Interview mit Krokus

Krokus - Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust
1. Long Stick (Live)
2. Hallelujah Rock 'N' Roll (Live)
3. Go Baby Go (Live)
4. AM Woman (Live)
5. Tokio Nights (Live)
6. Fire (Live)
7. Rock City / Betta Than Sex / Dog Song (Live)
8. Screaming In The Night (Live)
9. Hellraiser (Live)
10. Bedside Radio (Live)
11. Easy Rocker (Live)
12. Heatstrokes (Live)
13. Live For The Action (Live)
14. Hoodoo Woman (Live)
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Solch langlebigen KROKUS gibt es sonst nur im TV-Garten und aus Plastik. 39 Jahre hat es auf dem Buckel, das immer noch blühende Rockpflänzchen aus Solothurn, das die ganze Welt gesehen hat.
Eine atemberaubende Karriere mit Sonnenschein und Schatten, Erfolg und Niederlage, Ups and Downs. Aber nichts kann sie unterkriegen - wen wundert es dann, dass die 6 Herren auch 2013 und 2014 die Bühnen rocken und es krachen lassen?
Wie es richtig gemacht wird, zeigen sie mit dem aktuellen Live-Album "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust": Kraftvoll, energiegeladen, satt, saftig, poundig - live! Hart und ungeschliffen. Kurzweilig und intensiv. Stimmung pur. Mal offensiv, mal melancholisch, aber immer 100% Rock.
Passend zu den ersten warmen Frühlingstagen, zur Eröffnung der Grill-Saison, bei einem kühlen Bier und mit viel Vorfreude auf die diesjährige Fussball-WM in Brasilien, kann man ab dem 21. März den Klängen von "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust" lauschen!
Die Musik von KROKUS ist wie geschaffen für schweisstreibende Live-Shows und ihr Back-Katalog ist gespickt mit Hits ohne Ende.
Nach dem erfolgreichen Album "Dirty Dynamite" schnitten KROKUS einige Shows ihrer "Close Contact Dög"-Tour 2013 mit und so entstand das erste KROKUS-Live-Album mit Chris von Rohr, dem Gründer der Band, dem Produzenten und Bassisten.
Tatort: Kulturfabrik "Kofmehl" in Solothurn, 30. August 2013!
hitparade.ch traf Chris von Rohr zum Interview.

hitparade.ch: Dies ist also die erste Krokus-Live-Scheibe mit Chris von Rohr mit an Bord - welche Bedeutung hat das für dich? Schliesst sich der Kreis, denn in deinem legendären "Hunde wollt ihr ewig rocken"-Buch schriebst du vor über 20 Jahren, dass du mit Krokus um 1981 gerne ein Live-Album herausgehauen hättest. Ist das nun die Ziellinie?
Chris: Absolut. Für mich ging ein Traum in Erfüllung. Seit der Reunion 2008 hatte ich dies im Hinterkopf. Schlicht und einfach, weil es das ultimative Krokus-Live-Album bis dahin noch nicht gab und Live-Alben einfach noch mehr rocken als Studio-Alben - das war schon immer so. Das, was aber wirklich zählte, war, mit dieser neuen, erweiterten Formation all diese Songs an einem magischen Abend einzufangen. Das war das Ziel. Wir wollten das wahre Krokus-Feeling, das wahre Krokus-Live-Album - das eben nur mit dieser Formation so zu bewerkstelligen war - bringen. Und nicht nur alte, grosse Songs, sondern auch die neu entstandenen Songs, die sich seit 2008 fest etabliert haben mit im Gepäck. Zum Glück ist es uns gelungen! Ausländische Journalisten sprechen gar vom besten Krokus-Album aller Zeiten. Ich würde sagen, das kraftvollste, verspielteste und schweisstreibendste auf jeden Fall. Wir sind alle extrem happy mit dem Resultat.
hitparade.ch: Für dich als Produzent und Perfektionist - was waren die Kriterien für das Album, worauf hast du besonders Wert gelegt?
Chris: Die Messlatte war hoch. Ich wollte mit den Boys schlicht das Album abliefern, das man überall auf der Welt hinlegen kann mit der Anmerkung: DAS IST KROKUS! Jeder Fan dieser Musikrichtung wird sofort verstehen, worum es bei Krokus geht. Natürlich musste der Flow auf dem Album stimmen, wie aus einem Guss sein. Daran haben wir im Vorfeld gearbeitet. Dazu wollte ich beide Seiten von Krokus deutlich zeigen: Also die "dreckige" Powerrotz-Riffseite aber auch die verspieltere, lyrische Richtung, die wir mit "Fire", "Tokyo Nights", "Easy Rocker" oder "Screaming In The Night" und ein paar lockeren Jam-Einlagen bringen.
hitparade.ch: Die Aufnahme entstand auf der "The Close Contact Dög-Tour 2013", genauer gesagt im Solothurner "Kofmehl". Warum gerade da?
Chris: Krokus haben in den letzten knapp 40 Jahren über 2'000 Konzerte gespielt, davon nahmen wir in den letzten 4 Jahren an die 20 Shows auf. Letztendlich haben wir uns klar für das "House of Rust-", wie wir das Kofmehl nennen, Konzert entschieden, denn da kam wirklich alles zusammen. Die Band war an diesem Abend in absoluter Hochform, diese Holz-Bühne tönt unschlagbar und das Publikum war sensationell. Es gibt ja solche und solche Abende, aber da passte wirklich alles zusammen. Euphorie pur!
hitparade.ch: Musste nachgebessert werden?
