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Interview mit Greis



Ganze neun Monate hat sich Greis Zeit genomen, um mit Ausnahmeproduzent Claud zwischen New York, Damaskus und St. Gallen sein neues Album aufzunehmen. Eine entspannte Schwangerschaft also und jetzt, wo das Baby endlich da ist, behauptet der stolze Vater natürlich wie alle stolzen Väter, es sei das Schönste von allen - aber für einmal stimmt das sogar! „3“ ist ein Album, das nicht nur die Grenzen des Genres sprengt, sondern vor allem einfach extrem viel Freude bereitet. Wir haben Greis einige Fragen zum neuen Album gestellt.

hitparade.ch: Wir haben gelesen, dass du 30 Songs produziert hast und es dann schlussendlich 10 Songs plus 3 Zugaben auf die CD geschafft haben. Was war der Ausschlag für einen Song, ob er aufs Album kam oder nicht? Und wie müssen wir das mit den „Zugaben“ verstehen?
Greis: Claud und ich verfolgten von Anfang an den heimtückischen Plan, ein in sich geschlossenes Album zu produzieren, bei dem jeder Song als Single funktionieren müsste, gleichzeitig aber auch im Gesamtzusammenhang des Albums. Die anderen 17 Songs waren nicht unbedingt schlechter, sie erfüllten einfach nicht all diese Kriterien. Und das „Encore“ ist eine Art Gschänkli: Es sind 3 Songs, die wir sehr mögen, die aber im Kontext des Albums ein bisschen aus der Reihe tanzen.

hitparade.ch: Das ist doch noch bitter für die Fans, die ja stets nach mehr dürsten. Sie wissen jetzt, dass da noch 20 andere Songs wären. was machst du denn damit?
Greis: Wenn die Fans noch mehr Songs wollen, dann kriegen sie auch mehr. Uns war aber wichtig, dass wir ein Album abliefern mit Songs einer aussergewöhnlichen Qualität, die einem sowohl beim ersten wie bei hundertsten Mal hören Freude bereiten. Wenn die Nachfrage besteht, werden wir jedoch gern nächsten Frühling schon ein neues Album anbieten. Ausserdem biete ich auf meinem Blog jede Woche einen exklusiven Song zum download an, als dank an die, die das Album kaufen.

hitparade.ch: Letztes Mal hast du das Album als Doppelalbum in Deutsch/Französisch herausgegeben, diesmal nicht. Ist das "Experiment" nicht so gelungen oder gediehen wie angenommen?
Greis: Doch, es war ein grossartiges Abenteuer, zwei identische Alben auf zwei sprachen zu realisieren, am Montreux Jazz oder am Paleo Festival zu spielen, aber ich hatte nie vor, fortan jedes Album auf mehrere sprachen rauszugeben. Wenn die Zeit reicht und die mittel zur Verfügung stehen, würde ich zu einem späteren Zeitpunkt gern eine französische Version der bärndütschen Songs auf 3 aufnehmen, und eine bärndütsche Version von „Bien avant“. Das wäre sicher lustig.

hitparade.ch: Du warst in New York, in der Geburtsstätte des Hip-Hop. wie wichtig ist das für dich, mal dort gewesen zu sein?
Greis: Ich war ja nicht das erste mal dort, aber New York, die South Bronx im Speziellen, haben für mich im Bezug auf Hip-Hop etwas einzigartiges. Ich hoffe, dass ich bald wieder einen Ausflug dorthin machen oder vielleicht sogar für länger bleiben kann.

hitparade.ch: Kann so ein Besuch für einen Rapper noch relevant sein, da das ganze vor über 30 Jahren entstanden ist und zudem aus Begebenheiten entstanden ist, die wir gar nicht kennen hier?
Greis: Absolut. Rap ist dort noch immer so präsent wie die Pyramiden in Gizeh.

hitparade.ch: Verschiedene Medien haben vor ein paar Wochen "30 Jahre Hip-Hop" gefeiert. Als Anlass nahmen sie den Release der ersten Hip-Hop-Single (Fatback - King Tim III (Personality Jock)). Was denkst du dir dabei, wenn du "30 Jahre Hip-Hop" hörst?
Greis: Rap braucht es heute weniger, sich gegenüber anderen Musikstilen abzugrenzen, dadurch wird im Rapbereich viel selbstbewusster mit anderen Musikstilen experimentiert.

