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Interview mit Opeth



Nach drei langen Jahren melden sich Opeth mit ihren neuen Album "Heritage" zurück. Vor seinem Konzert im Komplex 457 in Zürich haben wir Mastermind Mikael Akerfeldt zum Gespräch getroffen. Etwas verkatert (es lag am guten Rotwein tags zuvor in Lausanne) sprachen wir über Black Sabbath, offene Wünsche und illegale Musikdownloads.

hitparade.ch: Euer neues Album "Heritage" ist stark vom Sound der frühen 70er inspiriert. Warum?
Akerfeldt: Ich persönlich finde die Musik der 60er und 70er die beste. Die Bands damals waren unglaublich vielseitig. Keine klang wie die andere. Auch die 80er waren toll und haben speziell im Heavy Metal Genre viel bewegt. In den 70er Jahren gab es zahlreiche progressive Bands, die auch wirklich progressiv waren. Ich bin süchtig nach alten Platten und sammle diese wie ein Verrückter. Damals war eine tolle Ära für Vinyl. Ich finde die frühen Siebziger einfach toll.

hitparade.ch: Man bekommt fast den Eindruck, als ob sich heute nur noch alles wiederholt, oder kennst du eine Band, welche heutzutage etwas völlig Neues, Frisches bringt?
Akerfeldt: Nein, ich denke nicht. Es gibt bestimmt tolle neue Sachen, aber ich bin leider viel zu beschäftigt, um neue Bands zu entdecken. Durch meine Musiksammlung bin ich auch extrem romantisch, nostalgisch veranlagt und stürze mich eher auf die alten Platten und Bands. Ich liebe obskure, spezielle Musik und kann mich darin richtig verlieren. Es ist heute jedoch einfach so, dass bei einer neuen, gehypten Band oder bei einem neuen Künstler sofort Vergleiche mit alter Musik gezogen wird, von wegen es klingt wie dies und erinnert an jenes. Ich bin da ein wenig zwiegespalten. Einerseits finde ich es toll, andererseits kann man sich da auch fragen, wieso ich mir das denn anhören soll, wenn ich auch die alte, original Musik haben kann. Im Moment wird die schwedische Band "Ghost" ziemlich gehyped, man sagt, sie seien die neuen "Mercyful Fate". Ich mag sie, sie machen coole Musik. Aber als grosser "Mercyful Fate"-Fan finde ich das Original trotzdem besser.

hitparade.ch: Was hältst du von der Wiedervereinigung von "Black Sabbath"?
Akerfeldt: Ich finde es grossartig. Natürlich machen sie dies, um wieder Kohle fliessen zu lassen, daran habe auch ich als Erstes gedacht, als ich davon Wind bekam. Ich weiss nicht genau, ob sie vorhaben, ein neues Album aufzunehmen, wenn ja, wird es sicher nicht wie früher. Aber ich werde es trotzdem kaufen und lieben, auch wenn es nicht so toll wird. Vielleicht denke ich schon zu negativ, aber ich bin mir sicher, sie werden versuchen, dem Album eine harte Linie zu geben mit vielen ihrer klassischen, powervollen Riffs. Das wollen die Leute ja auch hören. Ich würde mich mehr freuen, wieder ihre experimentelle Seite zu hören wie auf dem "Sabbath Bloody Sabbath"- oder "Sabotage"-Album. Auf ihre Tour bin ich jedoch sehr gespannt. Wir sind im Moment daran, dass wir da aufspringen können und als Support Act dabei sind.

hitparade.ch: Wow, das wäre ja grossartig!
Akerfeldt: Ja, wir haben schon unsere Tentakel ausgefahren und hoffen, dass daraus etwas wird. Ich habe mitbekommen, das Bill Ward (Schlagzeug, Black Sabbath) unseren Song "Heir Apparent" extrem mag.

hitparade.ch: Du hast deine Plattensammlung schon angesprochen; Was war denn die letzte Scheibe, die du dir gekauft hast?
Akerfeldt: Das war gestern in Lausanne! Ich habe in einem kleinen Laden gleich drei Perlen gefunden, welche ich jedoch schon besitze. Ich bin halt Sammler und kaufe Platten oft mehrfach, weil es verschiedene Pressungen gibt, oder zum Tauschen etc. Eine ist AC DC - Highway To Hell, in Englischer Pressung. Die brauchte ich unbedingt! Dann noch Slayer - Live Undead, welche ich zum Tauschen oder Weiterverkaufen brauche und dann noch King Crimson - Larks' Tongues in Aspic.

hitparade.ch: Mikael, wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Akerfeldt: Ach du meine Güte! Was für eine Frage!? Erwartest du jetzt etwas wie "Weltfrieden"?

hitparade.ch: Nein, ich möchte bloss eine ehrliche Antwort…
Akerfeldt: Naja, ich bin ein wenig zweipolig und habe starke Up's und Down's. Ich wäre gern ein bisschen ausgeglichener, wenn ich jetzt eine egoistische Antwort geben darf. *studiert* Phuu, was kann ich sonst noch antworten?

