Interview mit Lindsey Stirling
Lindsey Stirling - Lindsey Stirling
1. Electric Daisy Violin
2. Zi-Zi's Journey
3. Crystallize
4. Song Of The Caged Bird
5. Moon Trance
6. Minimal Beat
7. Transcendence
8. Elements
9. Shadows
10. Spontaneous Me
11. Anti Gravity
12. Stars Align
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Das Geigenwunder Lindsey Stirling wurde durch zahlreiche Klicks auf ihre YouTube-Videos weltbekannt. Nach einer erfolgreichen Tour in den United States hat sie sich nun nach Europa gewagt und wurde hier mit offenen Armen empfangen. Im Interview erzählt sie von ihren Wertvorstellungen, ihrem Glauben und dem Anfang ihres grossen Erfolges.hitparade.ch: Deine Europa-Tournee ist abgeschlossen. War es so, wie Du es erwartet hattest?
Lindsey Stirling: Die Europa-Tournee hat im Januar gestartet und ist seit zwei Wochen vorbei. Wir haben um die 500 Konzerte gespielt. Alle diese Konzerte waren so schnell ausverkauft, dass wir sofort eine zweite Tour organisiert haben. Als ich letzten September meine Tour gestartet hatte, wusste ich absolut nicht, was mich erwarten würde. Ich war zuvor noch nie auf einer Tournee. Ich war neugierig, ob ich tatsächlich Tickets verkaufen würde. Ich wusste, dass viele Leute auf YouTube meine Videos anschauen, aber Konzerte zu besuchen ist ja doch etwas komplett anderes. Ich kenne auch andere YouTube-Künstler. Manchmal haben sie mit Konzerten Erfolg und manchmal eben nicht. Daher waren auch wir uns nicht sicher. Als es in den United States funktioniert hat, wollten wir den Sprung nach Europa wagen. Und dass meine Konzerte hier dermassen eingeschlagen haben, war eine grosse Überraschung. Das war viel mehr, als ich mir erhofft hatte. Das ist grandios.
hitparade.ch: Asien ist sehr bekannt für YouTube-Künstler. Wäre dieser Kontinent auch eine Option für Dich?
Lindsey Stirling: Ja! Wir haben das bereits gebucht. Wir bereiten uns momentan auf die Asien-Tour vor. Ich bin so aufgeregt. Ich wollte schon immer unbedingt einmal nach Japan, Australien und auf die Philippinen. Wir werden im August für 2.5 Wochen dort sein.
hitparade.ch: Als Du nach Italien gegangen bist, hast Du Deine Eltern mitgebracht. Werden sie Dich auch nach Asien begleiten?
Lindsey Stirling: Nein, diesmal nicht. Auf dieser Tour wird meine kleine Schwester bei mir sein. Ich versuche meine Familie möglichst zu integrieren, wann immer es Sinn macht. Ich mag es, wenn Jemand bei mir ist.
hitparade.ch: Das Musik-Business ist nicht immer einfach und kann sich manchmal mit persönlichen Wertvorstellungen beissen. Wie gehst Du damit um?
Lindsey Stirling: Es ist verrückt. In den letzten 1.5 Jahren hat sich mein Leben komplett verändert. Es hat sich quasi auf den Kopf gestellt. Es ist sehr schwierig zu handhaben, dass das neue Leben das alte nicht völlig auslöscht. Ich bin mir stets bewusst, was mir wichtig ist und wie meine Werte aussehen. Wenn ich das nicht tun würde, würde sich alles zu sehr verändern. All die Dinge, die mir bisher am wichtigsten waren, bleiben auch am wichtigsten. So kann ich auch die Person bleiben, die ich vorher war. Ich habe meiner Familie und auch meinen engen Freunden gesagt, dass sie mir eins auf den Kopf hauen müssten, sollte ich mich verändern (lacht). Meine religiösen Vorstellungen und meine Familie sind der Kern meines Lebens, ohne sie würde ich mich selbst verlieren. Ich habe das bei Freunden in der Musikindustrie gesehen und es hat mein Herz gebrochen. Es macht mir Angst, dass solche Dinge so einfach passieren und dass es auch mir geschehen könnte. Ich darf meinen Blickwinkel nicht verlieren. Immer wenn ich unterwegs bin, schaue ich, in welche Kirche ich sonntags gehen kann. Egal, wie weit weg sie ist. Dies ist mir einfach sehr wichtig. Dies ist auch ein Grund, weswegen ich meine Schwester dabei habe: Diese wichtigen Dinge um mich herum machen mich stärker. Ich muss meine Prioritäten setzen.
