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Interview mit Marit Larsen



Viele Sängerinnen gibt's derzeit, die mit der Gitarre um den Hals von den kleinen Sorgen und den grossen Lieben des Lebens singen. Weshalb die 26jährige Norwegerin Marit Larsen aus dem Einerlei herausragt, hat sie uns im interview spüren lassen. Wir haben die sympathische Sängerin, die mit "If A Song Could Get Me You" derzeit die Hitlisten stürmt, zu ihrer musikalischen Vergangenheit und zu ihrem eindrücklichen Erfolg befragt.

hitparade.ch: Dein Album hat in Deutschland, Österreich und auch hier in der Schweiz auf Anhieb voll eingeschlagen. Bist Du heute zum ersten Mal hier in der Schweiz?
Marit: Nein, ich war bereits diesen Frühling in Zürich - für einen Auftritt mit Jason Mraz. Ich war sein Support-Act. Das war mein erster Besuch in der Schweiz. Weil ich eine Stunde frei hatte, ging ich auch durch die wunderschöne Altstadt. Heute werde ich leider keine Zeit dazu haben.

hitparade.ch: In deiner Heimat Norwegen bist du ja schon seit Jahren ein Star. Worauf ist der nunmehr durchschlagende Erfolg bei uns zurückzuführen?
Marit: Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich Leute bei Sony Columbia gefunden habe. Ich habe sehr viel Zeit gebraucht, ein Label ausserhalb Norwegens zu finden, das meine Musik so veröffentlichen will, wie ich es möchte, mit meinen Konditionen und meiner Songauswahl. Bei Columbia ist das der Fall. Die letzten drei Jahre in Norwegen waren fantastisch. Wir waren ständig auf Tournee und haben zwei Alben veröffentlicht.

hitparade.ch: Dein Album "If A Song Could Get Me You", das bei uns veröffentlicht wurde, ist nun eine Art Best Of mit Songs der zwei bisherigen Alben. Wie bist du bei der Auswahl der Songs vorgegangen?
Marit: Ich bin von der Setlist meiner ersten Tour, die ich in Deutschland, Österreich und der Schweiz im November machen werde, ausgegangen. Das Album sollte einfach eine Art "Marit Larsen for Dummies" sein (lacht). Wenn ich als Besucherin an ein Konzert gehe, möchte ich nämlich auch jeweils vorbereitet sein und alle Songs vorher schon gehört haben. Dieses Album ermöglicht das.

hitparade.ch: Inwiefern hat sich dein Leben verändert, seit du auch außerhalb deiner Heimat ein Star bist?
Marit: Die letzten drei Jahre war ich ständig unterwegs. Jetzt dauern die Flüge ein wenig länger. Ich schaffe es nicht mehr wie früher, montags und dienstags jeweils nach Hause zu gehen. Doch es ist die beste Zeit meines Lebens, die ich gerade verbringe. Da ich überall meinen Schlaf finde, bin ich auch eine unkomplizierte Reisende. So viele Leute und so viele Orte kennenzulernen, ist wunderbar.

hitparade.ch: Für einen Schweizer Künstler ist es sehr schwer, in Deutschland erfolgreich zu sein, während erfolgreiche deutsche Künstler fast automatisch auch hier in der Schweiz Erfolg zu haben. Wir haben gesehen, dass du dich noch nicht in den schwedischen Charts platzieren konntest. Wie schwer hat es ein norwegischer Künstler im Nachbarland?
Marit: Ich denke, es ist das gleiche. Du musst wissen, wir gehörten vor langer Zeit mal zu Schweden (lacht). Wir haben sehr viel schwedische Musik bei uns in den Charts, aber es gibt fast keine norwegische Musik in den schwedischen Charts. Ich denke, das ist auch ein bisschen so in den USA und in Kanada. Es ist komisch. Aber jetzt geht es dafür sehr gut voran in Deutschland und ich bin momentan seit drei Wochen ununterbrochen auf Platz 1. Das ist unglaublich.

hitparade.ch: Hast du es mit Promotion in Schweden versucht?
Marit: Nicht wirklich. Momentan habe ich einen Deal mit EMI in Norwegen. Wenn EMI Schweden meine CD veröffentlichen möchte, könnten sie.