Chris: Das war zum Glück an diesem Abend nicht nötig. Es gibt ja einen Haufen Live-Alben, da wurde im Studio mit einem Riesenaufwand herumgedoktert, dass es schlussendlich fast wie eine Studio-Platte tönt. Da haben wir uns bewusst sehr zurückgehalten, sonst geht dieser bestimmte rotzige Spirit verloren - darauf habe ich besonders geachtet. Wir haben nur einige wenige Kleinigkeiten ausgebessert, hauptsächlich bei den Chor-Gesängen, die kamen ein paar Mal in der Hitze des Gefechts zu sehr Keith Richards- oder Lemmy-mässig (lacht). Die zu langen Sing Along-Passagen mit dem Publikum wurden gekürzt und 2-3 verstimmte Gitarren ersetzt. Ansonsten ist es genau das, was du bekommst, wenn du an einem Krokus-Konzert am besten Soundplatz - nämlich auf der Bühne - stehst. Richtig viel Zeit haben Dennis Ward und ich uns beim Mischen genommen. Wir wollten einfach einen perfekten, natürlichen, analogen Sound und nicht einfach komprimieren und laut machen, bis alle Dynamik verloren geht.
hitparade.ch: Das Konzert war zugunsten einer Kinderstiftung; was war die Idee dahinter?
Chris: Fernando und ich unterstützen bereits seit Jahren die Kenyan Children Help; eine gute Non Profit Organisation, die verwahrlosten Kindern in Afrika hilft. Wir kennen da die Macher und wissen, dass das Geld auch wirklich zu den Kids kommt und in diese Schule fliesst. So fanden wir es logisch, etwas von unserem schönen Erfolg letztes Jahr weiterzugeben. Die Band unterstützt auch die Stiftung Theodora "Clowns for Kids"; eine Organisation, die schwer kranke Kinder in Spitälern mit Clowns aufmuntert. Dass dann ausgerechnet dieser Abend das Rennen für's Live-Album machte, hat uns doppelt gefreut…
hitparade.ch: Wunderbar! Solche Taten sollte es häufiger geben!
4 der neuen Songs haben es auf das "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust"-Album geschafft - allgemein empfinde ich die Setlist als überragend und dennoch überraschend. Zum Beispiel hätte ich nicht mit der 2009er Hockey-Hymne "Live For The Action" gerechnet.
Chris: Die gab es bis jetzt nur als Spezial-Edition für die Hockey-Freaks. Wir spielen den Song einfach gerne, weil er so diesen brutal einfachen "Neandertal-Cornet-In-Your-Face"-Beat hat: Einfach voll in die Fritte. Ein wunderbarer Zugaben-Song mit starkem Hook und der Botschaft: Bewegt euch, Freunde, bewegt euch, es gibt ein Leben vor dem Tod! Den mussten wir einfach mit drauf nehmen. Somit sind 5 neue Songs auf diesem Album, was ein guter Mix ist von Evergreen und Newergreen.
hitparade.ch: Die Tour führte euch durch einige Länder: Frankreich, Schweden, Deutschland - wie sind deine Erinnerungen und Gefühle an das Jahr 2013?
Chris: Es war ein wunderbares Jahr für uns. Überall begeisterte Fans und ausverkaufte Shows - das war mehr als wir erwarteten. Die Band hat sich nach der Reunion 2008 warm gespielt, und das spürten auch die Fans, die vielleicht noch gewisse Vorurteile hatten, ob das Ganze überhaupt hält und ob wir es wirklich ernst meinen. Für uns war 2013 ein absolutes Volltrefferjahr.

hitparade.ch: Was sich eingefleischte Krokus-Fans auch immer fragen, und du hast die Möglichkeit jetzt ein offizielles und gewichtiges Statement dazu abzugeben: Wird das legendäre, aufgezeichnete Hallenstadion-Konzert von 1982 jemals veröffentlicht oder bleibt das unter Verschluss? Und, gibt es von neueren Shows einmal eine Live-DVD?
Chris: Um diese Mär endgültig zu klären: Die TV-Aufnahmen lagen immer beim welschen TV, welches das Ganze aufzeichnete. Das einzige, was ich gemischt habe 1982, war der Sound. Das taten wir in 2 Tagen im Sinus-Studio zu Bern. Was danach passierte mit den Filmaufnahmen, entzieht sich meiner Kenntnis. Jeder schiebt dem anderen den schwarzen Peter zu - eben typisch Staats-TV. Sie waren zu faul, die Bilder dem Sound anzupassen, der ein paar einfache Schnitte brauchte: Zum Beispiel ein Medley aus 3 Songs - "Rock City", "Save Me" und "Bedside Radio". Aber das war den Sesselfurzern wohl zu viel. Wir haben diese Sache schon vor Jahrzehnten abgeschrieben. Die Bilder, die wir einst kurz zu sehen bekamen, sahen sowieso aus, als wär's im Kabarett Fliegenpilz in Hinterkappelen gefilmt - echt scheisse. Für alle, die damals da waren im Hallenstadion: Behaltet es einfach, wie wir, in euren Herzen! Es war ein grosser Abend - anscheinend zu gross für die CH-Praktikanten, diesen Abend auf Film festzuhalten. Schwamm drüber!
