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Interview mit Mia Aegerter

© 2006 Scheffold und Vizner

© 2006 Scheffold und Vizner

Mia Aegerter meldet sich mit ihrem zweiten ganz persönlichem Album zurück. Natürlich ein Grund für uns, sie zum Interview einzuladen.

hitparade.ch: Beim neuen Album hast Du nicht nur die Songs komponiert und die Texte geschrieben, sondern die gesamte Vorproduktion selbst gemacht. Inwiefern hat sich dein Sound seit der ersten Platte verändert?
Mia: Der Sound hat sich verändert, das stimmt, aus dem Grund, da ich zum ersten Mal selbst produziert habe. Ich würde sagen, dass er ein wenig experimenteller, ein wenig rockiger und kantiger geworden ist, aber auch ein wenig melancholischer. Es gibt viele Rock-Gitarren, aber auch viel Cello und Geigen. Ich fühle mich mit dieser Musik sehr wohl und sie entspricht mir viel besser als die vom letzten Album.

hitparade.ch: Mit Deinem Debüt-Album "So wie i bi" hast Du in der Schweiz Gold geholt und warst 18 Wochen in der Hitparade. "Meischterwärk" ist diese Woche neu auf Platz 55 eingestiegen. Was sind Deine Erwartungen für das neue Album?
Mia: Es ist schwer, Prognosen abzugeben. Eine Erwartungshaltung einzunehmen, ist auch nicht unbedingt sinnvoll. Wir haben gewusst, dass es sicher härter wird als beim letzten Album, weil ich den Schritt gewagt habe, meine Musik zu verändern. Das ist mir sehr wichtig gewesen, wichtiger als ein kommerzieller Erfolg. Zusätzlich habe ich im letzten Album den enormen Push vom Film "Achtung, Fertig, Charlie" gehabt, zu dem ich den Titelsong geschrieben habe. Das war eine sehr gute Werbung für die Musik. Außerdem kommt dazu, dass wir für die Single keine einzige Fernsehsendung gehabt haben, von der Promotion her ist es ganz anders als beim letzten Album. Von daher haben wir uns schon darauf eingestellt, aber mir ist es wichtig, dass ich langfristig das machen kann, was ich wirklich in der Musik will, und da gehe ich auch das Risiko ein.
hitparade.ch: Die Single ist bereits in der Hitparade, jedoch scheint sie von den Radios nicht gespielt zu werden.
Mia: Das ist ein weiterer Grund, ich habe letztes Jahr Powerplays in den Airplays gehabt, das ist sehr gut gelaufen. Dieses Jahr tun sich die Radios sehr schwer damit, weil's eben ein wenig kantiger ist und nicht so "radiotauglich" ist. Das hab ich auch gewusst. Aber zum einen ist das die Entscheidung der Plattenfirma, das als Single zu nehmen und genau das den Radios zu schicken, auf der anderen Seite ist es nicht mehr so weich gespielter Pop, mit dem ich ehrlich gesagt nicht mehr so viel anfangen kann, so tönt halt meine Musik.

hitparade.ch: An wen richtest Du denn Dein Album? An die bisherigen Fans oder eher an neue Leute, da Du nun etwas anderes machst?
Mia: Ja ich hoffe natürlich, dass meine bisherigen Fans die Musik auch gut finden, es ist jetzt nicht eine extreme Veränderung, nicht z. B. von Pop zu Independent, es ist nach wie vor kommerzielle Musik. Aber klar würde ich mich freuen, wenn ein paar Leute, die bisher Mia Aegerter noch nicht kennen, reinhören würden und an einem Gig vorbeikommen würden. Ich denke, es könnte noch ein paar andere Leute ansprechen.

hitparade.ch: Einige deiner Songs sind in Englisch, andere in Deutsch gesungen. Wie entscheidest du, welche Songs in welcher Sprache erscheinen?
Mia: Das ist willkürlich. Die einen Ideen kommen mir in Schweizerdialekt in den Sinn, die anderen auf Englisch. Ich nehme mir die Freiheit heraus, das zu machen, wie es mir grad passt.
hitparade.ch: Ist es für dich nie in Frage gekommen, in Hochdeutsch zu singen, um damit vielleicht den deutschen Markt zu erobern?
Mia: Ich habe in Deutschland auch schon Hochdeutsch bei Schweizerdialekt-Songs gesungen, die lassen sich zum Teil nicht so gut auf Englisch übersetzen, dann mach ich's auf Hochdeutsch. Ich habe damit kein Problem, ich spiele gern mit Sprachen. Aber bisher ist es noch nie Thema gewesen, weil ich finde, dass Englisch schon eine gute Sprache für Songs ist und außerdem macht es mir Spass auf Englisch zu komponieren.