hitparade.ch: Nach Auflösung des Popduos M2M hast du eine zweijährige Kreativpause gemacht. Warst du dir zu dieser Zeit sicher, dass du zu einem späteren Zeitpunkt wieder Musik machen wirst?
Marit: Wir waren vier Jahre lang in über 20 Ländern unterwegs. Es war ein stetiges Reisen. Das erschwerte es, Songs zu schreiben und an Kompositionen zu arbeiten. So habe ich in dieser Zeit den Fokus auf diese Arbeit etwas verloren. Mein erster Kontakt mit der Musikindustrie dank M2M war beides - gut und schlecht. Ich konnte damals nicht so viel schreiben, wie ich wollte. Da ich bereits mit 13 begonnen habe, eigene Songs zu schreiben, war ich mit der Situation bei M2M nicht glücklich. Ich musste eine Auszeit nehmen, die etwa drei Jahre dauerte. Eine Auszeit, um meine obligatorische Schule abzuschliessen, an Partys zu gehen, Wein zu trinken, mein Herz zu verlieren. All dies hat mich inspiriert, wieder Songs zu schreiben. Als ich damit begann, ist es nur so aus mir rausgesprudelt. Als ich fünf oder sechs Songs beisammen hatte, entwickelte sich die Idee, es solo zu versuchen.

hitparade.ch: Denkst du, dass es einfacher war, eine Solo-Karriere zu starten, weil die Leute Dich bereits von M2M kannten?
Marit: Ich denke nicht, dass sich viele Leute an M2M erinnern. Es war für uns eine Einführung in die furchterregende Musikindustrie. Wir waren da noch so jung. Ich bin mit 26 zwar immer noch jung, aber den Deal habe ich damals vor zehn Jahren bekommen. Ich habe in dieser Zeit viele Sachen gelernt und habe sicher auch Fehler gemacht, die ich jetzt nicht mehr machen muss (lacht). Ich denke, insbesondere der Song "If A Song Could Get Me You" hat mir viele Türen geöffnet. Das konnte ich nie voraussehen.

hitparade.ch: Du kennst nun das Leben als Bandmitglied genauso gut wie jenes als Solokünstlerin, wenngleich du auch jetzt mit einer Band unterwegs bist. Was macht dennoch den Unterschied aus?
Marit: Es ist ein grosser Unterschied. Wenn du als Duo unterwegs bist, kannst du die Arbeit mit jemandem teilen. Du hast auch jemandem, mit dem du die Erfolge feiern kannst. Jetzt, wenn ich irgendwo eine Nummer 1 habe, kann ich bloss mit mir selbst höchstpersönlich ins Café gehen und ein Stück Kuchen essen (lacht). Aber trotzdem bevorzuge ich es, solo unterwegs zu sein. So habe ich die absolute Kontrolle über mein Material, kann alles schreiben und den Sound bestimmen. Ich merke, dass das einfach lohnender ist. Ein Tag wie heute, an dem ich zehn Interviews mache, ist auch deshalb kein Problem für mich, weil es jetzt ja um meine eigene Musik geht. Das ist es wert.

hitparade.ch: Viele Künstler meinen, dass sie ihre Gefühle in ihrer Muttersprache besser ausdrücken können. Wie sieht das bei Dir aus? Du singst ja in englisch.
Marit: In Norwegen werden die Filme nicht synchronisiert wie bei euch. Ich höre englisch bereits mein ganzes Leben und ich höre auch fast nur englische Musik. Bereits in meiner Zeit bei M2M habe ich mehr englisch als norwegisch gesprochen. Ich denke, mein Wortschatz ist auf diesen Reisen damals gewachsen. Wir haben in Norwegen zwar fantastische Songwriter, aber mein eigener Dialekt ist leider sehr langweilig (lacht). Ich kenne einige fantastische norwegische Songs und ich würde gerne auch auf norwegisch Lieder schreiben, aber wenn ich sie singe, klingt das einfach nicht gut.

