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Interview mit Ich + Ich

Foto: Felix Broede

Foto: Felix Broede

Ich + Ich hatten den ersten Auftritt in der Schweiz als Vorband von Reamonn an der dritten MotoMusicNight im Kaufleuten Zürich. Wir haben Adel Tawil kurz vor dem Auftritt einige Fragen gestellt.

hitparade.ch: "Gegensätze ziehen sich an" oder "Gleich und gleich gesellt sich gern" - was trifft bei euch zu?
Adel: Also auf alle Fälle Gegensätze ziehen sich an. Es gibt wohl kaum eine Band, in der es noch mehr Gegensätze gibt. Wir sind zu zweit und komplett unterschiedlich. Sie ist eine Frau, ich ein Mann, alt - jung, weiß - schwarz. Von der Musikrichtung war es auch sehr gegensätzlich. Am Anfang wussten wir nicht, was es werden wird, wenn wir ein paar Songs machen würden. Aber wie man sieht, hat es dann doch geklappt.

hitparade.ch: Ende der 90er warst du in Deutschland ein gefragter Boygroup-Star- wie hast du die Jahre zwischen "The Boyz" und "Ich + Ich" verbracht?
Adel: Das war ein zweischneidiges Ding. Auf der einen Seite habe ich die Bühne vermisst. The Boyz waren ja eher Glamour, das war mehr Fassade. Das hatte nicht wirklich was mit wirklichem Musikschaffen zu tun. Ich habe zwar auch Songs geschrieben und ich hatte auch wirklich Spaß, aber auf der anderen Seite war alles sehr, sehr viel, sehr, sehr schnell. Wir waren ja auch international unterwegs. Als 18-Jähriger war es schon ein heftiges Leben. Dann war das mit einem Mal weg und damit muss man dann erstmal klar kommen. Man muss sein Leben erst mal neu sortieren. Zum Glück habe ich nicht meine ganze Kohle auf den Kopf gehauen, sondern ich hatte mir dann schon mein erstes Studioequipment zugelegt. Somit habe ich dann zusammen mit Florian Fischer, der auch in der Band war, das Trackworks Productions gegründet. Also ein richtiges Musikstudio, in dem wir erste Musikkünstler produziert und Songs geschrieben haben. Wir haben uns also nur noch auf die Musik konzentriert.

hitparade.ch: Nur wenige konnten sich nach Ende ihrer Boygroup-Karriere im Musikbusiness bestätigen - wie ist das Gefühl, es doch geschafft zu haben? Je Zweifel gehabt?
Adel: Das war ja eher Zufall. Nur weil ich Annette getroffen habe, mache ich jetzt wieder was als Künstler. Ich mache Musik seit ich denken kann. Professionell eigentlich seit ich 16 bin, also in dem Sinne, dass man darüber nachdenkt, Platten aufzunehmen. Ich bleibe also in diesem Musikbusiness und da war es dann auch egal, dass sich die Boygroup aufgelöst hat. Ich habe ja als Produzent weiterhin Stücke geschrieben. Das war meine Arbeit und das ist sie heute noch. Ich + Ich und Adel Tawil als Künstler, das sehe ich nur als Bonus an. Meine Passion ist das Musik machen und das Musik schaffen und ich liebe es. Es gibt wirklich nichts Schöneres als dass man ein neues Talent, einen neuen Künstler, entdeckt.

hitparade.ch: Hast du noch Kontakt zu deinen Ex-Kollegen?
Adel: Ja! Der eine ist ja wie gesagt mein Partner. Mit dem habe ich ja das Studio. Stephano und Salvatore haben auch ein Studio, die haben im Filmbereich musikmäßig was gemacht. T-Soul nennt sich jetzt Tarééc und ist bei Bushido auf dem Label und wird dort sein Album veröffentlichen.

hitparade.ch: Was hast du denn, bevor du mit Annette zusammengearbeitet hast, von ihrer Musik gedacht, sie hat ja z. B. die Prinzen produziert?
Adel: Die Prinzen waren jetzt nicht so mein Ding. Ich war sowieso ganz klar auf HipHop aus. Das wollte ich immer machen. Ich wollte auch bei The Boyz auf gar keinen Fall singen. Das war das Allerschlimmste für mich, ich wollte nur rappen. Deswegen habe ich auch gar keine andere Musik angehört. Als ich dann Annette kennen gelernt habe, habe ich dann bei ihr im Plattenschrank schon mal geschaut, was sie so alles produziert hat. Wirklich beeindruckt war ich davon, dass sie Rio Reiser produziert hat. Die besten Stücke von Rio hat sie gemacht. Das fand ich wirklich sehr beeindruckend.

