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Interview mit Mia Aegerter



Mia Aegerter - Gränzgängerin
1. D'Jungs
2. Polo Hofer & Mia Aegerter - Du bisch mini Heimat
3. Finger i d'Ohre
4. Chocolat
5. Du Idiot
6. Duurbousteu
7. Gränzelos
8. CH
9. Bring mi hei
10. Härzfridensbruch
11. Chliine Tod
12. Aues tue
13. 7. Himufahrt
14. Hie u jetzt (Version 2012)
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Mia Aegerter ist mit ihrem vierten Studioalbum "Gränzgängerin" am Start. Wir haben uns mit ihr über ihr Dasein als Pendlerin zwischen Berlin und der Schweiz und ihre musikalischen Pläne unterhalten.

hitparade.ch: Wir haben uns das letzte Mal vor dreieinhalb Jahren getroffen. Was hast Du in den letzten Jahren alles so gemacht?
Mia Aegerter: Waren es wirklich dreieinhalb Jahre? Ich meinte, es waren zweieinhalb (lacht). Ich habe in der Zwischenzeit viele Songs geschrieben; insbesondere beim Texten habe ich mich weiterentwickelt. Zusammen mit Marco Rima habe ich ein Jahr das Musical "Die Patienten" gemacht. Dann konnte ich eine kleine Rolle im TV-Film "Der Teufel von Mailand" spielen und bin zudem umgezogen nach Berlin. Es war also ganz schön viel los.

hitparade.ch: Der Umzug nach Berlin im Juli 2011 war für Dich ein Neubeginn. Seither pendelst Du hin und her. Wann bist Du in Deutschland und wann in Deiner Heimat?
Mia Aegerter: Das hängt ganz von meinen beruflichen Aktivitäten hab. Wenn ich in der Schweiz arbeiten kann, bin ich hier. Ansonsten weile ich in Berlin und bin dort kreativ. Ich schreibe dort beispielsweise hochdeutsche Texte für andere Künstler.

hitparade.ch: Wann hast Du Dich denn entschlossen, ein neues Album aufzunehmen?
Mia Aegerter: Diese Überlegungen begannen bereits direkt nach dem letzten Album. Weil ich mich während dieser Arbeit von meinem Freund, der zugleich mein Produzent und Gitarrist ist, getrennt habe, haben wir zwischenzeitlich auch eine musikalische Pause eingelegt. Später haben wir die Arbeit wieder aufgenommen. Diese Rahmenbedingungen waren sicher nicht immer einfach. Wenn man privat verbunden ist, ist es eine Herausforderung, sich nur aufs Professionelle zu konzentrieren. Unsere gemeinsame Leidenschaft für die Musik hat uns aber vorangetrieben. Wir sind auch nicht im totalen Streit auseinandergegangen und haben immer noch Respekt voreinander. Ich habe das Glück, mit keinem meiner Ex-Freunde in Streit zu leben. Man teilt sehr viel in Beziehungen, besonders wenn sie wie bei mir immer länger gedauert haben; eine freundschaftliche Verbindung über die Trennung hinaus ist mir wichtig.

hitparade.ch: Inwiefern hat Berlin deine Musik inspiriert?
Mia Aegerter: Sehr! Berlin ist ein härteres Pflaster als die Schweiz. Die deutsche Sprache ist sehr direkt, was sich auch auf meine Texte ausgewirkt hat. In Berlin fühle ich mich sehr frei und komme auf viele Ideen.

hitparade.ch: Deine Fans mussten sich lange gedulden. Dein letztes Album liegt mehr als drei Jahre zurück. Hast Du nach vielen Jahren des Musizierens eigentlich noch viele Fans, die Dich von Anfang an begleitet haben?
Mia Aegerter: Ja, es gibt einen engen Kreis besonders treuer Fans. Mit ihnen bin ich auch auf Facebook fleissig in Kontakt. Es ist schön, dass viele von ihnen mittlerweile Kinder haben und mir die Treue gehalten haben, auch wenn sich ihr Lebensmittelpunkt durch die Familiengründung verlagert hat. In der Schweiz habe ich etwas mehr Fans als in Deutschland, was sicher daran liegt, dass ich Mundartmusik mache, während man mich in Deutschland eher als Schauspielerin kennt. Weil ich privat ähnlich herumlaufe wie im Fernsehen, werde ich erstaunlicherweise aber auch in Berlin auf offener Strasse oft erkannt.