hitparade.ch: Du hast all Deine Lieder komponiert. Wie muss man sich die Entstehung eines Liedes von Dir vorstellen, wenn ein weiterer zweiter Name als Komponist aufgeführt ist. Wie enstanden beispielsweise die Lieder mit Peter Zizzo? Sitzt ihr da zusammen und knobelt gemeinsam an einer Komposition oder hat jeder seinen fixen eigenen Part?
Marit: Peter Zizzo habe ich bereits 1998 das erste Mal getroffen, als wir M2M-Songs geschrieben haben. Die Chemie zwischen uns war schon immer grossartig. Wir haben im Laufe der Jahre immer wieder Songs gemeinsam geschrieben, weil wir zusammen immer so viel Spass haben. Wir sitzen dann jeweils zusammen, ich komme dann gewöhnlich mit einer Idee, wir spielen es und schreiben dann innerhalb eines Tages einen Song. Auch mit meinem Produzenten Kåre Vestrheim klappt die Zusammenarbeit wunderbar. Bei ihm komme ich jeweils bereits mit einer kompletteren Idee und wir arbeiten gemeinsam am Arrangement. Wenn man die Songs hört, ihre Musikalität, aber auch die Art, wie ich Geschichten erzählte, stellt man Ähnlichkeiten fest, weil halt immer noch alles von mir ist.

hitparade.ch: Wie sahen deine ersten musikalischen Gehversuche aus?
Marit: Die erste Erinnerung meines Lebens ist, dass ich unter dem Flügel meiner Mutter sass und sie ihre Schüler unterrichtete. Mein Vater hat Cello im Oslo Philharmonic Orchestra gespielt. Unser Haus war somit immer voller Musik. Musik war eine Ausdrucksform, die ich schon sehr früh kennenlernte. Mit fünf Jahren habe ich mit Voline angefangen, habe es aber drei Jahre später wieder aufgegeben, was ich heut bereue. Mit acht Jahren habe ich einige Zeit "professionell" in Musicals mitgewirkt - bei "Annie", "The Sound Of Music" oder "Der Zauberer von Oz". Mit 13 habe ich dann mit Gitarre angefangen und später Mandoline. Klavier habe ich schon immer gespielt.

hitparade.ch: Was für Musik hörst du privat?
Marit: Ich höre alle grossartigen Songs gerne (lacht). Meine grösste musikalische Heldin ist Joni Mitchell. Aber ich liebe auch die Beatles oder neuere Sachen wie Feist, Rufus Wainwright, Regina Spector, Phoenix, Radiohead oder Coldplay.

hitparade.ch: Die Konkurrenz weiblicher Solokünstlerinnen ist im Moment ja enorm. Was ist ausschlaggebend, dass im Moment die Frauen den Takt angeben in der Hitparade?
Marit: Ich denke, es ist gefährlich, diese Frage zu beantworten. Denn ich glaube, der Erfolg hat nichts damit zu tun, eine Frau zu sein. Die meisten meiner männlichen Freunde zu Hause, die Musik machen, spielen in Bands. Und die meisten meiner Freundinnen sind solo unterwegs. Ich weiss nicht, warum das so ist. Mir ist es einfach wichtig, in erster Linie Songwriter zu sein. Eine Liedermacherin, eine Sängerin, die ihre eigenen Songs präsentiert.

hitparade.ch: Du konntest ja mit Emiliana Torrini eine Isländerin an der Spitze der deutschen Charts ablösen. Ist es reiner Zufall, dass der Norden Europas derzeit das Popgeschehen im deutschsprachigen Europa so mitbestimmt?
Marit: Ja, das ist lustig mit Emiliana Torrini. Denn sie ist in Norwegen gar nicht so bekannt. Als ich meine Single in Deutschland promotete, hörte ich ihren Song zum ersten Mal. Als ich Interviews auf sie angesprochen wurde, habe ich immer von ihrem fantastischen Videoclip erzählt, wo sie auf ihre Lippen zoomen und sie singt " gadongdagondagon" (lacht). Die Journalisten sagten jeweils: Du hast Nerven - Du hast die jetzt ja gerade von der Spitze gekickt. Ich habe mir ihr Album angehört und finde sie eine fantastische Künstlerin und eine coole Frau. Ich bewundere sie - sie hat eine schöne Stimme und ihre Musik ist unversehrt und sehr inspirierend.