hitparade.ch: War das Projekt "Ich + Ich" anfangs als kurzfristiges Projekt geplant?
Adel: Ja. Wie das bei Projekten immer so ist, man weiß nicht, wie es läuft. Gerade bei dem hier wussten wir, dass Vorurteile kommen werden, es war einfach nicht klar, was die Leute denken werden. Wir waren auch nicht wirklich verwundert, dass unsere erste Single "Geht's dir schon besser" nicht wirklich funktioniert hat. Wir dachten erst, dass uns anscheinend keiner hören will. Mit "Du erinnerst mich an Liebe" hat es dann aber doch geklappt. Wir wollen ja durch die Musik mit den Leuten kommunizieren. Solange das funktioniert, solange die Leute das hören wollen, machen wir auch weiter.

hitparade.ch: Die erste Single "Vom selben Stern" vom aktuellen Album klingt ja weniger melancholisch als die ausgekoppelten Singles des Debüts - wolltet ihr bewusst eine andere Seite von euch zeigen?
Adel: Absolut. Ein neues und speziell das zweite Album ist für eine Band immer ein sehr schwieriges Album. Es hat ein enormer Druck auf uns gelastet und wir haben versucht, den so gut es geht von uns fernzuhalten. Man spürt ihn aber trotzdem. Auf der anderen Seite weiß man beim zweiten Album nun schon wie der andere tickt und was wem gefallen könnte. Man will diesen berühmten kleinen Schritt weitergehen, ohne emotional etwas zu verlieren. Wir haben beim neuen Album zum ersten Mal viel mit Sinustönen gearbeitet und Live-Musiker, dazu genommen. Deswegen ist es schon ein Unterschied zum ersten Album.

hitparade.ch: "Stark", die nächste Single, erhielt sehr gute Kritiken und ist bereits hoch in den Airplay-Charts eingestiegen. Wie schätzt ihr das Potenzial dieses Songs ein?
Adel: Das macht mir schon langsam etwas Angst. Die Airplay-Position ist so gut wie noch nie bei einem Ich + Ich Song vor Veröffentlichung. Dieser Song ist mein Lieblingssong. Bei dem Lied habe ich gedacht, dass er original über mich ist, als wenn Annette in meine Seele geschaut hat. Deswegen würde ich mir natürlich wünschen, dass es eine erfolgreiche Nummer wird und dass es möglichst viele Menschen erreicht. Darum geht es mir in erster Linie. Der Text ist, obwohl ich ihn nicht geschrieben habe, schon irgendwie autobiographisch. Jedes Mal, wenn ich den Song auf der Bühne singe, bekomme ich fast schon einen Kloß im Hals, weil wirklich alles stimmt.

hitparade.ch: Das Thema, welches ihr in diesem Song ansprecht, denkst du, dass das speziell nur für deine Branche zutrifft oder zählt es auch im normalen Leben?
Adel: Wohl wegen der Textzeile "aber ich steh nur hier oben und sing mein Lied"?! Für mich heißt das einfach, dass ich nur das mache, was ich gerade tue. Und das kann genauso auch was anderes außer singen sein. Damit kann einfach jeder gemeint sein, nicht nur in meiner Branche. Jeder muss wohl nach außen hin eine gewisse Stärke präsentieren und fühlt sich eigentlich innerlich einsam. Darum geht's in dem Song.

hitparade.ch: Einige eurer Songs beinhalten diskussionsreife Textzeilen, z.B. "...wenn Du mir nah sein willst, sei still und sitz ruhig neben mir..." aus "Ich atme ein, ich atme aus" oder "Du musst dich trennen von niemand, weil niemand auf dich scheißt..." aus "Dienen". Wie kann/soll man diese interpretieren?
Adel: Das "ich atme ein, ich atme aus" ist eher Annettes Song. Das ist so eine typische Nummer, die mir einfach ein Schritt zu weit ist und deshalb singt sie das auch. Bei uns gibt es immer Textzeilen, wo sich die Menschen dran stören können. Für "Dienen" mussten wir extra eine Radioversion aufnehmen, da war dann Arsch und Scheiße nicht mehr mit drin. Eine Sache, die ich von Annette gelernt habe ist, dass es bei Ich + Ich so ausgedrückt wird, wie die Sachen auch wirklich ausgesprochen werden. Gar nicht viele Metaphern und nicht drum herum reden, sondern möglichst nah beim Thema bleiben. Da gehört es einfach nun mal dazu, dass auch mal anstößigere Sachen dabei sind.

hitparade.ch: "Wenn ich tot bin" bezeichnest du ja als "das Härteste, was du je gesungen hast". Aufgrund der Lyrics oder wegen Ereignisse in deiner persönlichen Vergangenheit?
Adel: Nein, nicht aufgrund persönlicher Ereignisse. Da bin ich Gott sei Dank noch verschont geblieben. Wenn ich singe, dann singe ich immer mit Leib und Seele. Und wenn man dann die ganze Zeit singt "wenn ich tot bin", dann ist das schon komisch. Eigentlich ist der Song ja gar nicht so traurig. Aber wenn man sich dann vor Augen hält, dass man eben immer dieses Wort "tot" singt, das war für mich schon Hardcore.

