Interview mit Halunke"Jeden Tag Musik machen zu dürfen ist ein Luxus!"
18.01.2019
hitparade.ch: Häni und Anja, Ihr seid ein richtiges Dreamteam. Nicht nur privat als Ehepaar, sondern auch musikalisch. Ihr habt viele Songs gemeinsam geschrieben. Gibt es Dinge, die Ihr lieber nur der anderen Person überlasst?
Häni: Manchmal ist es am Ende schwer zu sagen, wer was gemacht hat. Wir haben einen Monat lang am neuen Album geschrieben und von uns beiden sind viele Einflüsse drin. Anja hört radiotauglichere Musik als ich - so vermischen sich unsere Sichtweisen oftmals. Und ja, es gibt Dinge, die klar aufgeteilt sind. Wenn es um Halunke geht, bin ich kein Organisationstalent. Das macht Anja sehr viel besser. Auch die Buchhaltung und das Verhandeln der Gagen und so weiter. Sie kümmert sich zudem um den ganzen Social-Media-Auftritt von Halunke. Ich hingegen schneide Videos und kümmere mich um alle Grafiken. So sind wir tatsächlich ein richtiges Dreamteam.hitparade.ch: Ihr seid zudem sehr vielseitig: Die Band, das eigene Label, das Kultsofa, die Bingo-Show… Woher nehmt Ihr die Energie und schöpferische Kreativität?
Häni: Das alles macht natürlich eine Menge Spass! Das Kultsofa liegt aber zurzeit auf Eis. Und zur Bingo-Show muss ich sagen, dass ich dort nicht so viel zu tun habe. Ich kreiere Jingles, was auf jeden Fall eine lustige Sache, aber nicht aufwändig ist. Und was die Band angeht: Es gibt halt nichts Schöneres, als sein Hobby zum Beruf machen zu können.hitparade.ch: Sind solche Aktionen wie "Superheld-Tag JRZ 2018" oder eben die Bingo-Show heute ein Muss als Musiker, in einer Zeit, in der die Menschen kaum noch CDs kaufen?
Häni: Es ist auf jeden Fall so, dass man sich nicht mehr nur auf die Musik verlassen kann. Ich lebe vom Ruf als Musiker, nicht von den CDs. Das bedeutet, dass man auch andere Dinge macht, als Aufnahmen und Konzerte geben. Das ist aber auch okay und gehört dazu! Ich schreibe Songs für andere Musiker, mache Dinge wie die "Schweizer Fleisch"-Kampagne und vieles mehr und bin dankbar, dass ich in meinem Leben Dinge machen kann, die mir jeden Tag Freude bereiten. Nur von unserer Band Halunke kann ich nicht leben, dazu wird heute zu wenig Geld für Musik ausgegeben - aber jeder Job hat Schattenseiten. Dessen bin ich mir bewusst und wenn das Geld einmal nicht reicht, kann ich einer temporären Arbeit nachgehen. Bis dahin geniesse ich jeden Tag, an dem ich Musik machen darf. Das ist ein Luxus!hitparade.ch: Es ist quasi ein Ponyhof!
Häni: Genau (lacht). Wir leben wirklich wie auf einem Ponyhof, weil wir das machen, was wir gerne machen. Das Pony kann für alles stehen. Einen Ponyhof zu haben garantiert aber kein perfektes Leben. Man muss immer damit rechnen, dass ein Pony mal doof tut. Dass der Ponyhof funktioniert, dafür müssen wir etwas tun.hitparade.ch: Im Titelsong ist QC zu hören. Ihr seid ja gut befreundet, habt Euch einen Bandraum geteilt. Wie kam es zu seinem Beitrag auf dem neuen Album?
Häni: Wir sehen uns regelmässig im Bandraum, er gehört zum Kollegenkreis. Wir haben bereits früher darüber gesprochen, dass wir mal gemeinsam etwas machen könnten. Als der Song "Ponyhof" in der Entstehung war, wurde mir schnell klar, dass eine Rap-Einlage von QC perfekt dazu passt.hitparade.ch: Das "Ponytrip"-Intermezzo hat mich überrascht. Klingt nach Portishead. Das "Gloria"-Intermezzo ist elektronisch experimentell. "Nordwind" erinnert mich an den Film "Magnolia" - an Aimee Mann. "Crystal-Lounge" ist für mich ein kurzes Stück Filmmusik. Habt Ihr bei den Intermezzo-Songs etwas Neues ausprobieren wollen?