Eine neue DVD ist vorerst nicht geplant. Wir produzieren lieber für die Ohren.
Und mit Filmern zu arbeiten, bedeutet vor allem eines: Stress. Den brauchen wir nicht mehr. Darum haben wir im letzten Video zu "Dög Song" unseren Stellvertreter Da Dög 'rangelassen - lohnt sich, anzugucken.
hitparade.ch: "Dirty Dynamite" erschien ziemlich genau vor einem Jahr. Die Rezessionen weltweit waren überwältigend, ich habe so gut wie keine Negativ-Presse gelesen. Die Scheibe wurde hier in der Schweiz mit Platin veredelt, war auf Platz 1 und hielt sich 21 Wochen in den Charts. Wie ist deine Einschätzung über das Album nun mit etwas Abstand?
Chris: Die Band war mehr zusammengewachsen als noch bei "Hoodoo"! "Dirty Dynamite" tönt noch mehr nach Krokus. Die Riffs und die Songs sind eindeutig stärker… Ausser natürlich "Hoodoo Woman", das ein echter Knaller war auf dem "Hoodoo"-Album. Auf jeden Fall spielen wir heute nebst "Metal Rendez Vous" die meisten Songs vom "Dirty Dynamite"-Album live - das sagt schon etwas aus über dieses Teil.
hitparade.ch: Konsequenterweise wart ihr dieses Jahr nominiert für den Swiss Music Award in der Kategorie "Best Album Pop/Rock National" mit "Dirty Dynamite". Der Award ging dann an Bastian Baker.
Chris: Nun, das sei ihm gegönnt. Wir mussten feststellen, dass dies nicht - wie der Deutsche Echo Preis - eine Auszeichnung für die meistverkaufte Scheibe ist, sondern eine ominöse Jury und Fan-Abstimmungen den Sieger bestimmen. Dazu kommt, dass dieser Event vor allem eine Universal Music Young Urban Sache ist. Klassischer Hardrock wird da eher stiefmütterlich behandelt. Macht aber nichts. Wir können uns mit all den Auszeichnungen, die wir 2013 erhielten, weiss Gott nicht beklagen. Ich musste nur schmunzeln: Da spielst du in der ganzen Welt vor zigtausend Menschen und wirst nicht einmal für den "Best Live Act National" nominiert… Das sagt eigentlich schon alles. Nun, unsere Antwort ist dieses neue Live-Album, damit ist dann auch alles gesagt.
hitparade.ch: Auch 2014 seid ihr wieder unterwegs. Welche Songs aus "Dirty Dynamite" haben überlebt und werden auch zukünftig in der Setlist berücksichtigt, und, was wird sich live gegenüber 2013 ändern?
Chris: Das kommt ganz auf das Land an, in dem wir spielen. Doch, vor allem werden wir die Songs vom Live-Album spielen, denn die wollen die Fans hören.
In Deutschland sind aber auch Songs wie "Eat The Rich" und "Headhunter" ein Muss - die Deutschen lieben es noch etwas härter. Hierzulande werden wir sehen. Es muss einfach allen Spass machen und grooven - darum geht es uns, und hie und da kommt etwas Neues dazu.
hitparade.ch: Du und dein musikalischer Partner Fernando von Arb seid ein magisches Team. Zusammen habt ihr die grössten Würfe für Krokus herausgehauen: "Bedside Radio", "Heatstrokes", "Long Stick Goes Boom", "Easy Rocker" sind Klassiker, "Screaming In The Night" ein Dauerbrenner in den Staaten. Welchen Song würdest du als euren besten seit der Reunion 2008 bezeichnen?
Chris: Ich tue mich da schwer mit dem Ausdruck "Best" - das soll der Fan entscheiden. Wir probieren immer wieder gemeinsam die wahre Krokus-Essenz, den wahren Spirit of Krok n' Roll, heraufzubeschwören.
Ich denke, dies ist uns sicher in den letzten Jahren bei "Go Baby Go", "Better Than Sex", "Dög Song", "Live For The Action" und "Hoodoo Woman" gelungen. Aber auch Songs wie "Hallelujah Rock N' Roll" oder "Bailout Blues", die mit Koki Kohler entstanden sind, haben ihren Reiz. Es ist wie mit den Ex-Frauen: Jede hat ihre Vorzüge, Berechtigung und ihre Fortes - einige vielleicht etwas mehr als andere. Jeder Song hat eine eigene Geschichte - und das ist gut so.
hitparade.ch: Wenn man sich Krokus-Videos auf YouTube anschaut, liest man in den Kommentaren zu den Songs immer wieder, dass ihr wie AC/DC klingt und euer Sänger Marc Storace stimmlich dem verstorbenen Bon Scott zum Verwechseln ähnelt. Erkläre dem Mainstream-Publikum und den Rock-Laien doch einmal aus deiner Sicht als Musiker, Songwriter und Produzent die Unterschiede zwischen Krokus und AC/DC.
