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Interview mit Isabelle Flachsmann





Mit dem Titelsong der deutschen TV-Serie „Alles ausser Sex“ gelang Isabelle Flachsmann der Sprung in die deutschen Charts. Wir unterhielten uns mit ihr über ihre musikalischen Ziele, moderne Frauen und Mundart-Pop.

hitparade.ch: In deiner Biografie wird mehrfach auf dein Durchsetzungsvermögen und auf deine toughe Persönlichkeit hingewiesen, ebenso der Song "Wir sind keine Engel spiegelt dies wider - hast du in deinem Leben stets kämpfen müssen um deine Ziele, auch in musikalischer Hinsicht, zu erreichen und deine Meinung durchzusetzen?
Isabelle: Ja eigentlich hab ich für die meisten Sachen in meinem Leben ziemlich hart kämpfen müssen. Es war meistens so, dass man mir gesagt hat: "Nein, das kannst du nicht machen", dann hab' ich es aber erst recht machen wollen. Ich habe beispielsweise relativ früh mit Ballet angefangen. Da hat man mir gesagt, dass meine körperlichen Voraussetzungen nicht geeignet dafür seien. Das ist dann alles irgendwie in diesem Stil weitergegangen, aber ich habe gedacht, wenn du etwas gern machst und du dran glaubst, dann ist es wichtig, das Ziel weiterzuverfolgen. Ich würde mich vielleicht als "sanfte Kämpferin" bezeichnen. Es ist nicht so, dass ich mit dem Brecheisen durch die Welt schreite.

hitparade.ch: Du wirst zu Recht als Weltbürgerin bezeichnet, unter anderem hast du ja in den USA Schauspiel-, Show- und Musical-Erfahrungen gesammelt. Inwieweit hat dich diese Zeit geprägt und verändert, sowohl in persönlicher als auch musikalischer Sichtweise?
Isabelle: Durch das Musical hab ich viele verschiedene Arten von Musik gehört, weil es im Musical selbst verschiedene Ären gibt. Ich hab auch selber einen sehr variierten Musikgeschmack, ich höre nicht nur eine Stilrichtung. Das Musical hat mich wahrscheinlich auch so ein wenig geprägt, dass ich dort eine Gesangsausbildung gemacht habe und gemerkt habe, dass es mir nicht mehr so gefällt, da es eher eine technische Art von Singen ist. Früher habe ich Whitney Houston und Céline Dion gehört und heute höre ich z. B. White Stripes. Über die Jahre hat sich mein Interesse dahingehend verlagert, dass ich den Ausdruck und die Fähigkeit Gefühle beim Singen zu vermitteln über die Beherrschung etlicher Oktaven und Tonleitern auf- und absingen stelle.

hitparade.ch: Einige Stars beeindrucken aufgrund ihrer Stimme, andere wegen ihres Tanzvermögens, wieder andere verdanken ihren Erfolg dem Aussehen (oder irgendwelchen Skandalen). Was siehst du als deinen größten Pluspunkt an?
Isabelle: Ich möchte mit meinen Songs den Zuhörern ein positives Lebensgefühl vermitteln. Durch meine tänzerische Ausbildung habe ich körperlich einige Möglichkeiten. Ich möchte das aber nicht auf eine "abgedroschene" Art einsetzen, die dann einer Britney Spears-Choreographie ähnelt. Natürlich macht Britney super Videos, aber der Tanzstil und die Bewegungen entsprechen dem Großteil der heutigen Musikclips. Ich möchte daher eine andere Art von Bewegung reinbringen. Meine Stärke ist vielleicht, dass ich mich vor Publikum wohl fühle…. Hmmm, ich frag mich eigentlich nicht, was meine Stärke ist, ich mach' einfach (und lacht).

hitparade.ch: Welche Bedeutung hat es für dich und den Song "Wir sind Engel", dass er als Titelsong zur TV-Serie "Alles außer Sex" ausgewählt wurde?
Isabelle: "Wir sind keine Engel" passt relativ gut zu der Serie. Das ist für mich ein Mega-Pluspunkt gewesen, dass ich einen Titelsong für eine Serie machen durfte. Da hat man automatisch ein Riesen-Publikum. Als Newcomer ist es extrem schwer, dass der Song im Radio oder auf VIVA gespielt wird. Das hilft einem enorm.