hitparade.ch: Du hast Dich schon an mehrere Zusammenarbeiten gewagt und wirst auch mit einem Mormonen-Chor gemeinsam auftreten nächsten Monat. Freust Du Dich darauf, wenn man Deinen religiösen Hintergrund bedenkt?
Lindsey Stirling: Ja, defitinitiv. Ich habe die Musik dieses Chors bereits in meiner Kindheit viel gehört. Mack Wilberg ist unglaublich toll. Er ist einer der respektiertesten Chorleiter und Arrangeure der Welt. Nur schon wenn ich daran denke, wie sehr mich die Musik dieses Chors schon zu Tränen gerührt hat… Ich werde tatsächlich mit ihm auftreten. Das ist so aufregend! Ich war auch schon an Weihnachtskonzerten dieses Chors. Ich freue mich sehr, dass ich mit ihm spielen und komponieren kann.
hitparade.ch: Du bist die erste Künstlerin, die es geschafft hat, in den US-Charts die Spitze in zwei Kategorien gleichzeitig zu erreichen: Bei den Dance- und bei den Klassik-Charts stehst Du auf Platz 1 und 2. Wie fühlt sich das an? Insbesondere nach der harschen Kritik bei "America's Got Talent"?
Lindsey Stirling: Ich denke, diese Momente definieren, wer Du bist. Diese "Jetzt oder nie"-Momente, in denen Du nicht weisst, ob Du aufgeben oder weitermachen solltest, lassen Dich sehr tief in Dich hineinhorchen. Und dann ist es eine Entscheidung aus tiefstem Herzen, wenn Du Dich entschliesst, die Sache durchzuziehen. Dass dieser Weg nun funktioniert hat, ist grossartig und eine gute Bestätigung für mich. Ich liebe das! Ich führe viele Motivations-Gespräche, meist mit meiner Kirchengruppe. Manchmal machen wir in Schulen Halt und sprechen mit den Kindern. Ich finde es toll, dass ich in der Lage bin, dies weiterzuvermitteln. Man hat ein Video, man sieht mein Gesicht und ich wirke, als würde ich bald losschluchzen. Dass ich das teilen kann und zeigen darf, dass harte Arbeit sich auszahlt und man immer an sich selbst glauben soll, ist wichtig. Meine Geschichte ist nicht einzigartig. Die meisten Menschen sagen, sie hätten nie Erfolg. Meine Geschichte landete nur im nationalen Fernsehen. Ich hoffe, die Geschichte gibt den Leuten Hoffnung.
hitparade.ch: Deine Musik wurde auch in Video-Spielen verwendet. Wie kam es dazu?
Lindsey Stirling: Es hat mit Devin Graham angefangen, ein anderer LDS YouTuber. Er war derjenige, der mich in diese ganze YouTube-Welt gebracht hat. Er hatte die Idee, ein Projekt mit "The Legend Of Zelda" zu machen. Ich habe mir die Musik angehört und war begeistert davon. Sofort habe ich Musik geschrieben und ein passendes Arrangement für das Spiel gemacht. Von da an hatte ich viele Gamer-Fans (lacht). Es war mein erstes Video, das richtig gross herauskam. Ich sah ein wenig aus wie "Link" (lacht). Von da an folgte ein Song auf den nächsten. Als Kind habe ich Videospiele gespielt, inzwischen aber nicht mehr. Ich mochte diese Old-School-Dinge wie Mario und Zelda. Jedenfalls haben die Fans dann genau solche Videos von mir gefordert. Also habe ich mir Videos der Games angesehen, um die Spiele zu verstehen. Es war ein grosser Spass, mich so zu kleiden wie die Videospiel-Helden. Ich habe diese Video-Spiel-Geschichte sehr genossen.
hitparade.ch: Deine Musik würde doch sicher auch gut in Fantasy-Movies passen, beispielsweise so etwas wie "The Hobbit". Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, in die Filmmusik-Branche einzusteigen?