hitparade.ch: Es gibt viele norwegische Künstler wie a-ha, Maria Mena oder Lene Marlin, die sehr bekannt sind in der Schweiz. Kennst du Schweizer Künstler?
Marit: Ja, vor etwa einem Jahr war ich in einer Show in Oslo, bei der auch eine Band namens MiNa aufgetreten ist. Die waren sagenhaft - sie haben ein Duett mit einem Freund von mir gesungen. Sein Name ist Pål Angelskår und er spielt bei Minor Majority. Die Show war wirklich cool gemacht mit dem Looping der Stimmen und Instrumente. Ich war sehr beeindruckt.

hitparade.ch: Dürfen sich Deine Schweizer Fans bald auf Konzerte von Dir hier freuen?
Marit: Ja, wir arbeiten dran. Aufgrund des unerwarteten Erfolgs sind wir im Moment gezwungen, alles sehr schnell zu organisieren. Im November spiele ich 13 Konzerte in Deutschland. Wir werden jetzt versuchen, noch ein paar Konzerte in Österreich und in der Schweiz hinzuzufügen. Ich habe bereits meine sechsköpfige Band, die mit mir unterwegs sein wird. Diese Kontinuität ist mir wichtig. Ich liebe es, aufzutreten und spiele im Moment etwa 100 Konzerte jährlich.

hitparade.ch: Wie bereitest Du Dich auf Tourneen vor? Gibt's da ganze Wochen, in denen Du mit der Band probst oder seid ihr ohnehin immer gemeinsam am Musizieren und somit immer "in der Übung"?
Marit: Immer, ich singe jeden Tag, schreibe neue Songs, spiele sie und übe mit meiner Band.

hitparade.ch: Was sind - nebst der erwähnten Tournee - Deine weiteren Pläne für das Jahr 2009? Gibt es Dinge, auf die Du Dich in diesem Jahr noch besonders freust?
Marit: Ende September geht ein grosser Traum von mir in Erfüllung: ich werde in Norwegen eine Tournee in Konzerthallen mit einem Orchester machen. Auf meinem Album habe ich viele Streichersätze selber arrangiert. Viele Songs sind sehr orchestral instrumentiert und ich freue mich sehr, diese auch live in dieser Form präsentieren zu können. Dazwischen werde ich natürlich weiter Songs schreiben und in Norwegen sowie diesen drei wundervollen neuen Ländern, wo meine Musik jetzt populär ist, hin- und herreisen. Ich denke zwar nicht, dass ich bald mal wieder Ferien haben werde, aber ich habe nichts dagegen. Ich erlebe im Moment die spannendste Zeit meines Lebens und geniesse es sehr (lacht).

hitparade.ch: Kommen wir zur Top 10 der Schweizer Hitparade. Kannst du die Songs kommentieren?

10. David Guetta feat. Akon - Sexy Bitch
Marit: Diesen Song habe ich noch nicht gehört. David Guetta hat zwei Songs in den Top 10, das ist beeindruckend.

2. David Guetta feat. Kelly Rowland - When Love Takes Over
Marit: Diesen Song kenne ich natürlich, er ist überall "on the top". When love takes over… (singt).

9. Jay-Z / Rihanna / Kanye West - Run This Town
Marit: Rihanna ist eine fantastische Künstlerin mit einer schönen Stimme. Ich liebte "Umbrella". Diesen Song habe ich noch nicht gehört. Ich höre halt praktisch nur CDs an und selten Radio.

8. Agnes - Release Me
Marit: Agnes habe ich gerade kürzlich getroffen an einer deutschen Radioshow. Ich habe vor 17'000 Leuten gespielt und sie war auch da.

6. Gossip - Heavy Cross
Marit: Ist das die gewaltige Sängerin? Ich habe gerade ihre CD gekauft und hörte sie im Flugzeug, ein grossartiger Song.

4. Marit Larsen - If A Song Could Get Me You
Marit: Über diesen Song könnte ich dir ganz viel erzählen (lacht).

3. Shakira - She Wolf
Marit: Shakira ist fantastisch. Ich bin froh, dass sie zurück ist.

1. The Black Eyed Peas - I Gotta Feeling
Marit: Die sind gewaltig. Ich habe aber keine Beziehung zu ihrer Musik ausser zu "My Humps".

Marit: Wow, es ist toll, höher in den Charts zu sein als Lily Allen, Whitney Houston und Madonna. Das ist schon irgendwie verrückt!

hitparade.ch: Wir drücken dir die Daumen, dass das bald so bleibt und freuen uns auf die Konzerte. Vielen Dank für das Gespräch!