Interview mit Goodbye Fairbanks
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Goodbye Fairbanks ist eine Schweizer Band aus Bern, die englische Pop/Rock Musik macht, welche sehr amerikanisch klingt; die Band hat auch schon in Amerika getourt. Das neue Album ist seit dem 16.3.2012 im Handel erhältlich.hitparade.ch: Ihr seid eine junge Band aus Bern, wie seid ihr überhaupt zu der Musik gekommen? Wie habt ihr euch kennengelernt? Wart ihr Schulkollegen?
Ricardo Krenger: Wir kennen uns teilweise schon länger, wir haben schon in Schülerbands miteinander gespielt. Wir haben im Bernerland Songs gecovert, für uns Musik gemacht und überall ein bisschen gespielt, so hat sich das mit der Zeit entwickelt. Seit fünf Jahren gibt es uns in dieser Formation.
hitparade.ch: Hört man das erste Mal die Musik von euch, würde man nie darauf kommen, dass ihr eine Schweizer Band seid. Welche Künstler haben euch beeinflusst?
Ricardo Krenger: Es ist auf jeden Fall die Musik, die wir zu dieser Zeit gehört haben. Wir haben dann angefangen, Songs zu schreiben und es hat sich so ergeben.
Benjamin Etter: Wir waren früher "härter", sagen wir es mal so. Es war dann ein natürlicher Prozess, dass wir melodiöser wurden mit der Zeit. Wir können uns nicht steuern, es kommt, wie es kommt, es klingt, wie es klingt.
hitparde.ch: Ihr seid meiner Meinung nach auf einem ganz anderen und internationalen Niveau, als man es sonst so aus der Schweiz kennt. Wie werdet ihr in der Schweiz akzeptiert?
Benjamin Etter: Wir mögen ein bisschen anders sein als andere Schweizer Bands. Bei DRS 3 haben sie uns gesagt, wir gehen in die Richtung wie die Band "Favez". Wir sind zwar eine Schweizer Band, aber es ist eher die amerikanische Art, das stimmt.
Ricardo Krenger: Ich denke, es ist eher ein Plus als ein Negativ. Wir machen die Musik auch nicht nur für die Schweiz, sonst könnten wir auch Mundart singen.
hitparade.ch: Die aktuelle Single 'Rise' hält sich gut in den Schweizer Airplays. Um was geht es in diesem Song?
Benjamin Etter: Es ist philosophisch. Im Refrain geht es darum, dass, wenn man in einem Tief ist und denkt, es geht nicht weiter, es irgendwann aufwärts geht, wenn man Etwas mit Leidenschaft macht. Man muss dranbleiben bei dem, was man gerne macht und dabei nicht den Glauben verlieren. Wenn man durchbeisst, dann steigt es schlussendlich auch ins Positive.
hitparade.ch: Wie kann sich ein Nicht-Musiker vorstellen, wie bei euch die Songs entstehen? Ist der Sänger hauptsächlich für die Texte verantwortlich?
Michael Marti: Ben bringt meistens eine mehr oder weniger vollständige Skizze eines Songs, welchen wir dann zusammen im Bandraum bearbeiten, bis das Lied fertig ist.
Benjamin Etter: Damit man es sich vorstellen kann, für Leute die jetzt nicht Musik machen: Jeder macht seinen Teil und bringt seine Ideen ein. Ich mache meistens das Grundgerüst, aber komplett fertig geht es nur, wenn Alle ihren Teil bringen.
hitparade.ch: Der Clip zu der zweiten Single 'The Water Is So Cold' wurde von einem 12-jährigen und einem 16-jährigen Jungen produziert, es handelt sich um einen Stop Motion Film mit Lego-Figuren. Wie kam es zu dieser Idee?
Ricardo Krenger: Wir haben diese zwei Jungs getroffen an einer Preis-Verleihung, denn sie hatten gewonnen mit einem Video, das sie mit Lego-Star Wars-Figuren gemacht haben. Wir fanden diese Idee sehr cool und haben sie angefragt, ob sie für uns ein Video machen könnten. Es war interessant, diese Ideen auszuarbeiten. Wir haben uns ein paar Mal getroffen, sie haben die Ideen dann umgesetzt.
hitparade.ch: Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Clip und dem Song?
Benjamin Etter: Es gibt diese zwei Lego-Figuren, die zueinanderfinden möchten, aber sie werden immer wieder auseinandergerissen von Piraten, Haien, usw. Es geht darum, dass man Jemanden für sich gewinnen möchte, aber man sieht das Symbol des kalten Wassers, in welches man natürlich nicht hineingehen möchte. Es zeigt dann, wie schön es sein könnte; es ist ein Anti-Liebeslied in dem Sinn, eine unerfüllte Liebe, wie kitschig es auch klingen mag. Man kann den Kitsch-Faktor zwar ein bisschen verringern, wenn man es mit Lego-Figuren macht. *lacht*
hitparade.ch: Wie kam es den zu der Single-Auswahl 'Rise'?