hitparade.ch: Die Single des Albums heisst "Meischterwärk". Wir kann man als Mann deine Message in diesem Song verstehen, in dem du vermittelst, dass Frauen Meisterwerke sind?
Mia: Männer wissen ja sowieso schon, dass Frauen Meisterwerke sind, oder? (lacht) Nein, es soll eher den Frauen ein gutes Bewusstsein geben - für sich selber. Meine erste Idee für das Schreiben des Songs war, dass ich gemerkt habe, dass die Menschenrechte der Frauen auf der Welt noch nicht genug geschützt werden - das ist die Grundidee gewesen. Einfach, dass man das thematisiert und den Frauen ein gutes Gefühl gibt, dass sie stolz sein dürfen auf das, was sie sind.

hitparade.ch: Letztes Wochenende war der Eurovision Song Contest, letztes Jahr hast Du es in der deutschen Vorentscheidung versucht. Hattest Du dieses Jahr kein Interesse für die Schweiz aufzutreten?
Mia: Letztes Jahr ist das so gewesen, dass ich genau in der Grand Prix Woche meine Promo-Woche in Deutschland für den Titel "Alive" hatte. Das war für mich wie ein Promo-Auftritt. Es war mein eigener Song - es ist ja ein Songwriter-Contest, das hat mich sehr gereizt und ich wollte mal schauen, wie das ist. Wenn es ein Song von jemand anderen gewesen wäre, hätte ich es nicht gemacht. Ich habe gesehen, wie der Wettbewerb so läuft, und ich hab die Lust verloren. Es war sehr mühsam und zeitaufwendig mit tausend Wiederholungen und tausend Proben.
Ralph Siegel hat mich angerufen, er wohnt ja auch in München und wir kennen uns oberflächlich. Er hat mich gefragt, ob ich für die Schweiz mit Six4One mitmachen würde. Ich habe abgesagt und ihm einige Leute empfohlen wie Claudia D'Addio, die er dann auch genommen hat. Durch die immens viele Arbeit am neuen Album hatte ich keine Zeit dafür.
hitparade.ch: Was meinst Du zu den Siegern?
Mia: Ich bin sehr überrascht gewesen. Es ist erstaunlich, dass sie von allen Ländern durchgehend gute Punkte bekommen haben. Da kann man richtig diskutieren, warum das so bei allen Menschen in Europa ist. Ich glaube, das ist die zeitliche Veränderung unserer Gesellschaft, wahrscheinlich hat sie keine Lust mehr auf "Friede, Freude Eierkuchen" und ist monströser geworden, was auch gut für mein Album ist (lacht).

hitparade.ch: Bei einem anderen Wettbewerb hast Du mitgemacht und hast bei der Suche nach dem offiziellem WM Song auch ein Lied eingeschickt, der es leider nicht geschafft hat. Was denkst Du über den Wettbewerb?
Mia: Ich habe "Neutral" eingeschickt, das ist ein Song, der auf dem Album ist. Den Song habe ich nicht extra dafür geschrieben, der ist schon fertig gewesen. Aber da er über die Schweiz handelt, haben wir gedacht, das sei noch witzig, das einzuschicken. Wenn ich im Nachhinein die Songs höre, sind sie so gröhlig, "Hopp Schwiiz" und so. Und meiner tönt schon ein wenig anders. Aber ich finde es eine coole Sache, die Schweiz kann stolz sein, an der WM dabei zu sein.

hitparade.ch: Wie wirst Du die WM verfolgen?
Mia: Ich werde sie sicher verfolgen, gerade wenn das Heimatland spielt, lässt man sich mehr als Nicht-Fussballfan begeistern, diese Spiele werde ich auf alle Fälle schauen. Am 13. Juni habe ich in Köln einen Gig, wo ich vor einer Grossleinwand spiele. Da werde ich die Schweiz anfeuern und konsequent Mundart in Deutschland singen, da freue ich mich drauf.
hitparade.ch: Gibt's keine grossen Differenzen mit Deinem neuen Freund, der ja Deutscher ist?
Mia: Ja klar, natürlich. Er ist für Deutschland, ich für die Schweiz, das ist lustig (lacht). Ich werde auf alle Fälle Fähnlein kaufen und mit Schweizer Fähnchen vor seinem Gesicht rumwedeln (lacht).

hitparade.ch: Du lebst in Deutschland. Wirst Du dort oft auf der Strasse angesprochen?
Mia: Es ist ganz unterschiedlich. An einigen Tagen überhaupt nicht, dann vor einigen Monaten war ich an einer Dali-Ausstellung - in einer Ausstellung erwartet man das wirklich nicht - und da sind 5 Leute nacheinander gekommen, und nicht Jugendliche sondern erwachsene Menschen. Das ist sehr interessant, teils so teils so.
hitparade.ch: Sehen sie Dich als Mia Aegerter oder noch als "Xenia di Montalban"?
Mia: Meistens sehen sie mich immer noch als Xenia, aber bei der Ausstellung haben sie mich als Mia Aegerter erkannt, weil ich mittlerweile schon einige andere Sachen gemacht habe, ich war einige Male bei Stefan Raab, ich war bei der Ronan Keating Tour dabei, "Achtung Fertig Charlie" lief auch in Deutschland. Sie kennen mich mittlerweile schon unter meinem Namen.

