Sound-Ecke. Es ist gut gemacht, die spielen diesen Song sicher auch live recht stark. Kenne es aber im Detail zu wenig.

4. Madonna - Give It 2 Me
Matthias: Die gute alte Madonna, super Sache
Mauro: Was sie einfach drauf hat: Sie versteht es wie kein anderer mit guten Produzenten zusammenzuarbeiten. Sie ist seit Jahren dabei: Respekt!
Matthias: Ich finde zwar, dass es von Timbaland noch Besseres gibt.

3. Amy MacDonald - This Is The Life
Mauro: Es wird so viel geschrieben und geredet, sie fährt total ein... Wer ist das??
Matthias: Ich habe sie am Gurten gesehen! Sie ging ab wie die Sau!!
Mauro: Ich kenne den Song schon, ich finde ihn total geil. Geht in Richtung Country. Aber sorry Amy MacDonald... Amy Winehouse, ich liebe dich!!!

2. Gabriella Cilmi - Sweet About Me
Matthias: Noch nie gehört
Mauro: Keine Ahnung

1. Kid Rock - All Summer Long
Matthias: Sweet Home Alabama war ein guter Song. Ich finde es merkwürdig, aber sicher nicht schlecht, dass die Leute noch immer auf diesen Sound stehen. Es ist ja neugemachter Südstaaten-Rock. Ich hätte nie gedacht, dass das noch immer so zieht.
Mauro: Ich habe ihn nicht so gekannt und war recht skeptisch. Dann ist er einmal beim Raab aufgetreten. Jetzt muss ich sagen: Musikalisch hat er es drauf. Was den Stil betrifft: Geht weniger in meine Sparte. Und in Sachen Frauen muss er auch noch Einiges lernen.