Benjamin Etter: Es geht nicht darum, was uns am besten gefällt, sondern welcher Song repräsentiert das Album am besten. Es ist wichtig, dass die Leute wissen, was sie in etwa zu hören bekommen, wenn sie das Album kaufen. Ich denke, es ist eine sehr gute Wahl. Und natürlich soll der jeweilige Song auch Lust auf mehr machen!
hitparade.ch: Die CD wurde produziert mit Grammy-Produzent Matt Goldman. Wieviel Freiheit hattet ihr für die Produktion der Songs?
Ricardo Krenger: Er war recht easy, wir haben am Anfang darüber gesprochen und es war nie der Fall, dass wir etwas gemacht haben, wo wir nicht dahinter stehen konnten. Er brachte seine Ideen und Tipps, die wir uns zu Herzen genommen haben, wir konnten ihm vertrauen, er kennt sein Handwerk auch bestens.
Benjamin Etter: Er sagt immer gerne, er möchte ein Album machen, das die Fans so erwarten und gerne hätten, nicht eines, das er selber gerne hätte.
David Branca: Er hat uns unser Ding machen lassen. Die Sache ist einfach die, dass wir ihn als Produzenten sehr akzeptiert haben, weil die Alben, die er vorher gemacht hat, von denen sind wir Alle Fans. Wenn er etwas gesagt hat, dass er es so und so haben möchte, dann hat man genug Vertrauen gehabt, um es abzugeben. Es gab Sachen auf die Situation bezogen, die Einem selber nicht auffallen, und da war man nachher froh, wenn man es gesagt bekommen hat. Das macht einen grösseren Produzenten auch aus.
Ricardo Krenger: Wir konnten die Songs im Studio so fertig ausarbeiten und sie ihm nachher geben, dass wir noch Inputs bekommen haben und sie noch mehr ausarbeiten konnten. Darüber waren wir auch froh, das machte den fertigen Schliff aus.
Michael Marti: Es waren Vorschläge, es hiess nie, dass man MUSS.
hitparade.ch: Wieviel Zeit habt ihr im Studio verbracht?
Benjamin Etter: Im Vergleich zum alten Album, bei dem wir zwei Wochen Zeit hatten, hatten wir bei diesem hier 6 Wochen Zeit. Es ist alles noch natürlicher und kreativer, wenn man noch mehr Zeit hat. Bei mehr Zeit kann man sich sicher sein, dass jedes Band-Mitglied die beste Leistung bringen kann.
hitparade.ch: Ihr seid sehr aktiv bei twitter und Facebook. Denkt ihr, dass dies die Zukunft von Promo ist? Gibt es heutzutage noch eine Chance, bekannter zu werden ohne diese Medien?
David Branca: Wir reden lustigerweise privat sehr oft darüber. Facebook ist einfach nicht mehr wegzudenken, es hat viele Möglichkeiten geöffnet, aber auch ein paar geschlossen. Myspace war ein bisschen musikfreundlicher, man konnte sich die Songs direkt anhören, Facebook ist weniger bandfreundlich und mehr benutzerfreundlich. Ich denke, die Gefahr ist da, dass sich das Leben völlig auf Facebook reduziert; ich hoffe, das wird irgendwann aufbrechen. Wir machen mit und posten auch wirklich oft, aber es sollte nicht Haupt-Produkt der Band werden.
Ricardo Krenger: Ich finde es cool, wie man alles direkt nachlesen kann und alles auf einem Portal hat, sei es Feedback, Videos, Bilder, Musik und einfach die Leute, die es direkt kommentieren können und mitreden. Ich finde es sehr nützlich! Wir sind ja oft auch privat auf Facebook tätig.
Benjamin Etter: Man braucht eigentlich keine Labels mehr. Wenn man es gut macht, kann man sich heute als Band sehr gut selber promoten, durch alle diese sozialen Netzwerke, sei es Facebook, YouTube oder sonst irgendwelche Portale. Wir waren schon immer eine Do It Yourself-Band. Wir arbeiten auch immer mit guten Leuten zusammen. Die meiste Promo-Arbeit, die früher meistens nur Plattenlabels machen konnten, kann man heutzutage selber machen, wenn man es richtig macht und diese Medien richtig nutzt.
hitparade.ch: Wenn wir schon bei den Vor-und Nachteilen des Internets sind: Wie seht ihr Gratis-Downloads?
David Branca: Eigentlich gibt es das ja schon seit so vielen Jahren, es hat vor einigen Jahren mit LimeWire, Kazaa, usw. angefangen, heutzutage muss man es nicht einmal mehr downloaden, man kann es sich direkt per Stream anhören. Einerseits ist es so, dass Jeder noch mehr Musik hört durch all diese Medien. Damals hatte man seine x CD's im Schrank, heute hat man 160 GB auf dem iPod. Es ist ein schwieriges Thema, Musik ist für den Hörer vielleicht nicht mehr so viel wert. Ich werde im Sommer 25 Jahre alt und ich gehöre zu der Generation, die noch CD's kaufte und das geht der heutigen Generation verloren. Trotzdem, wenn man das mal zur Seite stellt, ist das Internet für eine Band eine tolle Möglichkeit, sich besser zu verbreiten.