hitparade.ch: Bist du der Meinung, dass der Typ "Frau" (beruflich sehr erfolgreich und trotzdem "nur" Männer und Sex im Kopf), wie er in "Sex And The City" und "Alles außer Sex" dargestellt wird, die Idealverkörperung für die Frau im neuen Jahrtausend ist?
Isabelle: Die Frauen widerspiegeln die extremen Aspekte von den modernen Frauen. Im Laufe der letzten Jahre hat sich ergeben, dass eine Frau offen über Sex reden kann und nicht grad als Flittchen abgestempelt wird, dass eine Frau ihre Ansprüche stellen kann und ernst genommen wird, sexy sein kann und auch was auf dem Kasten hat. Eine Frau muss nicht mehr entscheiden zwischen "ich bin jetzt gescheit und ziehe mir einen Kartoffelsack über den Kopf" oder "ich bin sexy und ein Dummchen".

hitparade.ch: Sind deiner Meinung nach die Startvoraussetzungen einer Frau im Musikbusiness sehr unterschiedlich verglichen mit denen eines Mannes?
Isabelle: Das weiss ich jetzt nicht. Aber in den letzten Jahren hat sich ein extremer Trend ergeben, dass viele Frauen an der Spitze der Charts stehen, dass Frauenmusik geschätzt und gemacht wird, früher war Rock-Musik eher eine Männerdomäne. Bei Bands ist's immer noch so, aber bei Solo-Künstlern sieht man, dass bei den Top 10 Artists mind. 50% weiblich sind.

hitparade.ch: Mit Uwe Fahrenkrog-Petersen und Steve Van Velvet (Falco, Yvonne Catterfeld) hattest du zwei sehr erfolgreiche Songschreiben mit an Board - planst du auch in Zukunft eine Zusammenarbeit mit den Genannten oder anderen bekannten Songschreibern/Produzenten?
Isabelle: Eigentlich ist es so, dass ich mit Warner meinen Deal bekommen habe mit einem Song, den ich selber geschrieben habe. Ich möchte nicht nur schöne Töne machen, ich möchte auch etwas mit den Texten aussagen. Das ist natürlich toll, wenn man als Songwriter solche Kaliber wie Uwe Fahrenkrog oder Steve Velvet hat, aber es macht auch extrem Spass, wenn man eigene Texte und eigene Songs singen kann und das liegt mir auch am Herzen, dass auch auf dem Album Songs da sind, die von mir kommen.

hitparade.ch: Deutscher Pop/Rock, speziell gesungen von Frauen, liegt derzeit in Mitteleuropa voll im Trend - hat dies deine Entscheidung, auch diese Musikrichtung einzuschlagen, wesentlich beeinflusst?
Isabelle: Ich habe mit englischen Texten angefangen und dann gemerkt, dass da nichts Originelles mehr kommt, weil der Reim schon 10'000x abgelutscht und abgedroschen worden ist. Dann habe ich auch schweizerdeutsche Songs versucht, das ging relativ gut, aber ich habe mich ein wenig limitiert gefühlt. Die deutschen Sachen haben mir am meisten gefallen.
So etwas dauert immer Jahre. Für den Deal mit Warner habe ich praktisch ein Jahr gekämpft. Inzwischen sind Silbermond, Juli, Juni und August rausgekommen (lacht). Für mich ist es ein extremer Pluspunkt, dass die Bands so erfolgreich waren. Darum hat man mir wahrscheinlich einen Deal gegeben, weil man gesehen hat, dass diese Musik Erfolg hat. Auf der anderen Seite ist die Gefahr, dass man einem vorwirft auf der neuen deutschen Welle zu reiten.

