Interview mit Mephistosystem
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Mephistosystem ist eine alternative Industrial-Rock Band aus der Schweiz, die jedoch internationalen Sound abliefert; auf jeden Fall hört man diese Art von Schweizer Musikern selten. Wir haben das Bandmitglied Pat Wydler während einer Tattoo-Session mit Ives Irie (MC der Delinquent Habits) zum Interview getroffen.hitparade.ch: Dies ist euer drittes Album, jedoch kann es sein, dass viele Leute euch zum ersten Mal hören, denn diese Art von Musik wird in der Schweiz nicht so schnell verbreitet und ist nicht typisch. Ihr liefert guten, tiefsinnigen Rock. Wie habt ihr euch damals kennengelernt?
Pat Wydler: Ja, uns gibt es schon mehrere Jahre. Ich bin jedoch erst seit 2009 dabei. Ich war vorher in einer anderen Band (Soul Strip), die sich nach 10 Jahren aufgelöst hat und suchte eine neue Herausforderung. Auf www.music.ch fand ich das Inserat, in dem Mephistosystem einen neuen Gitarristen suchen und das hat perfekt gepasst.
hitparade.ch: Bist du noch in Kontakt mit den Mitgliedern von 'Soul Strip'?
Pat Wydler: Es ist komisch, es hat drei Jahre gedauert nach dem Aus, um wieder in Kontakt zu kommen mit dem Sänger und die alten Songs zu hören, denn er hat die Band verlassen und das war das Ende. Ich habe ihn über Weihnachten per Zufall im Kino getroffen. Ich habe also meinen inneren Frieden mit den alten Bandmitgliedern wiedergefunden.
hitparade.ch: Die Musik von euch kommt bei den Leuten sehr gut an, besonders, weil sie nicht typisch schweizerisch klingt und düster ist. Es gibt nicht viele Bands, die sich auf diese Schiene trauen, da es viel schwieriger ist in der Schweiz. Wie geht es bei euch voran?
Pat Wydler: Es ist nicht einfach. Am Anfang haben wir uns ständig gefragt, wie wir uns promoten können, denn die Radios wollten uns nicht spielen. Es ist allgemein schwierig für Rock-Bands aus der Schweiz. Mit der Zeit haben wir uns gedacht: "Scheiss drauf!" Wir managen uns auch selber, es gibt niemanden, der uns hineinfunkt, es gibt niemanden, der uns sagt: "Macht eine Radio-Single, damit ihr gespielt werdet!" Wir sind uns selber, wir bleiben, wie wir sind, wir wollen unseren Spass haben und unseres eigenes Ding machen, ohne dass uns jemand sagt, wie wir sein sollen.
hitparade.ch: Die Radios ignorieren schnell einmal eine Single mit viel Gitarre drin. Das scheint aber nicht nur in der Schweiz so zu sein.
Pat Wydler: Es gibt viele Schweizer Rock-Bands, die denken, die Schweiz sei nicht der richtige Ort für ihre Musik. Aber wohin soll man denn gehen? Nach Deutschland? Da gibt es Tausende von Bands, die Situation ist dieselbe. Man ist so wie man ist; entweder es gefällt den Leuten oder nicht. Du kannst die beste Band der Welt sein, du kannst trotzdem nicht kontrollieren, ob die Leute es kaufen und mögen.
hitparade.ch: Die Single, die ihr herausgebracht habt, heisst 'Move The Clouds', genau wie das Album. Es ist ein düsterer, aber auch ruhiger Song.
Pat Wydler: Ja, genau!
hitparade.ch: Geht man auf YouTube, sieht man das Video dazu, welches sehr professionell und schön düster aussieht, genau wie der Song. Wie waren die Dreharbeiten? Lohnt es sich noch, Videoclips zu machen?
Pat Wydler: Ein sehr guter Freund von uns, Paddy Rubin, kennt sich da super aus und kreiert alle unsere Videos. Es ist ein Geben und Nehmen: Er hat die Chance, sich zu verbessern und neue Dinge auszuprobieren, und wir haben das Endprodukt, einen Clip. Es war Paddy's Idee, mit einer Highspeed-Kamera etwas zu machen. Wir haben dann geschaut, welcher Song am besten geeignet wäre für Slow Motion Aufnahmen und er fand, "Move The Clouds" sei perfekt dafür. Schaut man sich das Video und das Cover des Albums an, merkt man sofort, was das Konzept des Ganzen ist.
hitparade.ch: Wie lange hat es gedauert, einen solchen Clip zu machen?
Pat Wydler: Wir haben ein Wochenende lang geshootet. Danach hat Paddy jede freie Minute genutzt, um alles zu perfektionieren und es ist wirklich toll geworden. Schaut man sich den Clip an, sind das eigentlich die RAW-Original-Aufnahmen, es wurde also nicht mehr viel geändert an dem Bild selber.
hitparade.ch: Wie sieht es bei euch mit der Song-Entstehung aus? Bringt Jeder seine Ideen und am Schluss kommt alles zusammen, oder schreibt nur der Sänger und Jeder macht seinen Teil?
