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Interview mit Il Divo



Fotos: Walter Chin

Il Divo sind nach einer kurzen Pause zurück mit ihrem neuen Album "The Promise". Wir haben Urs Bühler, Sebastien Izambard, Carlos Marin und David Miller zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Vier verschiedene Muttersprachen und Heimatländer - wie habt ihr zusammengefunden und wie war schliesslich der Weg zu einer gemeinsamen Gesangsformation?
David: Simon Cowell brachte uns vier ursprünglich für ein Experiment zusammen. Dafür machte er eine Art Casting, wie wenn es um eine Oper-Show gehen würde. Carlos war der erste, Urs sang in London und Sebastian und ich bewarben uns beim selben Vorsingen in Paris. Beim ersten gemeinsamen Singen sollte sich dann schliesslich zeigen, ob das ganze funktioniert oder nicht. Wir wussten auch gar nicht, was für Songs wir singen werden und hatten keine Ahnung, wessen Stimme wo am besten passt. Dazu mussten wir entscheiden, in welcher Sprache wir singen wollten, darum haben wir mehrere Songs in drei verschiedenen Sprachen eingesungen. Der Entscheid feil schlussendlich auf Italienisch und Spanisch, welche uns am einfachsten erschienen, weil die vielen Vokale unserem bisherigen Operngesang ähnelten. Wir singen aber auch in Französisch und Englisch.
Urs: Und Portugiesisch!
David: Ah ja, in Portugiesisch haben wir auch ein Lied. Sieben verschiedene Sprachen bei vier Personen. Das ist die Geschichte, kurz gesagt.

hitparade.ch: Optisch verdrängt ihr die 3 Tenöre natürlich. Welchen Anteil denkt ihr hat das Äussere an eurem Erfolg und wie wichtig schätzt ihr dieses Merkmal generell in der klassischen Musik ein?
(Alle lachen)
Urs: Ich denke, dass klassische Musik immer wichtiger wird. Das war nicht immer so! Domingo antwortete auf die Frage "Wenn ein Tenor wunderbar singen kann, aber aussieht wie Pavarotti, würden sie ihn anstellen oder nicht?", dass es in der Oper um die Musik, den Gesang und die Stimme gehe. Das seien die entscheidenden Kriterien.
Meiner Meinung nach ist das Aussehen eines Opernsängers heute wichtiger als noch vor zwanzig oder dreissig Jahren. Il Divo ist jedoch mit dem was wir tun eher eine Popband, auch wenn drei von uns klassisch geschult wurden. Natürlich haben auch wir als Popband einen gewissen Style, den die Leute mit uns in Verbindung bringen. Anfangs trugen wir Sneakers und Jeans, aber das passte irgendwie einfach nicht zu unserer Musik.

hitparade.ch: Wie lassen sich eigentlich eure Fans charakterisieren?
Sebastien: Grundsätzlich überall auf der Welt sehr verschieden. In lateinischen Ländern zum Beispiel sind es sehr viele junge Leute. In der Schweiz weiss ich es nicht genau, aber ich würde sagen ähnlich wie in England, etwa von Mitte dreissig an aufwärts.
Als wir mit Barbra Streisand auftraten, kam nach der Show eine gehörlose, ältere Frau zu uns und sagte, sie hätte die Vibrationen unserer Stimmen gespürt. Das überraschte mich sehr und war ein berührender Moment.
Ich denke Il Divo gefällt wirklich vielen verschiedenen Leuten. In Japan zum Beispiel sind unsere Fans eher jünger. Was sie jedoch alle gemeinsam haben ist, dass sie sehr treu sind - hoffentlich auch bei unserem neuen Album "The Promise"!

hitparade.ch: Welche Voraussetzungen muss ein Pop- oder Rock-Song erfüllen, damit er von Il Divo das "klassische Gewand" erhält?
Carlos: Meiner Meinung nach können wir beide Musikrichtungen singen. Wir haben schon so viele verschiedene Dinge ausprobiert. Doch manchmal passt es einfach nicht, das kommt immer auf die Melodie und Harmonien der Lieder an. Zum Beispiel sind wir an "Everybody Hurts" von R.E.M. gescheitert, obwohl wir am Anfang dachten, dass es klappt.
Urs: Genau. Am Anfang können wir das jeweils noch nicht so klar sagen. Bei "A Moment Like This" dachten wir zu Beginn auch, er wäre etwas für uns.
Carlos: Oder bei "I Believe I Can Fly".
Urs: Ja. Wir können auch nicht unbedingt sagen, warum gewisse Songs einfach nicht funktionieren.
David: Beim ersten Album war es wahrscheinlich am einfachsten. Damals hatten wir noch keine grosse Vorgaben und Orientierungshilfen und konnten frei ausprobieren. Bei "Unbreak My Heart" funktionierte es zum ersten Mal, dass unsere vier Stimmen wirklich gut harmonierten und wir sagen konnten "Doch, das ist etwas Neues und hört sich einzigartig an!".
Sebastien: Lieder mit zu viel Text oder zu schnellem Tempo funktionieren im Normalfall eher schlecht. Dann stimmen die Harmonien nicht mehr.

hitparade.ch: Hört ihr privat auch eher klassische Musik?
Carlos: Hm.. Ja. Wenn wir überhaupt Zeit dafür finden. (alle lachen) Momentan mag ich als Bariton Wagner ganz besonders. Keine Ahnung warum. Ich habe eigentlich eine Tenor-Mentalität und würde gerne hohe Töne singen. Leider macht das meine Stimme nicht mit.
Oft höre ich aber auch unsere eigenen Songs. Vor allem die Neusten, weil ich sie noch gut lernen muss.