hitparade.ch: Du bist offenbar sehr zufrieden und glücklich mit deinem Leben…
Akerfeldt: Nein, ich bin nicht ständig glücklich mit allem. Die Routine schleicht sich leider überall ein. Das stresst mich ehrlich gesagt sehr. So viele Dinge, die ich absolut liebe, wie natürlich meine Musik, die Band, meine Familie, meine Plattensammlung, verlieren an Reiz, wenn sich Routine einschleicht. Es wird langweilig und dann hat man plötzlich das Gefühl, dass man nicht mehr glücklich ist. Jetzt fällt mir jedoch gerade etwas ein, was ich mir wünsche! Ich hätte gerne einen freien Tag! Auf der aktuellen Tour spielen wir jeweils 6 Konzerte am Stück, dann haben wir einen freien Tag, dann wieder 6 Shows, und so weiter. Früher spielten wir 18, 20 Konzerte am Stück, das war kein Problem. Heute kann ich mir das nicht mehr vorstellen. Ich bin auch älter geworden und die Shows rauben mir viel Energie, die ich wieder aufladen muss. Eigentlich haben wir unserem Management kommuniziert, dass wir auf der "Heritage"-Tour sechs Shows pro Woche spielen wollen. Jeweils drei am Stück, dann einen Tag Pause und nochmals drei Konzerte. Leider haben sie nur den Satz "sechs Shows pro Woche" aufgenommen *lacht*.

hitparade.ch: Würdest du dich als einen spirituellen Menschen bezeichnen?
Akerfeldt: Nein, nicht wirklich. Ich denke oft und viel über Dinge nach, aber als spirituell würde ich mich auf keinen Fall bezeichnen. Ich würde mich als total stinknormalen Typen bezeichnen. Ich glaube auch nicht an Gott oder Götter.

hitparade.ch: Du glaubst also an gar nichts?
Akerfeldt: Naja, ich könnte sagen, dass ich an die Kraft von Musik glaube. Als Musiker sehe ich die Wirkung ja fast tagtäglich und treffe viele Leute, die ebenfalls sagen, dass Musik auf sie einen starken Einfluss hat. Diese Leute, zu denen ich mich auch zähle, brauchen keine Religion, oft reicht nur eine gute Platte *grinst*
Ich bin baptistisch aufgewachsen, wie die meisten Schweden, aber die wenigsten sind wirklich religiös. Wir heiraten sehr wohl in der Kirche, aber mehr aus traditionellen Gründen und nicht des Glaubens wegen.

hitparade.ch: Noch eine völlig andere Frage. Was hältst du als Musiker von illegalen Musik-Download-Plattformen?
Akerfeldt: Als Musiker finde ich das nicht wirklich toll, aber diese Sache gibt es ja nun schon so lange. Aufhalten kann man es bestimmt nicht. Ich persönlich habe, abgesehen von Pornos *grinst*, noch nie etwas gratis heruntergeladen und werde das auch zukünftig nicht tun. Ich möchte die Musik, die ich liebe, besitzen! Natürlich ist es für mich persönlich wichtig, dass die Leute unsere Alben kaufen, da Opeth nur so weiter existieren kann. Abgesehen davon, finde ich, dass es auch einen kulturellen Schaden mit sich bringt. Alles ist so schnell und so einfach zu bekommen und verliert damit irgendwie auch an Wert. Schau mal den aktuellen Musik- und TV-Output. Das Meiste davon ist ja wirklich bloss noch Mist! Es schadet natürlich auch den jungen Künstlern. Es ist heute viel schwieriger, einen Plattenvertrag zu bekommen, weil die Plattenfirmen ein hohes Risiko tragen und nicht unendlich viel Geld in neue, unbekannte Bands stecken können. Man muss als Musiker heute fast selbst ein Unternehmen gründen, um seine Kunst an den Mann zu bringen. Selbst Grössen wie Metallica kann es treffen. Ich habe gelesen, dass das neue Album, dass sie mit Lou Reed aufgenommen haben, in der ersten Woche in Amerika nur gerade 14'000 mal über den Ladentisch ging. Das ist natürlich für alle Beteiligten ein Desaster! Eine Platte aufzunehmen, die Studio- und Mixingkosten, etc., sind heute noch genau so teuer wie früher. Das muss man mit CD-Verkäufen erst einmal wieder hereinholen, damit es sich überhaupt noch lohnt, ein neues Album aufzunehmen. So gesehen schaden sich die Leute nur selbst, die ohne zu überlegen alles Mögliche downloaden und die Künstler, welche sie wirklich mögen, mit dem legalen Erwerb der Platten nicht unterstützen. Für einen Musikliebhaber ist das schlussendlich ein Schuss in den Ofen.

hitparade.ch: Mikael, ich muss jetzt doch noch nachfragen… Ich habe nun schon die ganze Zeit deine dünnen Handgelenke angestarrt. Du scheinst sehr abgenommen zu haben! Muss man sich Sorgen machen?
Akerfeldt: : Nein nein! Da muss man sich keine Sorgen machen. Mir geht's wunderbar und ich bin kerngesund. Habe etwa 15kg verloren, aufgehört, harten Alkohol zu trinken und spiele sehr viel Squash und Badminton. Der nächste Schritt wäre nun, Muskeln aufzubauen, da ich jetzt wirklich sehr schmal bin!
Interview durchgeführt: Solitary Fairy
Redaktion: Solitary Fairy