Chris: Eins vorab: Wir sind stolz, mit AC/DC aus der Bon Scott-Aera verglichen zu werden. Das ist ein Teil von uns, so wie die Stones oft mit Chuck Berry verglichen werden. Nur gibt es da einen grossen anderen Teil, Musik die, die DC's nie spielen würden oder könnten: Songs wie "Winning Man", "Screaming In The Night", "Easy Rocker", "Tokyo Nights", "Headhunter" oder "Fire" - nur um ein paar zu nennen. Das ist eine andere Welt.
AC/DC können es sich leisten, nur diesen simplen, einfachen "Powerchord-Riff Raff"-Stil zu spielen, weil sie ihn erfunden haben und sie Angus Young haben, der ständig herumrotiert. Bei allen anderen Bands tönt das zu monoton auf die Dauer. Das haben wir schnell gecheckt. Das Schöne an der momentanen Krokus-Situation ist: Wir haben aufgerüstet. Da spielen 3 Gitarristen und ein Bassist wie nie zuvor zusammen, ein überaus frischer Drummer klopft den Götter-Beat, als ginge es um sein Leben, und dazu ein Sänger, dessen Goldstimme und die Phrasierungen im Alter eher noch besser geworden sind. Mit anderen Worten: Wir haben alle dazugelernt, wie man diesen Rock richtig groovend auf den Punkt spielt. Und genau das hört man, wenn man diesen Silberling auflegt. Das ist ein Feeling, gepaart mit Dringlichkeit und Abgeklärtheit. Darum steigen wir gemeinsam auch noch in diesen Tourbus, weil es uns Riesenpass macht. Das wollen wir noch etwas auskosten.
hitparade.ch: Auf was freust du dich am meisten, wenn es nun bald wieder auf Tour geht?
Chris: Well, das ist ein völlig anderer Modus als das zu Hause sein. Alles wird einem Moment untergeordnet, nämlich den 90 Minuten auf der Bühne. Das ist prickelnd! Da nimmst du auch die elende Reiserei - sei es Bus oder Flug - in Kauf, denn du weisst, es wartet die Bühne, die meist bestens angerichtet ist mit begeisternden Fans, auf dich. Dazu kommt, dass ich endlich meinen Traum-Roadie - das heisst, meine Roadin - bekomme, die für unsere Seite schaut. Es ist die crazy Tattoo Kat, die sonst mit den Toten Hosen unterwegs ist. Rockerherz, was willst du mehr?!
hitparade.ch: Ist diese Live-Scheibe nun das Ende für Krokus, oder wagt ihr es nochmals, das Studio zu entern? Mit Mandy Meyer und mit Neu-Drummer Flavio Mezzodi?
Chris: Ich glaube im Moment kaum, dass dies der Fall sein wird. Es sind eigentlich für uns alle Songs geschrieben, die geschrieben werden mussten, um ein starkes Hammer-Liveset zu bestreiten, und wir können sowieso nur einen Bruchteil davon auch spielen. Dazu kommt, dass kaum jemand noch CDs kauft heutzutage. Das Live-Geschehen ist viel wichtiger geworden… Wir werden sehen, lassen wir das einmal offen! Dazu haben wir uns auch auf die Fahne geschrieben, on top aufzuhören und nicht wie andere Bands bis zum "Schlag-mich-tot" weiter zu tingeln und inflationär neue Alben herauszuhauen. Ein würdiger Abschluss muss sein - das verdient diese Band!
hitparade.ch: Nächstes Jahr blüht der Krokus seit 40 Jahren, du hast die Band 1975 in's Leben gerufen. In der Zeit ist viel passiert, personelle Veränderungen, Ups and Downs. Aber ihr seid noch immer da. Wird es etwas Spezielles zu diesem Jubiläum geben?
Chris: Vor allem sind wir im Original wieder da! Das war die grosse Leistung. Bei vielen dieser alten Combos sind ja oft nur noch ein oder zwei Original-Mitglieder dabei. Das ist irgendwie unglaublich bei unserer Geschichte, und wir sind sehr dankbar, ja fast demütig, dies nochmal in dieser Form erleben zu dürfen - selbstverständlich ist das ja nicht, und jede Show könnte die letzte sein, da immer das Damoklesschwert der Gesundheit über dir hängt. Das gibt dem Ganzen einen völlig anderen Touch. Zum Jubiläum wird es sicher diverse Re-Releases und ein "Very Best Of"-Album geben - so nach dem Motto: 40 Krock-Hinkelsteins. Eventuell, wenn uns die Muse küsst, sogar mit 2-3 neuen Songs. Schau'n mer mal…
hitparade.ch: Ihr habt euch nie darum geschert, aktuellen Trends hinterher zu rennen und macht auch heute noch das, was ihr schon in den Siebzigern angefangen habt zu machen: Straighten, ehrlichen Energie-Rock! Viele sehen das als Stagnation - aus deiner Sicht: Warum ist diese Art Musik heute noch aktuell und wichtig?
Chris: Klar ist alles im Wandel, so ist das Leben. Aber es gibt Dinge, die muss man nicht neu erfinden, sondern höchstens perfektionieren in Form und Ausdruck. Das gilt für gewisse Musik, aber auch für Nivea, Toblerone, Paulaner, Jack Daniels und eben Krokus. Gerade in der heutigen Zeit des schnelllebigen, gestressten, digitalen, antiseptischen und unverbindlichen Wahnsinns tut es gut, wenn gewisse Sachen so bleiben, wie sie immer waren. Das beruhigt. Man muss ja den Frühling auch nicht neu erfinden. Der ist immer wieder eine Sensation, wenn man ihn erneut erlebt.
hitparade.ch: So ist es… Letzte Worte an die Fans…?
