Interview mit Lunik

Lunik - What Is Next
1. What Is Next
2. Me-Time
3. Little Fly In A Spiderweb
4. The Bubble I Am In
5. The Line
6. Truly You
7. Feet In The Sun
8. Never Fit In
9. Cat And Mouse
10. Elijah
11. Your Tomorrows
12. Dot On The Horizon
13. A Different You
14. I Have Loved
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Lunik sind wieder da mit ihrem sechsten Studio-Album "What Is Next". Mit Sängerin Jaël haben wir uns darüber unterhalten, weshalb es sie nicht zum Schweizer Fernsehen zieht und natürlich was beim Berner Trio wohl als Nächstes kommt.hitparade.ch: Gerade sind die Olympischen Spiele zu Ende gegangen. Wie hast Du den Anlass erlebt, nachdem Du ja vor kurzem selber einige Monate in London verbracht hast?
Jaël: Es ist fast ein bisschen peinlich, aber Olympia ging komplett an mir vorbei. Ich habe nichts mitgekriegt. Vorletzte Woche kam mein Schauspiellehrer nach Bern eingeflogen und ich organisierte einen Schauspielkurs mit ein paar Freunden, darunter einer Kollegin aus London. Die haben mir ein bisschen davon erzählt. Aber das CD-Release hat mich in letzter Zeit sehr absorbiert. Ich weiss nicht einmal, ob die Schweiz Medaillen geholt hat (lacht).
hitparade.ch: Du hast in London eine Schauspielschule besucht und gesagt, dass Du die Schweizer Natur vermisst. Nun bist du ja wieder zurück in der Schweiz. Was vermisst Du von London?
Jaël: London wurde zu meinem zweiten Zuhause. Ich vermisse manchmal die Lebendigkeit dieser Stadt… und natürlich meine Freunde von dort. An der Schauspielschule waren immer Menschen um mich herum, die im gleichen Rhythmus lebten wie ich. Das ist in der Schweiz anders: Meine beste Freundin ist gerade nach Chur gezogen, eine andere wohnt in Zürich, wieder andere in Basel und Luzern. Darum bin ich in Bern oft alleine. Ich stehe morgens auf, arbeite an Songs und sehe tagsüber nicht viele Leute. Das war in London anders.
hitparade.ch: Wie sieht es nun mit Deiner Karriere als Schauspielerin aus? Sieht man Dich bald auf der Leinwand?
Jaël: Ich kann mir das gut vorstellen und habe auch bereits Angebote erhalten. Aber ich bin wahnsinnig wählerisch. Da ich mich bereits in der Musik ausleben kann, habe ich nicht das Gefühl, sofort die erste Rolle annehmen zu müssen. Es ist einerseits ein Vorteil, nicht bei jeder Rolle zugreifen zu müssen, andererseits ist es ein Nachteil, weil Du auch gut und gerne 20 Jahre auf die perfekte Rolle warten kannst. Ich muss den richtigen Moment finden.
Wo ich mich eher sehe, ist der Theaterbereich. Weil das sehr viel Zeit benötigt, wird das wohl erst im Zeitraum zwischen zwei Alben zum Thema. Ich ging ursprünglich nach London, weil ich Songs schreiben wollte. London war eine inspirierende Stadt. Die Schauspielerei war eher ein Nebending. Ich hätte wahnsinnig Respekt davor gehabt, in der Schweiz in eine Schauspielschule zu gehen, weil ich mich wahnsinnig beobachtet gefühlt hätte. In London kannte mich niemand und ich konnte einfach probieren.
hitparade.ch: Was haben Luk und Cedi in der Zwischenzeit gemacht?
Jaël: Luk hat mit anderen Künstlern Songs produziert. Cedi spricht nicht gerne darüber, was er gemacht hat. Was ich weiss, ist, dass er bei Bonaparte eine beratende Funktion inne hat.
hitparade.ch: Nach zwei Jahren meldet ihr euch zurück mit "What Is Next"? Habt ihr die Antwort auf die Frage gefunden?
Jaël: Auch unsere kommende Tour wird so heissen. Ich hoffe, dass ich immer hungrig bleibe, zu erfahren, was im Leben als nächstes kommt.
hitparade.ch: Nachdem Euer Schlagzeuger Chrigel Bosshard ausgestiegen ist, habt ihr beschlossen, als Trio weiterzumachen. Ihr habt Euch vom alten Management getrennt. Was waren die Gründe für diese Entscheidungen?