hitparade.ch: Für Deine erste Single "Du bisch mini Heimat" hast Du niemand Geringeres als Polo Hofer als Duettpartner an Bord geholt. Wie kam es zu diesem Song und zu dieser Zusammenarbeit?
Mia Aegerter: Ich hatte den Song bereits als Duett geschrieben und habe mir überlegt, wer als Partner in Frage kommen könnte. Als ich Polo in dieser Zeit an einem Konzert in Wohlen sah, haben wir uns ein wenig unterhalten, etwas getrunken und diskutiert. Weil wir sofort den Draht zueinander hatten, habe ich ihn spontan gefragt, was er von der Idee hält. Er war ganz unkompliziert sofort dabei.

hitparade.ch: Du scheinst nun ganz auf Mundart eingestellt zu sein. Was halten Deine Berliner Freunde von Deinen Songs - und verstehen sie die Texte?
Mia Aegerter: Ich muss die Texte übersetzen, aber sie finden sie grundsätzlich grossartig. Mit Schweizer Dialekt zauberst Du in Deutschland jedem ein Lächeln ins Gesicht. Für mich ist es wiederum natürlich dumm, weil ich so viel Zeit in die Texte aufwende und sie keiner versteht (lacht). Ich denke, für einzelne Songs werde ich bei Gelegenheit mal eine Übersetzung schreiben und diese im Internet veröffentlichen.

hitparade.ch: Hast Du schon mal darüber nachgedacht, ein komplettes Album in Hochdeutsch zu machen? Mit deinem akzentfreien Hochdeutsch wärst Du doch optimal dafür geeignet.
Mia Aegerter: Das liegt sicher eigentlich auf der Hand und wäre nicht so weit weg, da ich auch viele Songs in dieser Sprache schreibe. Man hat in Hochdeutsch mehr Wörter zur Verfügung. Da schimmert durch, dass es das Land der Dichter und Denker ist. Ich kann mir das also durchaus vorstellen, aber im Moment liegt mein Fokus klar in der Schweiz.

hitparade.ch: "Chocolat" ist eine Anspielung auf kulturelle Differenzen zwischen Deutschland und der Schweiz in Bezug auf die Liebe. Wo ortest Du in schweizerisch-deutschen Beziehungen die grössten Unterschiede?
Mia Aegerter: Das zentrale Klischee betrifft natürlich die Schnelligkeit. Wir Schweizer ticken einfach ein bisschen langsamer, wobei es ja bekanntlich innerhalb der Schweiz auch eine Nivellierung gibt: Die Berner sind in der Hinsicht am extremsten. Ich erlebe das jedoch nicht im negativen Sinne als Langsamkeit, sondern eher als Besinnlichkeit.
Die Deutschen sind auch viel direkter, während man in der Schweiz eher vorsichtig abwägt, bevor man sich äussert. Solche Differenzen kommen natürlich auch in einer Beziehung zum Tragen. Man muss sich daran gewöhnen, dass etwas nicht schroff gemeint ist, wenn es direkt kommt. Wir Schweizer wiederum müssen lernen, besser auf den Punkt zu kommen. Weil es ja immer mehr Partnerschaften zwischen Deutschen und Schweizern gibt, sind solche Fragen natürlich immer aktueller.

hitparade.ch: Dein Hochdeutsch ist sehr sauber. Kannst Du überhaupt mit Akzent sprechen?
Mia Aegerter: Wenn ich mich konzentriere, ja. Für mich ist aber die akzentfreie Variante die normale. In der Schule als Kind hatte ich mir noch den Akzent angewöhnt, weil ich sonst arrogant rübergekommen wäre. Weil ich immer viel deutsches Fernsehen geschaut und Otto-Platten gehört habe, habe ich die Aussprache früh übernommen. In der Schauspielschule habe ich dann diesbezüglich noch den letzten Schliff erhalten.

hitparade.ch: Der Song "Chocolat" verhalf Dir auch zu einer Zusammenarbeit mit Frank Ramond. Wie hat er Deine Songs beeinflusst?
Mia Aegerter: Es war für mich das erste Mal, dass ich mit jemand anderem Texte gemeinsam geschrieben habe. Wir haben uns an einer Preisverleihung kennengelernt. Daraufhin habe ich ihm meine Ideen geschickt und diese haben ihm gut gefallen. Weil er vom Typ her ganz anders ist als ich, war das besonders reizvoll: Er hat eine sehr rationale Herangehensweise an Songtexte, während mein Zugang ein emotionaler ist. Wir sind weiterhin in Kontakt und miteinander befreundet. Ich kann mir gut vorstellen, weiterhin mit ihm zu arbeiten.