Chris: Geht hinaus, weg vom Computer und lebt euren Traum! Es lohnt sich!
Und kommt wieder einmal an eine Krokus-Show!
Eine atemberaubende Karriere mit Sonnenschein und Schatten, Erfolg und Niederlage, Ups and Downs. Aber nichts kann sie unterkriegen - wen wundert es dann, dass die 6 Herren auch 2013 und 2014 die Bühnen rocken und es krachen lassen?
Wie es richtig gemacht wird, zeigen sie mit dem aktuellen Live-Album "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust": Kraftvoll, energiegeladen, satt, saftig, poundig - live! Hart und ungeschliffen. Kurzweilig und intensiv. Stimmung pur. Mal offensiv, mal melancholisch, aber immer 100% Rock.
Passend zu den ersten warmen Frühlingstagen, zur Eröffnung der Grill-Saison, bei einem kühlen Bier und mit viel Vorfreude auf die diesjährige Fussball-WM in Brasilien, kann man ab dem 21. März den Klängen von "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust" lauschen!
Die Musik von KROKUS ist wie geschaffen für schweisstreibende Live-Shows und ihr Back-Katalog ist gespickt mit Hits ohne Ende.
Nach dem erfolgreichen Album "Dirty Dynamite" schnitten KROKUS einige Shows ihrer "Close Contact Dög"-Tour 2013 mit und so entstand das erste KROKUS-Live-Album mit Chris von Rohr, dem Gründer der Band, dem Produzenten und Bassisten.
Tatort: Kulturfabrik "Kofmehl" in Solothurn, 30. August 2013!
hitparade.ch traf Chris von Rohr zum Interview.

hitparade.ch: Dies ist also die erste Krokus-Live-Scheibe mit Chris von Rohr mit an Bord - welche Bedeutung hat das für dich? Schliesst sich der Kreis, denn in deinem legendären "Hunde wollt ihr ewig rocken"-Buch schriebst du vor über 20 Jahren, dass du mit Krokus um 1981 gerne ein Live-Album herausgehauen hättest. Ist das nun die Ziellinie?
Chris: Absolut. Für mich ging ein Traum in Erfüllung. Seit der Reunion 2008 hatte ich dies im Hinterkopf. Schlicht und einfach, weil es das ultimative Krokus-Live-Album bis dahin noch nicht gab und Live-Alben einfach noch mehr rocken als Studio-Alben - das war schon immer so. Das, was aber wirklich zählte, war, mit dieser neuen, erweiterten Formation all diese Songs an einem magischen Abend einzufangen. Das war das Ziel. Wir wollten das wahre Krokus-Feeling, das wahre Krokus-Live-Album - das eben nur mit dieser Formation so zu bewerkstelligen war - bringen. Und nicht nur alte, grosse Songs, sondern auch die neu entstandenen Songs, die sich seit 2008 fest etabliert haben mit im Gepäck. Zum Glück ist es uns gelungen! Ausländische Journalisten sprechen gar vom besten Krokus-Album aller Zeiten. Ich würde sagen, das kraftvollste, verspielteste und schweisstreibendste auf jeden Fall. Wir sind alle extrem happy mit dem Resultat.
hitparade.ch: Für dich als Produzent und Perfektionist - was waren die Kriterien für das Album, worauf hast du besonders Wert gelegt?
Chris: Die Messlatte war hoch. Ich wollte mit den Boys schlicht das Album abliefern, das man überall auf der Welt hinlegen kann mit der Anmerkung: DAS IST KROKUS! Jeder Fan dieser Musikrichtung wird sofort verstehen, worum es bei Krokus geht. Natürlich musste der Flow auf dem Album stimmen, wie aus einem Guss sein. Daran haben wir im Vorfeld gearbeitet. Dazu wollte ich beide Seiten von Krokus deutlich zeigen: Also die "dreckige" Powerrotz-Riffseite aber auch die verspieltere, lyrische Richtung, die wir mit "Fire", "Tokyo Nights", "Easy Rocker" oder "Screaming In The Night" und ein paar lockeren Jam-Einlagen bringen.
hitparade.ch: Die Aufnahme entstand auf der "The Close Contact Dög-Tour 2013", genauer gesagt im Solothurner "Kofmehl". Warum gerade da?
Chris: Krokus haben in den letzten knapp 40 Jahren über 2'000 Konzerte gespielt, davon nahmen wir in den letzten 4 Jahren an die 20 Shows auf. Letztendlich haben wir uns klar für das "House of Rust-", wie wir das Kofmehl nennen, Konzert entschieden, denn da kam wirklich alles zusammen. Die Band war an diesem Abend in absoluter Hochform, diese Holz-Bühne tönt unschlagbar und das Publikum war sensationell. Es gibt ja solche und solche Abende, aber da passte wirklich alles zusammen. Euphorie pur!
hitparade.ch: Musste nachgebessert werden?