hitparade.ch: Reizt es euch, eure Musik mit Hip-Hop-, Elektroelementen oder anderen Musikstilen zu kombinieren?
David: Ich höre oft Techno, aber ich denke nicht, dass es gut zu unserer Musik passen würde. Wir sind jetzt schon nicht typisch klassisch, sondern bezeichnen uns wie gesagt eher als Popband. Bei manchen Songs sind aber auch andere Einflüsse erkennbar. Zum Beispiel bei "Hallelujah" mit der elektrischen Gitarre. Zum Teil sind einige Songs von uns jedoch mit elektronischen Klängen untermalt, zum Beispiel um wärmere Töne zu erzeugen.
Sebastien: Wir haben einen unveröffentlichten Remix von "Unbreak My Heart", den find ich total cool! Für solche Dinge sind wir schnell zu begeistern. Wenn also jemand tolle Ideen hat, könnte ich mir weitere Mixes sehr gut vorstellen!

hitparade.ch: Hättet ihr diesen enormen kommerziellen Erfolg weltweit erwartet?
Urs: Nein, haben wir nicht. Wir dachten anfangs eher, das sei ein Projekt für vielleicht ein Jahr oder so. Ich habe nicht an den Erfolg geglaubt! Unser erstes Album erreichte Platz eins in den Charts, damit hat erst recht niemand von uns gerechnet. Inzwischen belegen wir sogar bereits einen ganzen Raum mit Gold und Platin Auszeichnungen. (alle lachen)
Il Divo könnte man eigentlich als ein gelungenes Experiment bezeichnen.
Sebastien: Wenn wir ein neues Album veröffentlichen, ist das für uns immer wie beim ersten Mal. Auch bei "The Promise" wissen nicht im Voraus, ob die CD erfolgreich sein wird oder nicht. Wir können nur hoffen, dass unsere Fans unsere Musik weiterhin hören möchten!

hitparade.ch: Paul Potts ist der nächste Star aus dem klassischen Segment, Klassik dringt also schon in Casting-Shows vor. Was haltet ihr hiervon und von ihm persönlich?
Davide: Paul Potts ist ein Phänomen. Niemand konnte das prophezeien. Bei "Britain's Got Talent" nahmen so viele verrückte Leute teil. Und dann kommt dieser Mann, mit seiner speziellen Lebensgeschichte und singt "Nessun dorma" voller Liebe zur klassischen Musik. Eine unglaubliche Geschichte!
Ich denke, dass es heute gut möglich ist, als Talentshow-Gewinner Erfolg zu haben. Aber es ist gefährlich für die Musik-Mentalität, weil dann nicht mehr die gleiche Strebsamkeit und Arbeit dahinter steckt.

hitparade.ch: Wie geht es mit Il Divo weiter - handelt es sich um ein Projekt, welches auf unbestimmte Zeit geplant ist?
Sebastien: Nach "The Promise" steht eine Tour auf dem Programm. Im April werden wir auch in der Schweiz auftreten, das genaue Datum weiss ich jedoch noch nicht.
Ob wir ein weiteres Album aufnehmen wissen wir momentan noch nicht, je nachdem ob wir dann Lust dazu haben oder nicht. Bis 2009 sind wir also sicher noch sehr beschäftigt.

hitparade.ch: Ihr seid gemeinsam mit Barbra Streisand auf Tour gegangen - hattet ihr die Möglichkeit, sie näher kennen zu lernen?
Urs: Ja, ein bisschen, vor allem während den Proben. Es war eine riesige Ehre für uns, sie zu treffen, wir fanden es total cool mit ihr auf der Bühne zu stehen. Sie ist eine bewundernswerte, vielseitige Frau mit grossem Erfolg. Lustigerweise, erzählte uns der Bühnenchef, dass sie auch ein wenig nervös war, uns zu treffen, weil wir vier junge, gutaussehende Männer seien.

hitparade.ch: In den ersten Jahren habt ihr relativ viele Alben hintereinander veröffentlich. In den letzten beiden Jahren keines mehr. Warum?
Carlos: Wir machten eine Pause, weil wir uns zum Teil wie in einer Fabrik vorkamen - ein Album nach dem Anderen.

hitparade.ch: Wer wäre eurer jeweiliger Wunsch-Duett-Partner?
Sebastien: Da gibt es viele Leute…
Urs: Das kommt wohl auch auf unsere individuellen Vorlieben an.
Sebastien: Tina Turner, zum Beispiel.
Peter: Das ist eine schwierige Frage. Wir sind ja bereits vier Leute und da noch jemanden zu finden, der zu uns passt ist nicht einfach. Amy Winehouse wäre sicher nicht schlecht, auch wenn sie eine total verrückte Frau ist. Sie hat eine tolle Stimme. Mit Barbra Streisand, Céline Dion und Toni Braxton arbeiteten wir ja bereits zusammen. Interessant wäre vielleicht auch, mit neuen, noch unbekannten Künstlern zu singen.
Sebastien: Entscheidend für ein Duett ist auch der Song. Der ist meiner Meinung nach sogar noch wichtiger als der Partner. Zuerst muss ein gutes Lied da sein und dann können wir erst jemanden suchen, der dazu passt. Anders herum funktioniert es fast nicht.
Interview durchgeführt: Kurt Kovac, Jim Kaufmann