hitparade.ch: Gibt es auf dem neuen Album ein Kernthema, das Du in mehreren Songs aufgreifst?
Mia Aegerter: Definitiv! Wie der Titel schon sagt, ist es das Dasein als Grenzgängerin. Mich interessieren die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz oder auch jene des sogenannten Röschtigrabens zwischen der Deutschschweiz und der Romandie. Weil ich genau in dieser Region aufgewachsen bin, hat das Thema für mich natürlich einen besonderen Reiz. Der Albumtitel ist aber natürlich auch ein wenig Wortspielerei: Es geht auch darum, Grenzen auszuloten. Ich bin jemand, der vieles ausprobiert und sich immer wieder ins kalte Wasser schubsen lässt. Diese Idee zieht sich durchs ganze Album hindurch. Es ist eine sehr persönliche Platte.

hitparade.ch: Am Schluss des Albums findet sich noch eine neue Version Deines Hits "Hie u jetzt". Weshalb hast Du ihn neu aufgenommen?
Mia Aegerter: "Hie u jetzt" ist eine sehr wichtige Nummer für mich, weil sie meinen Durchbruch in der Schweiz bedeutete und ich mit ihr viele positive und schöne Erlebnisse verbinde. Seit der Aufnahme sind neun Jahre vergangen und ich habe mich stimmlich und musikalisch weiterentwickelt. Dabei entstand die Lust, den Song nochmals neu aufzunehmen.

hitparade.ch: Du wirst ja auch auf Tour gehen. Was ist da geplant?
Mia Aegerter: Momentan haben wir viele Radio-Gigs. Die Aufgleisung der Tour steht erst am Anfang. Die Band wird gerade zusammengestellt. Ich hoffe, dass es im November eine Tour geben wird im kleineren, akustischen Rahmen, was mir sehr entgegenkommt, weil durch eine intimere Instrumentierung die Texte besser zur Geltung kommen. Ich war nie eine Rockröhre und habe mich in kleineren Formationen immer wohl gefühlt. Auch glaube ich, dass dieses Setting besser zu meiner Stimme passt.
Fix kommunizieren kann ich bisher erst zwei Daten: Am 15. September findet die Plattentaufe in der Tuchlaube Aarau statt. Und am 16. September spiele ich in der Bar Rossi in Zürich. Beide Konzerte sind gratis und ich würde mich über reges Kommen freuen.

hitparade.ch: Und welche Erwartungen hast Du an den kommerziellen Erfolg des Albums?
Mia Aegerter: Da bin ich ein bisschen vorsichtiger. Ich erwarte nicht, dass das Album voll durch die Decke geht. Für mich war es wichtig, dass ich hinter dem Album stehen kann und stolz darauf bin. Ich wünsche mir, dass die Lieder bei den Leuten ankommen. Aber eine konkrete Platzierung, die ich erwarte, habe ich natürlich nicht.

hitparade.ch: Werfen wir zum Schluss einen Blick auf jene Künstler, die sich im Moment gerade in der Hitparade tummeln.

Gotthard:
Jedes Mal, wenn ich Gotthard höre, wird mir die Geschichte mit Steve wieder bewusst. Es ist und bleibt ein sehr trauriges Gefühl, doch es ist auch schön, dass es Gotthard noch gibt.

Die Toten Hosen:
Finde ich cool! 80er-Jahre, Punk und Berlin kommen mir da spontan in den Sinn.

Amy Macdonald:
Ich habe sie bei "SF bi de Lüt" live gesehen und finde sie sehr cool.

Linkin Park:
Habe ich mal recht cool gefunden, höre ich aber mittlerweile nicht mehr.

Patent Ochsner:
Ein altes Schweizer Urgestein. Das Album kenne ich noch nicht, aber es freut mich, dass sie so hoch in den Charts sind.

Gölä:
Eine verdammte Frechheit! Platz 1 und Platz 2 mit gleich zwei Alben, man kann es ja auch übertreiben (lacht). Gölä ist das beste Beispiel dafür: Wenn das Herz gebrochen ist, schreibt man wie wahnsinnig. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Mein nächstes Album ist nämlich auch bereits fertig (lacht).
Interview durchgeführt: Steffen Hung
Redaktion: Steffen Hung, Remo Hiltbrunner