Lindsey Stirling: Ja, ich hatte schon Gespräche darüber mit verschiedenen Firmen. Beispielsweise mit Universal Music und auch mit Firmen aus der Filmindustrie. Ich war in letzter Zeit einfach zu beschäftigt, um mich richtig darum zu kümmern. Was ich aber gemacht habe, ist, dass ich einige Songs aus meinem Album genommen und daraus einige Stücke im Movie-Style gebastelt habe. Es sind die selben Songs, aber theatralischer und mit Orchestern untermalt. Nun werde ich diese Songs den Firmen, mit denen ich im Gespräch war, präsentieren. Vielleicht passen sie ja in einen Film. Es wäre unglaublich, wenn meine Musik in einem Film wie "The Hobbit" erklingen würde. Ich freue mich und bin gespannt, was die Leute dazu sagen werden.
hitparade.ch: In Deinem Blog hast Du gesagt, wie sehr Du Deine Bandmitglieder magst. Allerdings hast Du diese nicht selbst ausgewählt. Wie kam es zu dieser Formation?
Lindsey Stirling: Es war ein Zufall. Mein alter Manager, mit dem ich zu diesem Zeitpunkt gearbeitet habe, hat einen Schlagzeuger aus Los Angeles gekannt, der sehr talentiert war. Ich brauchte sehr schnell Jemanden, der in der Lage war, die Musik schnell zu lernen und verfügbar war. Also organisierte er diesen Drummer. Auch einen Keyboard-Spieler kannte er. Dieser Keyboarder war ein Freund des Schlagzeugers. Also sind die Beiden von Los Angeles zu mir nach New York geflogen. Wir haben 1.5 Tage miteinander geübt und dann direkt eine Show gespielt. Die Jungs haben ihren Job so gut gemacht, dass wir sofort eine Tour aus dieser Show gemacht haben. Ich kannte die Jungs nicht so gut, wollte aber unbedingt weiter mit ihnen spielen. Diese Jungs sind noch immer meine Band und sie sind einfach die Besten! Ich liebe sie. Wir haben so viel Spass miteinander. Anfangs wusste ich noch nicht, ob ich es mögen würde, auf Tour zu sein oder nicht. Es war eine schräge Vorstellung, dass ich mit irgendwelchen Jungs in einem Bus wohnen und aus dem Koffer leben würde. Das hätte ganz schrecklich werden können. Ich habe viele schlimme Geschichten gehört über das Tourleben. Bei uns ist das aber nicht so. Die anderen Musiker respektieren mich sehr und wir haben viel Spass, lachen und spielen Spiele. Wir sind eine richtige, kleine Familie geworden während der Tour.
hitparade.ch: Als Du klein warst, wolltest Du unbedingt Geige spielen lernen. Gäbe es noch andere Instrumente, die Du gerne erlenen möchtest?
Lindsey Stirling: Ich würde sehr gerne Klavier spielen lernen irgendwann. Auch Gitarre fände ich sehr interessant. Die Geige ist halt eher ein "Perform"-Instrument. Damit setzt Du Dich nicht ans Lagerfeuer und spielst ein paar Lieder. Klavier oder Gitarre sind tolle Instrumente, die Du zuhause mit der Familie gemeinsam spielen kannst. Daher wäre es schön, zumindest die Basics dieser Instrumente zu erlernen.
hitparade.ch: Hast Du Dir schon überlegt, auch Deine eigene Stimme einzusetzen in Deiner Musik?
Lindsey Stirling: Ich habe darüber nachgedacht und tatsächlich sind an manchen Stellen bereits einige versteckte Aufnahmen meiner Stimme, die man aber nicht gut hören kann. Bei "Electric Daisy Violin" beispielsweise habe ich einige "Aaaahs" und "Oooohs" gemacht. Auch beim Song "Stars Align" hat es eine Zeile von mir. In etwa vier Songs ist meine Stimme involviert. Ich denke, bei meinem nächsten Album werde ich wahrscheinlich etwas mehr mit meiner Stimme arbeiten.
Interview durchgeführt: Kurt Kovac
Redaktion: Kurt Kovac, Bettina Siegwart