Chris: Das war zum Glück an diesem Abend nicht nötig. Es gibt ja einen Haufen Live-Alben, da wurde im Studio mit einem Riesenaufwand herumgedoktert, dass es schlussendlich fast wie eine Studio-Platte tönt. Da haben wir uns bewusst sehr zurückgehalten, sonst geht dieser bestimmte rotzige Spirit verloren - darauf habe ich besonders geachtet. Wir haben nur einige wenige Kleinigkeiten ausgebessert, hauptsächlich bei den Chor-Gesängen, die kamen ein paar Mal in der Hitze des Gefechts zu sehr Keith Richards- oder Lemmy-mässig (lacht). Die zu langen Sing Along-Passagen mit dem Publikum wurden gekürzt und 2-3 verstimmte Gitarren ersetzt. Ansonsten ist es genau das, was du bekommst, wenn du an einem Krokus-Konzert am besten Soundplatz - nämlich auf der Bühne - stehst. Richtig viel Zeit haben Dennis Ward und ich uns beim Mischen genommen. Wir wollten einfach einen perfekten, natürlichen, analogen Sound und nicht einfach komprimieren und laut machen, bis alle Dynamik verloren geht.
hitparade.ch: Das Konzert war zugunsten einer Kinderstiftung; was war die Idee dahinter?
Chris: Fernando und ich unterstützen bereits seit Jahren die Kenyan Children Help; eine gute Non Profit Organisation, die verwahrlosten Kindern in Afrika hilft. Wir kennen da die Macher und wissen, dass das Geld auch wirklich zu den Kids kommt und in diese Schule fliesst. So fanden wir es logisch, etwas von unserem schönen Erfolg letztes Jahr weiterzugeben. Die Band unterstützt auch die Stiftung Theodora "Clowns for Kids"; eine Organisation, die schwer kranke Kinder in Spitälern mit Clowns aufmuntert. Dass dann ausgerechnet dieser Abend das Rennen für's Live-Album machte, hat uns doppelt gefreut…
hitparade.ch: Wunderbar! Solche Taten sollte es häufiger geben!
4 der neuen Songs haben es auf das "Long Stick Goes Boom - Live From Da House Of Rust"-Album geschafft - allgemein empfinde ich die Setlist als überragend und dennoch überraschend. Zum Beispiel hätte ich nicht mit der 2009er Hockey-Hymne "Live For The Action" gerechnet.
Chris: Die gab es bis jetzt nur als Spezial-Edition für die Hockey-Freaks. Wir spielen den Song einfach gerne, weil er so diesen brutal einfachen "Neandertal-Cornet-In-Your-Face"-Beat hat: Einfach voll in die Fritte. Ein wunderbarer Zugaben-Song mit starkem Hook und der Botschaft: Bewegt euch, Freunde, bewegt euch, es gibt ein Leben vor dem Tod! Den mussten wir einfach mit drauf nehmen. Somit sind 5 neue Songs auf diesem Album, was ein guter Mix ist von Evergreen und Newergreen.
hitparade.ch: Die Tour führte euch durch einige Länder: Frankreich, Schweden, Deutschland - wie sind deine Erinnerungen und Gefühle an das Jahr 2013?
Chris: Es war ein wunderbares Jahr für uns. Überall begeisterte Fans und ausverkaufte Shows - das war mehr als wir erwarteten. Die Band hat sich nach der Reunion 2008 warm gespielt, und das spürten auch die Fans, die vielleicht noch gewisse Vorurteile hatten, ob das Ganze überhaupt hält und ob wir es wirklich ernst meinen. Für uns war 2013 ein absolutes Volltrefferjahr.

hitparade.ch: Was sich eingefleischte Krokus-Fans auch immer fragen, und du hast die Möglichkeit jetzt ein offizielles und gewichtiges Statement dazu abzugeben: Wird das legendäre, aufgezeichnete Hallenstadion-Konzert von 1982 jemals veröffentlicht oder bleibt das unter Verschluss? Und, gibt es von neueren Shows einmal eine Live-DVD?
Chris: Um diese Mär endgültig zu klären: Die TV-Aufnahmen lagen immer beim welschen TV, welches das Ganze aufzeichnete. Das einzige, was ich gemischt habe 1982, war der Sound. Das taten wir in 2 Tagen im Sinus-Studio zu Bern. Was danach passierte mit den Filmaufnahmen, entzieht sich meiner Kenntnis. Jeder schiebt dem anderen den schwarzen Peter zu - eben typisch Staats-TV. Sie waren zu faul, die Bilder dem Sound anzupassen, der ein paar einfache Schnitte brauchte: Zum Beispiel ein Medley aus 3 Songs - "Rock City", "Save Me" und "Bedside Radio". Aber das war den Sesselfurzern wohl zu viel. Wir haben diese Sache schon vor Jahrzehnten abgeschrieben. Die Bilder, die wir einst kurz zu sehen bekamen, sahen sowieso aus, als wär's im Kabarett Fliegenpilz in Hinterkappelen gefilmt - echt scheisse. Für alle, die damals da waren im Hallenstadion: Behaltet es einfach, wie wir, in euren Herzen! Es war ein grosser Abend - anscheinend zu gross für die CH-Praktikanten, diesen Abend auf Film festzuhalten. Schwamm drüber!
Eine neue DVD ist vorerst nicht geplant. Wir produzieren lieber für die Ohren.