Benjamin Etter: Einer Band unserer Grösse schaden Gratis-Downloads nicht so sehr, aber eine bessere Alternative sehe ich in Streaming-Diensten wie "Spotify" und "Simfy", obwohl es da noch Einiges zu regeln gibt. Die Labels würden so zwar ein bisschen auf der Strecke bleiben, aber wer hat die Entwicklung des Internets verschlafen? Das waren die Plattenfirmen!
Ricardo Krenger: Ich denke, schaden kann es nicht, wenn man unsere Songs auf Abruf hören kann. Es ist besser, die Konzert-Säle zu füllen, mit Leuten, die unsere Musik kennen - egal durch welches Medium - als nur mit Leuten, die sich bereits das Album gekauft haben. Das Wichtigste für den Musiker sind die Live-Konzerte, und da hat man ja auch die Chance, die CD's zu verkaufen und hat auch die besseren Argumente in der Hand, nämlich eine gelungene Rock-Show!
hitparade.ch: Ihr wart schon oft im Ausland unterwegs, auch in Amerika. Was war für euch der grösste Unterschied?
Benjamin Etter: Man hat dort in der Öffentlichkeit einen sehr guten Stand. Hier ist so: "Ah, du spielst in einer Band? Schön!" Aber wenn man dort unterwegs ist und sie sehen, dass du Musiker bist, dann habe sie automatisch Respekt vor dem, was man als Musiker macht, es ist eine ganz andere Kultur; das haben wir zuerst auch nicht erwartet.
hitparade.ch: Welches war das speziellste Ereignis der Amerika Tour?
Michael Marti: Fans, die uns nachreisen! Es gab viele Leute, die uns am Anfang der Tour gesehen haben und danach auch bei den anderen Konzerten zu sehen waren, weil sie auch erreichbar waren. Das ist das, was wir vorhin angesprochen haben: Sie schütteln dir die Hände, geben dir Komplimente und verstehen und respektieren die Musik.
Benjamin Etter: Etwas, das wir Alle sehr lustig fanden, war, als wir mit der Airline geflogen sind und sie sahen, dass wir Instrumente dabeihatten. Bevor wir abflogen, hatte uns das Personal vorgestellt als "weltberühmte Band". Sie machten es als Witz, denn während sie es sagten, hatten sie ein Zwinkern in den Augen. Natürlich wussten sie, dass wir nicht weltberühmt waren, aber die Leute schauten schon nach hinten und wunderten sich, wer wir waren. Das sind so Sachen, die können nur in Amerika passieren!
hitparade.ch: Ihr wart in der Schweiz schon an vielen Festivals, auch am Greenfield Festival. Gibt es noch andere Festivals, an denen ihr gerne einmal live auftreten würdet?
David Branca: Das Montreux Jazz-Festival!
Benjamin Etter: Ja, das wäre wohl eines, an dem ich auch wirklich gerne auftreten würde!
Michael Marti: Ich denke, es ist allgemein toll, an den grossen Festivals spielen zu dürfen!
Benjamin Etter: Wir möchten auch noch mehr von der Welt sehen, an vielen verschiedenen Orten spielen, noch mehr Leute erreichen und mit anderen Bands zusammen spielen… Ob bekannt oder unbekannt, man versteht sich einfach durch die Musik, ähnliche Musik wie du machst.
hitparade.ch: Am Schluss kommen wir zu den Schweizer Charts. Was euch auffällt, könnt ihr kommentieren:
Ricardo Krenger: Das neue Bruce Springsteen Album: Hammer!
Benjamin Etter: Adele ist immer noch so weit oben? Ich finde das krass, es sind gar nicht so kommerzielle Pop-Hits. Gute Musik!
David Branca: Dass Xavier Naidoo schon so alt ist, dass er ein "Best Of" Album macht! *lacht* DJ Antoine, kein Kommentar!
Benjamin Etter: Lana Del Rey scheint im Moment ein Diskussions-Thema zu sein.
David Branca: Als wir in Atlanta in einem Kleiderladen waren, da wir in der Nähe gespielt hatten, haben wir ein "Eluveitie"-Poster gesehen. Das hat uns sehr gefreut als Schweizer Band, Hut ab!
hitparade.ch: Was denkt ihr allgemein über die Charts? Ist es für euch wichtig, in die offizielle Hitparade zu kommen oder ist es euch egal?
Benjamin Etter: Ich stelle die Gegenfrage: In welchem demografischen Segment ist es überhaupt relevant? Sprich, sind es Leute zwischen 30 und 40 Jahren, die die CD's kaufen oder wie läuft es ab? Man müsste alles einbeziehen, seien es "Spotify" und "iTunes" plus die Laden-Charts! Früher habe ich oft die Hitparade gehört und sogar noch die Songs aufgenommen und es ist sicher toll, wenn man in die offizielle Hitparade kommt. Es gibt aber Wichtigeres!
Interview durchgeführt: Sonja Eberhard
Redaktion: Sonja Eberhard, Gabi Wegmüller