Jaël: Chrigel möchte am liebsten jeden Abend mit einer anderen Band auf der Bühne stehen, was sehr schwierig ist in Kombination mit Lunik. Dass Lunik immer erste Priorität hatte, wurde zunehmend schwierig für ihn, weshalb er einen Schlussstrich gezogen hat. Die Trennung vom Management hatte sich seit längerer Zeit abgezeichnet. Wir hatten zu viele enge Vorgaben und fühlten uns in einer Sackgasse. Für uns war es sehr wichtig, dass wir uns für das neue Album die Zeit nehmen konnten, die wir brauchten.
hitparade.ch: Das erste Mal bist nicht mehr nur Du alleine auf dem Cover eines Studio-Albums zu sehen. Hat es etwas zu bedeuten, dass ihr nun als Trio präsent seid?
Jaël: Ich wollte das unbedingt. Wir waren uns auf Anhieb einig, als wir das Bild sahen, dass es das Cover werden würde. Wir haben das Album so stark in diesem Dreieck erschaffen, dass es nicht der Realität entsprochen hätte, wenn ich alleine darauf gewesen wäre. Zwar sind wir hinsichtlich der Anzahl Leute in der Formation geschrumpft, aber wir sind ein so gutes Team wie noch nie zuvor. Wir wollten zudem nicht nur eine gute CD vorlegen, sondern auch eine schöne Zeit zusammen haben. Auch dieses Gemeinsame bildet das Cover gut ab.
hitparade.ch: Die erste Radio-Single "Me-Time" kam bei den Medien unterschiedlich an. Moniert wurde der hörbare Unterschied zu früheren Lunik-Songs.
Jaël: Das Feedback war durchzogen und das erstaunt mich nicht. Gewisse Leute mögen von uns eher die melancholischen Töne, die sie auch zu hören bekommen, wenn sie sich das Album anhören. Von einer lüpfigen Single sind diese Leute nun natürlich eher enttäuscht. Als Musiker muss man lernen, mit solchen Reaktionen zu leben.
hitparade.ch: Die Songs der neuen CD wurden im Home-Studio von Luk in Berlin, teils aber auch auf der abgelegenen italienischen Insel Lipari und in Bern aufgenommen. Weshalb an drei verschiedenen Orten?
Jaël: Mir war es sehr wichtig, dass Album nicht in einem strikten, engen Zeitplan aufzunehmen, sondern dass wir uns zu dritt auf eine Reise begeben und uns in dieser Zeit gemeinsam mit dem Album beschäftigen. Wir hatten schöne Zeiten in Berlin und auf Lipari. Wir haben musiziert, gut gegessen… und wenn es im Studio zu heiss wurde, gingen wir baden und Bötchen fahren. Auf der Reise hat sich alles darum gedreht, was dir zu dritt erleben, wie es uns dabei geht und wann der richtige Moment zum Aufnehmen ist. Manche Songs entstanden um 3 Uhr nachts.
Die Vorgehensweise hatte auch den Vorteil, dass wir zuerst drei Wochen in Berlin aufgenommen haben, die Songs nachher zur Seite legen konnten und nachher in Lipari weiterdenken konnten. Die Songs brauchen Zeit zum Atmen.
hitparade.ch: Merkt man den Songs an, wo sie entstanden sind?
Jaël: Es ist in jedem Song ein bisschen Lipari, Berlin und Bern drin. Der Vorteil der heutigen Technologie ist, dass Du die Gitarre in Lipari aufnehmen und beispielsweise in Zürich ein Orchester darüber legen kannst.
hitparade.ch: Ihr habt ja reichlich mit den Instrumenten herumexperimentiert auf diesem Album. Was waren die speziellsten, die ihr verwendet habt?
Jaël: Für mich war das Kazoo das etwas Besondere, da ich das vorher noch nie gespielt hatte. Auch Xylophon war für mich eher ungewöhnlich. Zu hören sind aber auch eine Abwaschbürste, Chipstüten, Toilettenpapier, Schlüsselbunde, Gläser, Feuerzeuge, eine Balkontüre und Vögel aus Berlin.
hitparade.ch: Gibt es besonders wichtige Themen, die in den Texten mehrerer Songs des Albums aufgegriffen werden?