Und mit Filmern zu arbeiten, bedeutet vor allem eines: Stress. Den brauchen wir nicht mehr. Darum haben wir im letzten Video zu "Dög Song" unseren Stellvertreter Da Dög 'rangelassen - lohnt sich, anzugucken.
hitparade.ch: "Dirty Dynamite" erschien ziemlich genau vor einem Jahr. Die Rezessionen weltweit waren überwältigend, ich habe so gut wie keine Negativ-Presse gelesen. Die Scheibe wurde hier in der Schweiz mit Platin veredelt, war auf Platz 1 und hielt sich 21 Wochen in den Charts. Wie ist deine Einschätzung über das Album nun mit etwas Abstand?
Chris: Die Band war mehr zusammengewachsen als noch bei "Hoodoo"! "Dirty Dynamite" tönt noch mehr nach Krokus. Die Riffs und die Songs sind eindeutig stärker… Ausser natürlich "Hoodoo Woman", das ein echter Knaller war auf dem "Hoodoo"-Album. Auf jeden Fall spielen wir heute nebst "Metal Rendez Vous" die meisten Songs vom "Dirty Dynamite"-Album live - das sagt schon etwas aus über dieses Teil.
hitparade.ch: Konsequenterweise wart ihr dieses Jahr nominiert für den Swiss Music Award in der Kategorie "Best Album Pop/Rock National" mit "Dirty Dynamite". Der Award ging dann an Bastian Baker.
Chris: Nun, das sei ihm gegönnt. Wir mussten feststellen, dass dies nicht - wie der Deutsche Echo Preis - eine Auszeichnung für die meistverkaufte Scheibe ist, sondern eine ominöse Jury und Fan-Abstimmungen den Sieger bestimmen. Dazu kommt, dass dieser Event vor allem eine Universal Music Young Urban Sache ist. Klassischer Hardrock wird da eher stiefmütterlich behandelt. Macht aber nichts. Wir können uns mit all den Auszeichnungen, die wir 2013 erhielten, weiss Gott nicht beklagen. Ich musste nur schmunzeln: Da spielst du in der ganzen Welt vor zigtausend Menschen und wirst nicht einmal für den "Best Live Act National" nominiert… Das sagt eigentlich schon alles. Nun, unsere Antwort ist dieses neue Live-Album, damit ist dann auch alles gesagt.
hitparade.ch: Auch 2014 seid ihr wieder unterwegs. Welche Songs aus "Dirty Dynamite" haben überlebt und werden auch zukünftig in der Setlist berücksichtigt, und, was wird sich live gegenüber 2013 ändern?
Chris: Das kommt ganz auf das Land an, in dem wir spielen. Doch, vor allem werden wir die Songs vom Live-Album spielen, denn die wollen die Fans hören.
In Deutschland sind aber auch Songs wie "Eat The Rich" und "Headhunter" ein Muss - die Deutschen lieben es noch etwas härter. Hierzulande werden wir sehen. Es muss einfach allen Spass machen und grooven - darum geht es uns, und hie und da kommt etwas Neues dazu.
hitparade.ch: Du und dein musikalischer Partner Fernando von Arb seid ein magisches Team. Zusammen habt ihr die grössten Würfe für Krokus herausgehauen: "Bedside Radio", "Heatstrokes", "Long Stick Goes Boom", "Easy Rocker" sind Klassiker, "Screaming In The Night" ein Dauerbrenner in den Staaten. Welchen Song würdest du als euren besten seit der Reunion 2008 bezeichnen?
Chris: Ich tue mich da schwer mit dem Ausdruck "Best" - das soll der Fan entscheiden. Wir probieren immer wieder gemeinsam die wahre Krokus-Essenz, den wahren Spirit of Krok n' Roll, heraufzubeschwören.
Ich denke, dies ist uns sicher in den letzten Jahren bei "Go Baby Go", "Better Than Sex", "Dög Song", "Live For The Action" und "Hoodoo Woman" gelungen. Aber auch Songs wie "Hallelujah Rock N' Roll" oder "Bailout Blues", die mit Koki Kohler entstanden sind, haben ihren Reiz. Es ist wie mit den Ex-Frauen: Jede hat ihre Vorzüge, Berechtigung und ihre Fortes - einige vielleicht etwas mehr als andere. Jeder Song hat eine eigene Geschichte - und das ist gut so.
hitparade.ch: Wenn man sich Krokus-Videos auf YouTube anschaut, liest man in den Kommentaren zu den Songs immer wieder, dass ihr wie AC/DC klingt und euer Sänger Marc Storace stimmlich dem verstorbenen Bon Scott zum Verwechseln ähnelt. Erkläre dem Mainstream-Publikum und den Rock-Laien doch einmal aus deiner Sicht als Musiker, Songwriter und Produzent die Unterschiede zwischen Krokus und AC/DC.
Chris: Eins vorab: Wir sind stolz, mit AC/DC aus der Bon Scott-Aera verglichen zu werden. Das ist ein Teil von uns, so wie die Stones oft mit Chuck Berry verglichen werden. Nur gibt es da einen grossen anderen Teil, Musik die, die DC's nie spielen würden oder könnten: Songs wie "Winning Man", "Screaming In The Night", "Easy Rocker", "Tokyo Nights", "Headhunter" oder "Fire" - nur um ein paar zu nennen. Das ist eine andere Welt.