hitparade.ch: Zurück zu dir: Du hast dein neuestes Werk „3“ getauft und zählst die Platten offenbar durch, demnach können wir uns auf etwa Mitte 2011 über "Vier" freuen. Wird dem so sein oder hat es einen anderen Grund, wieso du deine Platten so taufst?
Greis: Ich wollte das Album „Nobody Movement“ oder „0:00“ nennen, aber beide Titel schienen mir dann irgendwie irreführend, und 3 ist so eine schöne Zahl mit zwei Rundungen. Ich denke nicht, dass das nächste Album „4“ heissen wird. Vielleicht heisst dann das siebte wieder „7“, nein, halt, ich glaub ich nenne das sechste dann „9“.

hitparade.ch: In deiner Bio steht: „Eine entspannte Schwangerschaft also und jetzt, wo das Baby endlich da ist, behauptet der stolze Vater natürlich wie alle stolzen Väter, es sei das Schönste von allen – aber für einmal stimmt das sogar!“ Was macht für dich "3" zum schönsten Baby?
Greis: Es ist das ausgereifteste meiner Alben, das, wofür ich am meisten Zeit, Energie und Herzblut investiert habe, und dasjenige, welches vom Reifeprozess der letzten zwei Alben profitieren konnte. Es ist viel lockerer und präziser als die anderen beiden, die ich nach wie vor heiss liebe, aber bei Alben ist es eben das genaue Gegenteil von Kindern: Je mehr Zeit vergeht, je unreifer wird das erste Album, das jüngste ist jetzt schon 6 Jahre reifer als das älteste.

hitparade.ch: Du hast darauf zwei Gäste, die, wenn wir das richtig verstanden haben, sehr wichtig sind, zumindest Akhenaton. Wie sind diese Featurings zustande gekommen?
Greis: Wir waren in Basel mit Claud am Abendessen, als unser alter Kumpel Curse anrufte und sagte, er sei in Marseille mit Akhenaton am Abendessen, und dieser wolle uns mal treffen denn er feiere meine Musik. Ich glaubte natürlich an einen Witz und dachte nicht länger darüber nach. Weisst du für meine Jungs von PVP und mich war das immer das Endziel, das grösste was man machen könnte: einen Song mit Akhenaton. Dieser Typ hat uns mit seiner Musik mehr oder weniger heil durch unsere Pubertät geführt, seine Songs haben wirklich einige meiner heutigen Weltanschauungen geprägt. Auf jeden Fall kam das dann irgendwie zustande, wir haben ihm den Beat geschickt und meinen Text übersetzt, und er hats voll gefeiert und wir haben den Song gemacht. Ich krieg jetzt noch Hühnerhaut wenn ich daran denke.

hitparade.ch: Wie suchst du dir deine Gäste jeweils aus? Schickst du denen Songs und sagst, da hätte ich dich gerne dabei oder lässt du sie auch textlich mitarbeiten?
Greis: Beides, es kommt halt immer darauf an. Auf diesem Album gibt’s einmal ein klassisches Rap-Feature und einmal eine musikalische Kollaboration. Dann ist ja noch Michèle Roten auf dem Song 138th & 4th Avenue. Ich hatte ihr was geschrieben, aber das fand sie scheisse und hat selber eine ganze Strophe geschrieben, in drei Takes hatte sie sie dann auch schon aufgenommen. Ihre erste Strophe! In Zukunft werden wir dieses Ding noch ein bisschen ausbauen, bald kommt dann der erste Michèle roten Solo-Song.

hitparade.ch: Einen haben wir eigentlich noch erwartet, den du als wahren musikalischen König von Bern bezeichnet hast: Bubi Rufener. Nach dieser Aussage im letzten Interview haben wir gedacht, der ist jetzt auf deinem Album zu finden.
Greis: Bubi hätte ich sehr gern auf dem Album gehabt, aber es hat sich einfach bei keinem Song ergeben. Ich werde aber auf jeden fall in Zukunft immer wieder mal was mit ihm machen.

hitparade.ch: Ich denke, nach einem gelungenen Release geht’s dann so richtig auf Tour. was ist alles geplant?
Greis: Ich bin wieder mit meinem Produzenten und DJ Claud und dem Ausnahmedrummer J.J. Flück unterwegs, bei einigen Shows wird Taz von Tafs mit mir auf der Bühne sein: Manillio und CBN sind auch dabei, was mich besonders freut, denn ich bin ein grosser Fan ihrer neuen Alben „Jede Tag Superstar“ und „Papillon“.

hitparade.ch: Und als Ausblick, was strebst du in den nächsten Jahren noch so an?
Greis: Ich würde sehr gerne ein paar Konzerte im Ausland spielen, vielleicht auch mal eine kleine Tour in Afrika oder Südamerika. Jetzt freue ich mich aber erstmal extrem darauf, durch die Schweiz zu touren und die neuen Songs zu spielen!