Jaël: "What Is Next" kommt natürlich immer wieder, da es für mich eine zentrale Frage ist. Ich bin um die 30 und merke, dass sich Leute um mich herum - und ich selber auch - diese Frage immer wieder stellen. Du fragst Dich, was noch kommt. Wir leben in einer Gesellschaft, in der man vieles machen kann. Gerade in meiner Altersgruppe stehen oft die Hinterfragung von Lebensarten, Zwischenmenschlichkeit, Liebe, Beziehungen, Ängsten und Verlusten im Raum. Diese werden in den Songs thematisiert. Es geht also grundsätzlich um das Leben mit all seinen Facetten - den traurigen und den schönen.
hitparade.ch: Gibt es die Band MiNa, die Du zusammen mit Luk bildest, eigentlich noch? Wird da auch noch etwas Neues kommen?
Jaël: Wir wissen es nicht genau. Wir hatten letzten Herbst ein paar MiNa-Konzerte und viel Spass dabei. Darum wäre es zwar schade, das Projekt zu begraben, doch gleichzeitg merken wir, dass sich Lunik immer mehr in jene Richtung entwickelt, die MiNa war. Ich möchte aber nicht sagen, dass MiNa deswegen gestorben ist.
hitparade.ch: Das Schweizer Fernsehen hat dich angefragt, ob du in der Jury der Casting-Sendung "The Voice of Switzerland" sitzen möchtest. Du hast abgesagt, weil der Dreh mit Deinen Terminen kollidiert wäre und Du die ganze Kraft in Lunik investieren möchtest. Hätte Dich die Aufgabe aber gereizt? Und was hältst Du von diesem Show-Konzept - auch im Unterschied zu anderen Casting-Sendungen?
Jaël: Ich habe schon mit meiner Entscheidung gerungen. Grundsätzlich bin ich kein Fan von Casting-Shows, doch "The Voice" ist in vieler Hinsicht anders. Es wird niemand vor laufender Kamera fertiggemacht, es gibt keine "Leider-Neins". Es hätte mich auch gereizt, nicht nur Jurorin, sondern auch Coach zu sein. Ich bin darum nach wie vor hin- und hergerissen. Dass die Show trotz allem rein auf Entertainment angelegt ist, gefällt mir weniger. Als Coach den Leuten etwas mit auf den Weg zu geben, ist wiederum sehr reizvoll. Wenn ich so etwas gemacht hätte, hätte ich mir wirklich Zeit dafür nehmen und nicht nur ein vom SRF vorgeschriebenes minimales Fenster darin investieren wollen.
hitparade.ch: Ihr startet Eure Tournee am 7. Oktober zusammen mit dem Zürcher Kammerorchester in der Tonhalle Zürich. Mit dem Orchester hast Du bereits gearbeitet. Wie war die Erfahrung?
Jaël: Es war super! Wir haben auch schon Live-Aufnahmen zusammen gemacht. Mir gefällt die spezielle Dynamik auf der Bühne. Es hat einen warmen Klang - völlig frei von elektronischem. Ich habe das Gefühl, eine Welle von purer Wohligkeit und Wärme komme hinter mir auf der Bühne hervor und ich kann mich darauf setzen und losreiten. Ich freue mich sehr darauf.
hitparade.ch: Im November beginnt dann die reguläre Club-Tournee. Was wird der Unterschied zum Orchester-Setting sein?
Jaël: Das Orchester soll nicht einfach mitdudeln, sondern hat seine Funktion. Auf der Tour ist dann klassischer Band-Sound zu hören. Es wird sicher nicht dasselbe Set sein, primär werden wir aber bei beiden Programmen neue Songs spielen.
hitparade.ch: Sprechen wir noch kurz über die aktuellen Alben-Charts.
3. Pegasus - Human.Technology
Jaël: Ehrlich gesagt gefielen mir ihre älteren Sachen besser, weil sie mehr Charakter hatten. Aber da gehe ich offenbar nicht mit der Allgemeinheit mit.
7. Linkin Park - Living Things
Jaël: Das ist nicht so meine Musik.
8. Amy Macdonald - Life In A Beautiful Light
Jaël: Ich finde sie super! Eine tolle Frau mit einer tollen Stimme und tollen Songs.
10. Patent Ochsner - Johnny - The Rimini Flashdown Part II
Jaël: Mit Musik von Büne Huber und Kuno Lauener bin ich gross geworden. Die wurden in der Berner Schule rauf und runter gesungen.
11. Die Toten Hosen - Ballast der Republik
Jaël: Die Band kenne ich von früher als Teenager, das neue Album ist mir aber unbekannt.
12. Gotthard - Firebirth
Jaël: Schön, dass sie wieder da sind. Ich habe das neue Album aber bisher nicht gehört.
13. Adele - 21
Jaël: Ein Hammer-Album, mehr kann man dazu gar nicht sagen.
Interview durchgeführt: Steffen Hung
Redaktion: Remo Hiltbrunner