hitparade.ch: Die Serienfigur "Xenia di Montalban" ist ja nicht verstorben. Stünde eine Rückkehr zu GZSZ für Dich überhaupt zur Debatte?
Mia: Ich bin damals weggegangen, weil ich mich im schauspielerischen Bereich weiterentwickeln wollte und Zeit für Musik haben wollte, und das hat sich nicht geändert. Ich habe Soap gemacht, das war eine gute Erfahrung und eine grosse Herausforderung, aber schauspielerisch kann man dort nicht viel herausholen, da es ein riesiges Pensum ist, darum würde mir das keinen Spass mehr machen.
hitparade.ch: Du wurdest auch noch nicht angefragt?
Mia: Doch, sie haben mir das offen gelassen. Ich habe ein gutes Verhältnis mit Grundy UFA. Wir haben uns im Guten getrennt, und sie haben extra die Rolle nicht weiter besetzt und es mir offen gelassen. Aber es ist für mich nie zum Thema gekommen.
hitparade.ch: Hast Du noch Kontakt mit den Leuten?
Mia: Mit einigen schon noch. Das ist immer das Schöne bei solchen Sachen, dass Freundschaften hängen bleiben, bei allem was ich mache, bleibt eine Freundschaft, und das ist das Wichtigste an dem Ganzen.

hitparade.ch: Gibt's denn andere Angebote, dass Du wieder im Kino oder im Fernsehen zu sehen bist?
Mia: Ich habe immer wieder Gespräche und Castings. Bis jetzt stand es nicht zur Debatte, weil ich für das Album viel Arbeit hatte, was wohl für einen Aussenstehenden nicht so vorstellbar ist. Du stehst halt vor einem leeren Blatt, fängst an, Songs zu schreiben, visuell das umzusetzen, das dauert sehr lange und von daher wäre es gar nicht gegangen, etwas anderes zu machen. Aber in Zukunft wird das sicher ein Thema sein, auf jeden Fall.

hitparade.ch: Xenia engagierte sich in der Serie stark für soziale Zwecke, gründete unter anderem eine Stiftung für Analphabeten. Inwiefern ist die Künstlerin Mia Aegerter in sozialen Projekten engagiert?
Mia: Ich habe eine Zusammenarbeit mit Unicef, wo ich immer wieder in dem Bereich tätig werde. Seit 2 Jahren bin ich Mitglied bei Femme de Terre und bin da sehr interessiert zu helfen und mich da einzusetzen. Das merkt man auch bei meinem neuen Album, da sind einige Themen, die mich beschäftigen und wo ich hinweisen will, was gerade Menschenrechte der Frau angeht. Aber ich bin jetzt da nicht übermässig aktiv, es gibt andere "Prominente", die sich viel mehr engagieren. Für mich ist es ein Anfang, und ich möchte da auf jeden Fall weitermachen.

hitparade.ch: Bei Frauen stellt sich früher oder später mal die Frage, welchen Weg sie hinsichtlich Familie einschlagen wollen: Rückzug ins Privatleben, Karriere statt Kind oder beides miteinander vereinbaren wie etwa eine Madonna oder Sarah Connor. Welcher Typ bist du bzw. welcher Weg ist deiner Meinung nach der Beste?
Mia: Ich denke, das ist abhängig von jeder einzelnen Frau. Ich glaube, man verändert sich sicher, wenn man ein Kind bekommt, vielleicht hat man gar keine Lust mehr, im Berufsleben tätig zu sein, dann ist das auch ok. Und wenn doch, sollte man es möglich machen. Es kann nicht sein, dass eine Frau alle ihre Träume und Ziele aufgeben muss, weil sie auch eine Familie haben möchte. Wie Du vorher gesagt hast, sieht man an anderen Frauen, dass das auch möglich ist und das macht Mut.

hitparade.ch: Wie immer fragen wir unsere Interview-Partner am Schluss ein wenig über die Top 10 der Schweizer Hitparade aus. Welche Songs kennst Du?
Mia: Wahrscheinlich nichts (lacht). Ich verfolge das überhaupt nicht.

1. (1) Shakira feat. Wyclef Jean - Hips Don't Lie
Mia: Den Song finde ich gut.

4. (2) Mary J Blige and U2 - One
Mia: Das ist genial. Einer meiner Favoriten.

7. (5) Red Hot Chili Peppers - Dani California
Mia: Ist immer gut, da bin ich ein Fan.

8. (7) Kelly Clarkson - Because Of You
Mia: Kenne ich auch.

10. (10) Bob Sinclar pres. Goleo VI feat. Gary "Nesta" Pine - Love Generation
Mia: Das ist der WM Song, oder? Den Song finde ich richtig gut, habe gedacht, das wird auf jeden Fall ein Hit mit dem Pfeifen. Aber was mich immer irritiert hat, ist, dass er immer einen Halbton drunter und nicht richtig auf dem Ton singt. Und wenn Du das hörst, denkst Du, irgendetwas stimmt nicht. Aber es ist wohl genau das, was den Song ausmacht.