Pat Wydler: Es ist so, dass Abele (Gesang und Gitarre) schon das obere Glied der Kette ist, die Songs schreibt und Ideen bringt. Wir können natürlich auch unsere Ideen miteinbeziehen, aber er macht hauptsächlich die Musik. Bei "Constuction Site" war ich noch neu, aber bei diesem Album habe ich auch ein paar Texte geschrieben und mitgeredet. Ich denke, das war für Abele auch eine kleine Entlastung, denn bei meiner alten Band "Soul Strip" war ich der Anführer, darum wusste ich, wie es ist. Wir sind sehr zusammengewachsen, wir harmonieren gut. Mittlerweile haben wir ein so gutes Line-Up zusammen, dass die Songs auch als homogene Band entstehen können.
hitparade.ch: Was denkst du über das gratis Streamen von ganzen Alben im Internet, sei es auf YouTube oder Programmen wie 'Spotify'?
Pat Wydler: Ich sehe es positiv, für Bands wie uns ist es eine grosse Chance, Musik zu verbreiten, damit uns neue Leute kennenlernen. Es ist auch wieder ein Beispiel dafür, dass wir nicht abhängig sind von den Radios, die uns nicht spielen wollen, sondern wir haben andere Möglichkeiten, den Leuten die Musik zu zeigen. Wir haben auch bei "SoundCloud" Musik gratis zur Verfügung gestellt, einfach, um den Fans etwas zu geben.
hitparade.ch: Ihr wart auch schon in verschiedenen Ländern live unterwegs. Wie vergleicht ihr die Schweizer mit dem Ausland?
Pat Wydler: Es ist schwierig, die Schweizer einzuschätzen. Manchmal kommen die Leute an dein Konzert, stehen dann nur herum, man weiss nicht, ob es ihnen nun gefällt oder ob es einfach ihre Art ist. Doch es gab Viele, die nach der Show zu dir kamen (genau die, die zuvor nur herumstanden) und dir Komplimente machten. Dann denke ich manchmal: "Warum hast du nicht gezeigt, dass es dir gefällt?" Aber das ist die Art von Vielen, sie zeigen es zuerst nicht.
hitparade.ch: Gibt es ein spezielles Ereignis, das dir von all den Live-Shows geblieben ist?
Pat Wydler: Vor zwei Jahren spielten wir am "Rock am Weier" in Wil, St. Gallen. Der Eintritt des Festivals war übrigens gratis. Wir hatten 15 Minuten Zeit für den Soundcheck und niemand war da. Also dachten wir, wir machen das und dann gehen wir. Wir gingen dann kurz backstage, um alles bereitzumachen. Nach wenigen Minuten gingen wir wieder auf die Bühne und vorne war alles voller Leute, etwa 3'000! Wir dachten uns nur: "Wow, woher kommen all diese Leute?" Es war wirklich toll!
hitparade.ch: Was ist der nächste Schritt in der Band-Geschichte von Mephistosystem?
Pat Wydler: Das Ziel ist es, so oft wie möglich live zu spielen, die Musik mehr zu verbreiten. Wir hoffen auf ein paar Festivals diesen Sommer.
hitparade.ch: Viele Leute sind kritisch mit den offiziellen Verkaufs-Charts. Was ist deine Meinung dazu?
Ives Irie von "Delinquent Habits" (während des Tattowierens): Ich möchte da einmal meine Meinung dazu sagen, so wie ich das denke: Grosse Labels machen Buy Out's. Ich bin schon seit Jahren in diesem Business in Amerika. Es ist kompliziert, es geht nicht darum, wie viele CDs du verkaufst innerhalb eines Jahres oder so. Das Erste, was sie schauen, ist: Wie viele CDs verkaufst du in der ersten Woche. So ging das bei uns: "Wie viele CDs habt ihr in der ersten Woche verkauft?" "15'000!" "Oh, dann Platz 2!" Bei uns war es in der ersten Woche weniger. Es ist Manipulation, es ist Business.
Pat Wydler: Als Musiker kann man sagen, man mache sein eigenes Ding, man sei ein Künstler, doch man ist auch Teil eines Business, damit muss man rechnen.
Ives Irie von "Delinquent Habits": Es wird noch schwieriger: Weil man weniger Platten verkauft, werden viele andere Sachen versucht, um einen Gleichstand zu finden.
Pat Wydler: Wenn man zum Beispiel die Sommerhits anschaut, das wird vorher, schon bevor es herauskommt, als Hit bezeichnet, es ist auch manipuliert. Sie machen den Hit daraus! Es ist nicht, einen Song zu veröffentlichen und sehen wie es läuft, es wird zum Sommerhit gemacht. Es gibt zwei Arten von Leuten: Solche, die wissen, was sie gerne hören und die Bands aufzählen können, Konzerte besuchen und ihre Meinung haben, doch es gibt auch die Art von Menschen, die sich einfach anhören, was sie gerade im Radio hören und das dann auch kaufen, was gerade so in ist. Das ist auch manipuliert, denn, wenn etwas Anderes kommen würde, würden sie vielleicht auch Anderes kaufen.
hitparade.ch: Was hältst du von den aktuellen offiziellen Schweizer Charts?
Pat Wydler: Ich mag P!nk, sie performt gut und singt gut. Ich mag auch Christina Perri, es ist schöne Musik und hat Soul. Unheilig haben für viele "dunkle" Bands die Türen geöffnet, ich finde sie nicht schlecht. Viele Leute mögen Nickelback nicht mehr, aber mir gefallen sie immer noch.
Interview durchgeführt: Sonja Eberhard
Redaktion: Sonja Eberhard, Gabi Wegmüller