hitparade.ch: Könntest du dir vorstellen, in Mundart oder Englisch zu singen, zumal Hochdeutsch "eher untypisch" für Schweizer Musiker ist?
Isabelle: Auf dem Album wird's sicher nur deutsch sein. Ich habe mir überlegt, ob ich als Landesverräter betrachtet werde, wenn ich jetzt deutsch singe, weil ich eine Schweizerin bin. Es ist komischerweise anders, wenn man englisch singt, dort wird das als selbstverständlich angeschaut. Für mich wär's auch kein Problem, auf Englisch zu singen. Ich habe viel Zeit in den Staaten verbracht. Man weiss nie, es kann irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo ich englisch oder schweizerdeutsch singen werde. Es gibt super Schweizer Musik, ich würde ein Duett mit einem Schweizer Künstler nicht ausschliessen, das wäre sicher geil. Aber meine Haupt-Ausdrucksmöglichkeit sehe ich sicher im Deutschen.

hitparade.ch: Mit "Wir sind keine Engel" konntest du dich auch in den deutschen Charts platzieren, was nicht vielen Schweizer Künstlern gelingt. Ist es für dich Motivation oder Druck, diesen Erfolg in weiterer Folge bestätigen zu müssen oder sollen? Wie sehen hierfür deine Pläne aus?
Isabelle: Für mich ist es v.a. eine Motivation. Das ist mega-geil, dass ich in den deutschen Charts gewesen bin, dass man meinen Namen dort in den Charts sieht. Aber was lustig ist, dass ich mich fast mehr gefreut habe, als ich in die Schweizer Charts eingestiegen bin, das ist irgendwie die Heimat und bedeutet außergewöhnlich viel. Es ist natürlich immer ein Druck da, das ist klar, speziell im Musikbusiness bist Du an einer sehr kurzen Leine, du musst einen gewissen Erfolg aufweisen können, sonst bist Du weg vom Fenster. Es ist eine extreme Kurzlebigkeit da. Es ist total wichtig, dass man sich am Anfang etablieren kann um weitermachen zu dürfen.

hitparade.ch: Erkennst du irgendwelche Parallelen zu Marc Sway oder Patrick Nuo, die auch versuchten in Deutschland durchzustarten?
Isabelle: Parallelen höchstens bei Patrick Nuo, dass wir bei der gleichen Plattenfirma waren. Ich glaube, wenn man deutsche Musik macht, ist es wichtig nach Deutschland zu gehen. Es ist super diesen Markt zu haben, denn so kann ich mehr Leute ansprechen. Man kann es auch hier versuchen einen Deal zu bekommen, aber ich denke, dass es hier extrem schwer ist, ausser du machst bei MusicStar mit oder produzierst alles selbst und hast eine eigene Band. Ich denke, dass es heutzutage extrem darauf hinausgelaufen ist, dass du alles selbst machen musst.

hitparade.ch: Du hast MusicStar erwähnt. Casting Shows sind nun bereits seit einigen Jahren fixer Bestandteil der Musikwelt - hat es dich selbst jemals gereizt an einer solchen teilzunehmen?
Isabelle: Eigentlich überhaupt nicht. Ich finde es schrecklich, wenn man sich so aufs Glatteis als Künstler begeben muss - einen Song singt und auf kreative Art heruntergemacht wird. Das ist beim Musical für mich auch schwer gewesen. Da war der unerwünschte Nebeneffekt, dass man sich immer wieder vorstellen und mit 100'000 vorsingen muss und einfach eine Nummer ist. Ich wünsche aber jedem viel Glück und wünsche, dass er das als Sprungbrett nutzen kann und für sich etwas aufbauen kann. Für mich wäre es nicht der richtige Weg gewesen.

hitparade.ch: Du warst bei Marco Rima's Hank Hoover-Musical engagiert. Planst du in der Zukunft ähnliche Aktivitäten und bist du mit Marco noch in Kontakt?
Isabelle: Ich hab mit Marco Rima noch ziemlich häufig Kontakt, wir wohnen beide in Zug. Konkret haben wir aber nichts geplant, das wir in nächster Zukunft zusammen machen werden. Aber es ist so, dass ich im letzten Jahr gewusst habe, ich kann nicht auf 100 Hochzeiten tanzen und ich kann nicht bei vielen Shows und Musicals dabei sein, sondern habe mich nur auf den Deal und die Musik konzentriert, und habe andere Arrangements, die ich angeboten bekam, nicht angenommen. Wenn irgendwas Interessantes in Zukunft mit Marco Rima wäre, fände ich das natürlich cool.