hitparade.ch: Du hast bereits einen Nr. 1 Hit mit "Prison Break Anthem" zu Buche stehen - wie kam es zu diesem Projekt?
Adel: Das war Zufall. Ich kannte Azad schon, weil er auch bei Universal ist. Ich habe mir gedacht, es wäre eine feine Sache mit ihm was zu machen. Zufälligerweise kam dann von Fox Entertainment, die ja die Serie Prison Break haben, die Anfrage an Azad und er wollte mich dabei haben. Wir hätten niemals gedacht, dass das auf Nr. 1 geht. Ich freue mich für ihn doppelt. Sonst interessieren mich Chartpositionen eher weniger. Aber hier freut es mich natürlich ganz besonders.

hitparade.ch: Deine prominente Freundin Jasmin Weber (GZSZ) spielte bereits in mehreren eurer Videos mit. Wie sieht es mit einem Gastauftritt eurerseits in ihrer Serie aus?
Adel: Ich weiß nicht, ob ich für GZSZ schauspielerisch genügend begabt bin. Aber sie ist ja auch musikalisch begabt, macht ihre eigene Platte, vielleicht bin ich da dann mal in einem Video zu sehen.

hitparade.ch: Wie sieht bezüglich Ich + Ich deine Zukunft aus?
Adel: Zukunft ist ganz klar erstmal Deutschlandtour. Die Schweiz haben wir noch nicht im Programm, aber in Österreich sind wir noch. Aber deswegen bin ich ja jetzt hier, um hier in der Schweiz den Anfang einer Beziehung zu festigen. Ich freue mich auf alle Fälle jetzt hier zu sein. Die Tour mache ich ja auch ganz alleine. Annette ist höchstens als Gastauftritt mal in Berlin dabei, mal sehen, ob wir sie dazu bewegen können. Aber an sich ist Annette der Non-Performing Artist und das passt einfach auch. Dank der super Band und der super Show werden die Leute schon Spaß haben. Ende 2008 ist dann vielleicht noch ein Soloalbum von mir geplant.

hitparade.ch: Hier die aktuelle Top 10 der Schweizer Hitparade. Kannst du zu den Songs was sagen?

10. Plain White T's - Hey There Delilah
Adel: Monsternummer, das ist ein absoluter Hit. Das ist ja auch die aktuelle Nummer 1 in Deutschland.

9. 50 Cent feat. Justin Timberlake - Ayo Technology
Adel: Hammer-Track.

8. Fabienne Louves & Marc Sway - Hemmigslos liebe
Adel: Kenne ich nicht.

7. DJ Ötzi & Nik P. - Ein Stern (... der deinen Namen trägt)
Adel: An dieser Nummer kommt ja keiner mehr vorbei. Dabei habe ich mir auch immer gedacht, dass die den Titel von uns geklaut haben, war ja dann zweimal hintereinander etwas mit "Stern" in den Top-Ten.

6. Stress - On n'a qu'une terre
Adel: Von dem habe ich schon sehr viel gehört. Ich habe mir auch schon Sachen von ihm angehört. Begnadeter Rapper, echtes Supertalent. Und wie ich gehört habe, der erfolgreichste Schweizer Künstler und Rapper. Da bin ich mal gespannt, ob der nicht mal kurz nach Deutschland rüberschauen möchte.

5. Eros Ramazzotti & Ricky Martin - Non siamo soli
Adel: Sozusagen zwei Icons. Aber die Nummer kenne ich gar nicht. Muss ich aber auf jeden Fall mal reinhören. Einfach auch, weil man von Ricky Martin lange nichts gehört hat.

4. Britney Spears - Gimme More
Adel: Obwohl sie schon sehr strange ist, würde ich mir das Album mal anhören, es hat ja sehr gute Kritiken bekommen. Die Single finde ich ganz okay, aber nicht der typische Britney-Knaller.

3. James Blunt - 1973
Adel: Hammersong und wohlverdient auf Platz 3. Man hat ja förmlich drauf gewartet, was nach "You're beautiful" noch kommen könnte und mit "1973" hat er ein sehr schönes Stück nachgelegt.

2. Rihanna - Don't Stop The Music
Adel: Das ist gerade mein Ohrwurm, den ich die ganze Zeit singe.

1. Alicia Keys - No One
Adel: Sie sieht in diesem Video so geil aus, dass der 1. Platz verdient ist. Aber die Harmonien kenne ich auf jeden Fall, es klingt also irgendwie schon sehr bekannt.