AC/DC können es sich leisten, nur diesen simplen, einfachen "Powerchord-Riff Raff"-Stil zu spielen, weil sie ihn erfunden haben und sie Angus Young haben, der ständig herumrotiert. Bei allen anderen Bands tönt das zu monoton auf die Dauer. Das haben wir schnell gecheckt. Das Schöne an der momentanen Krokus-Situation ist: Wir haben aufgerüstet. Da spielen 3 Gitarristen und ein Bassist wie nie zuvor zusammen, ein überaus frischer Drummer klopft den Götter-Beat, als ginge es um sein Leben, und dazu ein Sänger, dessen Goldstimme und die Phrasierungen im Alter eher noch besser geworden sind. Mit anderen Worten: Wir haben alle dazugelernt, wie man diesen Rock richtig groovend auf den Punkt spielt. Und genau das hört man, wenn man diesen Silberling auflegt. Das ist ein Feeling, gepaart mit Dringlichkeit und Abgeklärtheit. Darum steigen wir gemeinsam auch noch in diesen Tourbus, weil es uns Riesenpass macht. Das wollen wir noch etwas auskosten.
hitparade.ch: Auf was freust du dich am meisten, wenn es nun bald wieder auf Tour geht?
Chris: Well, das ist ein völlig anderer Modus als das zu Hause sein. Alles wird einem Moment untergeordnet, nämlich den 90 Minuten auf der Bühne. Das ist prickelnd! Da nimmst du auch die elende Reiserei - sei es Bus oder Flug - in Kauf, denn du weisst, es wartet die Bühne, die meist bestens angerichtet ist mit begeisternden Fans, auf dich. Dazu kommt, dass ich endlich meinen Traum-Roadie - das heisst, meine Roadin - bekomme, die für unsere Seite schaut. Es ist die crazy Tattoo Kat, die sonst mit den Toten Hosen unterwegs ist. Rockerherz, was willst du mehr?!
hitparade.ch: Ist diese Live-Scheibe nun das Ende für Krokus, oder wagt ihr es nochmals, das Studio zu entern? Mit Mandy Meyer und mit Neu-Drummer Flavio Mezzodi?
Chris: Ich glaube im Moment kaum, dass dies der Fall sein wird. Es sind eigentlich für uns alle Songs geschrieben, die geschrieben werden mussten, um ein starkes Hammer-Liveset zu bestreiten, und wir können sowieso nur einen Bruchteil davon auch spielen. Dazu kommt, dass kaum jemand noch CDs kauft heutzutage. Das Live-Geschehen ist viel wichtiger geworden… Wir werden sehen, lassen wir das einmal offen! Dazu haben wir uns auch auf die Fahne geschrieben, on top aufzuhören und nicht wie andere Bands bis zum "Schlag-mich-tot" weiter zu tingeln und inflationär neue Alben herauszuhauen. Ein würdiger Abschluss muss sein - das verdient diese Band!
hitparade.ch: Nächstes Jahr blüht der Krokus seit 40 Jahren, du hast die Band 1975 in's Leben gerufen. In der Zeit ist viel passiert, personelle Veränderungen, Ups and Downs. Aber ihr seid noch immer da. Wird es etwas Spezielles zu diesem Jubiläum geben?
Chris: Vor allem sind wir im Original wieder da! Das war die grosse Leistung. Bei vielen dieser alten Combos sind ja oft nur noch ein oder zwei Original-Mitglieder dabei. Das ist irgendwie unglaublich bei unserer Geschichte, und wir sind sehr dankbar, ja fast demütig, dies nochmal in dieser Form erleben zu dürfen - selbstverständlich ist das ja nicht, und jede Show könnte die letzte sein, da immer das Damoklesschwert der Gesundheit über dir hängt. Das gibt dem Ganzen einen völlig anderen Touch. Zum Jubiläum wird es sicher diverse Re-Releases und ein "Very Best Of"-Album geben - so nach dem Motto: 40 Krock-Hinkelsteins. Eventuell, wenn uns die Muse küsst, sogar mit 2-3 neuen Songs. Schau'n mer mal…
hitparade.ch: Ihr habt euch nie darum geschert, aktuellen Trends hinterher zu rennen und macht auch heute noch das, was ihr schon in den Siebzigern angefangen habt zu machen: Straighten, ehrlichen Energie-Rock! Viele sehen das als Stagnation - aus deiner Sicht: Warum ist diese Art Musik heute noch aktuell und wichtig?
Chris: Klar ist alles im Wandel, so ist das Leben. Aber es gibt Dinge, die muss man nicht neu erfinden, sondern höchstens perfektionieren in Form und Ausdruck. Das gilt für gewisse Musik, aber auch für Nivea, Toblerone, Paulaner, Jack Daniels und eben Krokus. Gerade in der heutigen Zeit des schnelllebigen, gestressten, digitalen, antiseptischen und unverbindlichen Wahnsinns tut es gut, wenn gewisse Sachen so bleiben, wie sie immer waren. Das beruhigt. Man muss ja den Frühling auch nicht neu erfinden. Der ist immer wieder eine Sensation, wenn man ihn erneut erlebt.
hitparade.ch: So ist es… Letzte Worte an die Fans…?
Chris: Geht hinaus, weg vom Computer und lebt euren Traum! Es lohnt sich!
Und kommt wieder einmal an eine Krokus-Show!
Interview durchgeführt: Pillermaik
Redaktion: Pillermaik