hitparade.ch: Verfolgst du auf deinem im Frühjahr erscheinendem Album den gleichen Stil wie auf der Vorab-Single? Wovon werden die Songs handeln?
Isabelle: Es wird auf jeden Fall sehr vielseitig werden. Mir ist total wichtig, dass nicht 12x "Wir sind keine Engel" drauf ist. Ich find' es super, wenn ein Album vielseitig ist. Es ist cool, wenn es Wiedererkennungswert hat, außerdem soll bei einem Album nicht nur ein Stil die ganze Zeit wiederholt werden. Es wird auf dem Album verschiedene Arten von Deutsch-Pop/Rock geben. Vom Text her geht's ziemlich viel um die Liebe und hat ziemlich oft einen bitter-bösen Touch, aber auch einen humoristischen.

hitparade.ch: Traditionsgemäss legen wir unseren Interviewpartnern die aktuelle Top 10 der Singlecharts vor. Kannst Du diese kommentieren?

10. Tic Tac Toe - Spiegel
Finde ich ganz cool. Ich wäre natürlich lieber auf der 10 als Tic Tac Toe (lacht). Das Comeback hat mich positiv überrascht, ich finde den Song cool.

9. 50 Cent - Window Shopper
Er gibt bessere Tracks, dieser geht mir irgendwie auf den Keks. Ist halt wieder ein Sample und 50 Cent drüber mit Olivia im Video. Ich finde, der 50 hat gute Songs, aber das ist nicht mein Favorit.

8. Mary J Blige - Be Without You
Geiler Track, super geile Stimme, die Frau ist live der Hammer.

7. Eminem - When I'm Gone
Super, er ist der Homer der HipHop Szene, erzählt coole Geschichten, ist sehr persönlich, bringt sich selbst und sein Privatleben ein, berührt einen total. Bei dem Song weiss man nie, was als nächstes passiert. Es ist wie ein Krimi.

6. Pussycat Dolls - Stickwitu
Sehr hübsch, halt RNB, finde ich fast besser als Don't Cha. Sehr schöne Stimmen.

5. Black Eyed Peas - My Humps
Den Song fand ich ziemlich nervig, aber das Video fand ich geil, ist eine tolle Band. Die Frau hat den Sex-Appeal gepachtet, das macht das Lied automatisch cool. Es erinnert ein wenig an Gwen Stefani mit Hollaback Girl mit sparsamer Begleitung und sprechmässigem Gesang.

4. Melanie C - First Day Of My Life
Sehr schöne Ballade, total coole Frau, habe sie schon zweimal getroffen. Sie ist total nett und auf dem Boden geblieben. Ich finde sie super und es ist schön, dass sie so großen Erfolg mit dem Song hat.

3. Xavier Naidoo - Dieser Weg
Xavier kann das Telefonbuch singen und es ist geil. Die Lyrics finde ich nicht besonders, der Song gefällt mir auch nicht unbedingt so gut, aber der Xavier hat eine einzigartige Stimme, darum kann man ihm auch zuhören, wenn er einfach nur acapella singt.

2. Madonna - Hung Up
Finde ich mittlerweile sehr gut, fand ihn am Anfang ein wenig nervig. Ist ein Hammer, dass sie in ihrem Alter noch solche Videos drehen kann und sich nicht einschränken lässt. Es besteht eine Diskriminierung, denn wenn du über 20 bist in diesem Business, stehst du praktisch schon mit einem Bein im Grab. Sie beweist aber das Gegenteil. Bei den Rolling Stones sagt man auch nicht: "Geht nach Hause!"

1. Mattafix - Big City Life
Habe ich jetzt das erste Mal am Radio gehört und hab gedacht, "was, macht der Song in den Charts?" Seltsamer Song. Das ist einer der Songs, wenn man ihn das erste Mal hört, denkt man "ja okay", aber mit jedem Mal hören findet man ihn geiler. Die Typen sind auch schwer in Ordnung und finde es schön, dass sie auf der 1 sind.