Häni: Sozusagen (lacht). Wir haben das Album ja auf dem Schilthorn aufgenommen. Der Raum bestand zu Dreivierteln aus Fenstern. In der ersten Nacht konnte ich nicht schlafen und habe die Overture gemacht. Und in jeder Folgenacht kam ein neues musikalisches Experiment hinzu. Es lief fast als Parallel-Projekt. Und immer, wenn ich meine neuesten musikalischen Trips meinen Mitmusikern vorgespielt habe, kam keine besonders euphorische Reaktion (lacht). Also habe ich die Kurz-Songs in Form von Intermezzos aufs Album gepackt.hitparade.ch: Auf dem Schilthorn littest Du unter Sauerstoffmangel, Du seist verpeilt gewesen, heisst es in Euren Unterlagen. Wie zeigte sich Deine Verwirrtheit?
Häni: In unserem Video zur Albumproduktion sieht man das sehr gut (lacht). Ich habe wenig geschlafen, fühlte mich wie in einem Film und dementsprechend kommunizierte ich eher simpel, um es mal so auszudrücken. Ich genoss es aber sehr auf dem Schilthorn. Ich war sehr aufs Projekt fokussiert. Wenn mir die Inspiration fehlte, machte ich einen Spaziergang durch die Berglandschaft, das war traumhaft. Ich bin so halb in den Bergen aufgewachsen, also fühlte ich mich rundum wohl dort oben. Back to Basics.hitparade.ch: "Rote Teppich" wird nach "Las Vegas, Sydney, Kapstadt" die nächste Single. Hast Du den Song für Anja geschrieben?
Häni: Ja, ich habe ihn für sie geschrieben. Und als ich ihn ihr vorgespielt habe, hat sie ihn noch verbessert. So nach dem Motto: Ich schenke Dir Blumen, Du kannst mir sagen, welche es sein sollen. (lacht). Aber wir sind schon so lange zusammen, da ist das tiptop so.hitparade.ch: An welchem Song des neuen Albums habt Ihr Euch am meisten die Zähne ausgebissen?
Häni: Ehrlich gesagt war es unter anderem "Rote Teppich". Den hätten wir um ein Haar gestrichen. Der Song gefiel uns zwar, aber wir hatten fünf Versionen und irgendwann fehlte der Durchblick. Bis mir Matthias Urech (Musiker von Troubas Kater und guter Freund der Band, Anm. d. Red.) sagte, dass es keine Rolle spiele, welche Version ich wählen würde, da der Song in seiner Basis gut ist. Auch der Song "John Travolta" stand ein wenig auf der Kippe, der hat sich immer wieder verändert. Und der Song "Money" erhielt mitten im Prozess plötzlich einen neuen Refrain. Aber das gehört halt zum kreativen Prozess dazu und ist für einen Song kein schlechtes Zeichen - im Gegenteil!hitparade.ch: Viele Menschen scheinen die Berner Mundartmusik unterstützen zu wollen. Die Groovefactory, das Tonstudio, das nun in Bern gebaut werden kann, hat auf Wemakeit in Rekordzeit mehr Geld als erwartet eingebracht. Habt Ihr (Troubas Kater, Halunke, Fusion Square Garden, u.v.m. daran geglaubt?
Häni: Dass das geklappt hat, ist wirklich der Hammer. Wir hatten uns im Troubas Kater Studio eingemietet. Leider wird der Raum in Zukunft anders genutzt und wir mussten uns gemeinsam auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten machen. In der Groovefactory, die von Matthias Urech betrieben, umgebaut und geleitet wird, entstehen zur Zeit neue Studio- und Proberäumlichkeiten für die Berner Szene. Ich freue mich sehr auf diesen neuen musikalischen Treffpunkt mit Freunden und bin Mätthu dankbar, dass er dieses Risiko auf sich nimmt und einen solch riesigen Aufwand betreibt!hitparade.ch: Bald geht Ihr auf Ponyhof-Tour. Mal als Band, mal als Trio. Könnt Ihr mehr dazu verraten?
Häni: Klar. Das sind zwei völlig unterschiedliche Programme. Mit der Band spielen wir Ponyhof-Songs und ein Halunke-Best-of. Es werden auch alte Songs präsentiert und man darf sich auf Überraschungen freuen. Beim Trio wird alles feiner, zerbrechlicher. Hier spielen wir ein paar ganz alte Songs, es wird mehr Platz für Geschichten geben und das Publikum wird auf Stühlen sitzen. Es kommt eher in der Form von Kleinkunst daher. Es wird ein Programm fürs Herz und für die Lachmuskeln. Wir freuen uns schon extrem darauf!Interview durchgeführt:
Bezzy
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Redaktion:
Bezzy
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