Interview mit Papagallo & Gollo
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Dass Gölä nicht nur als Sänger Erfolg hat, beweist der Erfolg der Hörspielreihe Papagallo & Gollo, das er letztes Jahr mit TJ Gyger gestartet hat. Für Papagallo & Gollo geht diesmal die Reise in den Fernen Osten. Ein übermotivierter Tiger, ein kampflustiger Panda, ein esoterisch angehauchter Affe: Die Macher von Papagallo & Gollo haben für die dritte Abenteuergeschichte erneut aus dem Vollen geschöpft und noch stärker darauf geachtet, dass nicht nur die jungen Zuhörer auf ihre Kosten kommen, sondern auch ihre Eltern.hitparade.ch: Zuallererst einmal herzliche Gratulation Gölä, Du bist auf der Nummer 1. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Du auf der 1 bist, es ist aber etwas spezieller, da es das Album ist, das Du mit den Bellamy Brothers gemeinsam gemacht hast. Wie haben die amerikanischen Jungs darauf reagiert?
Gölä: Ich habe eine Mail bekommen, da stand drin: Cool! (lacht).
hitparade.ch: Vor einem Jahr sind die ersten beiden Folgen von Papagallo & Gollo erschienen. "Am Nordpol" war acht Wochen in den Charts. Wieviel denkst Du hat Deine Bekanntheit zum Erfolg dieses Projekts beigetragen?
Gölä: Sicher viel. Sonst wären wir in einer solch kurzen Zeit niemals so weit gekommen. Ich bin ja eher eine kontroverse Person. Ich konnte immer sagen was ich wollte, es gab daher immer was zu schreiben in den Medien. Gölä und Märchen, diese Kombination hat für die Leute überhaupt nicht gepasst, also jedenfalls für die Schreiberlinge nicht. Das war für die irgendwie unvorstellbar. Aber Gölä hat es gemacht. Dank dem hatten wir sicher einen Anfangsschub. Alles was danach passiert ist, hat mit der Qualität zu tun, die wir bieten. Was wir tun, das funktioniert.
TJ Gyger: Ja, das Produkt an sich kommt anders daher als normalerweise. Es ist ein sehr aufwändiges Büchlein. Das hat sich schnell herumgesprochen bei den Leuten. Aber am Anfang haben wir schon davon profitiert.
hitparade.ch: Wann und in welchem Zusammenhang ist euch diese Idee überhaupt gekommen?
TJ Gyger: Wir hatten wegen eines anderen Projekts eine Sitzung und Göläs Sohn war auch zuhause - der war damals etwa drei Jahre alt. Der kam dann immer wieder her und zupfte seinem Papa am Ärmel und wollte dies und wollte das (lacht). Wir sind überhaupt nicht vorwärts gekommen und haben dann mal für 15 Minuten den Fernseher angemacht damit der Kleine für eine Weile beschäftigt war. Dann kam im TV nur dieses neue futuristische Zeug, teilweise etwas brutal, alle haben böse ausgesehen. Wir haben keine einzige Sendung gefunden, die für einen 3-Jährigen angemessen ist. All diese schönen und moralischen Figuren, mit denen wir aufgewachsen sind gab's nicht mehr. So kamen wir dann auf die Idee, dass wir selbst etwas machen möchten.
hitparade.ch: Habt ihr denn als Kinder viele Geschichten erzählt bekommen?
Gölä: Nein, meine Eltern haben eine Beiz geführt, da hatten sie keine Zeit für sowas. Ich hole das alles jetzt nach (lacht). Nein Quatsch. Ich bin mit dem Fernseher aufgewachsen, mit Tom und Jerry und Dominik Dachs. Das war cool. Und natürlich Comics: Heftchen und Trickfilme. Hörspielkassetten weniger, aber Emils Feuerabend hat mir gefallen.
TJ Gyger: Wir hatten viele Hörspiele zuhause, vorallem lustige Sachen. Angeblich habe ich viel Guschti Brösmeli gehört. Geschichten sind uns auch erzählt worden.
Gölä: Als Du Abends ins Bett gegangen bist, hast Du Geschichten erzählt bekommen?
TJ Gyger: Ich weiss es nicht mehr, aber angeblich schon.
Gölä: Du verwöhnter Saugoof (lacht).
hitparade.ch: Und hast Du selbst als Vater Geschichten erzählt?
Gölä: Nein. Bei uns zuhause sind die Rollen so verteilt, dass ich am Morgen zuständig bin und die Mutter am Abend. Wenn der Chef ruft, dann hüpft Vati am Morgen in die Küche und macht den Schoppen. Dann ist mein Job eigentlich erledigt. Das gleiche macht Mami dann am Abend, und sie erzählt dann die Geschichten.
hitparade.ch: Als ihr mit diesem ganzen Projekt angefangen habt, hättet ihr gedacht, dass es solchen Erfolg haben würde?
TJ Gyger: Man hofft es natürlich, aber wir sind überhaupt nicht erfolgsorientiert an dieses Projekt herangegangen. Wir können einfach wieder Kinder sein, Geschichten erfinden und unsere Fantasie frei walten lassen. Das ist das Entscheidende bei dieser Geschichte. Kinder sein zu dürfen macht Spass, wir sind nicht erfolgsfixiert. Dass wir besser sein wollen als die Konkurrenz, das ist aber wichtig.
hitparade.ch: Papagallo und Gollo reisen ja in der ganzen Welt umher. Sind da auch persönliche Einflüsse von euch dabei? Wart ihr an diesen Plätzen?
Gölä: Eigentlich steckt da viel selbst Erlebtes drin. Ausser vielleicht beim Nordpol, der ist sehr schwer zu erreichen. Sonst sind wir beide schon in allen Ländern gewesen, die im Buch vorkommen. Und wir haben uns vorgenommen, bei die nächsten Geschichten selbstverständlich direkt an diesen Orten zu schreiben (grinst). Das wäre doch geil. Wir würden das echt gerne, aber dann müssten wir mehr verdienen mit dem Zeug (lacht). Denn immer, wenn bisher Geld reingekommen ist, haben wir das sofort wieder ins Projekt gesteckt. Jeden Rappen haben wir bisher wieder investiert. Neue Kostüme und so weiter. Wir wachsen, und das ist das Wichtigste. Wir können uns leider noch keine Löhne zahlen, was schade ist. Er macht sein Geld mit DJ Bobo und ich mit meiner eigenen Musik. Damit geben wir bei unserem gemeinsamen Projekt Gas. Wir haben langsam eine eigene Bühnen ausrüstung, sogar eigene Funkmikrophone. Das ist wichtig, denn so drehen wir auch die Kosten etwas runter. Man muss einmal Geld in die Hand nehmen um etwas zu kaufen, dafür kommt es danach als Miete nicht mehr. Man kann dann wieder Geld sparen, um das nächste Utensil zu kaufen. So wächst man. Jetzt haben wir einen eigenen Jeep. Einen Papagallo & Gollo Jeep. Der ist angeschrieben mit unseren Figuren drauf. Unsere Jungs fahren momentan damit rum und verteilen Flyer und so. Das ist der Hammer.
hitparade.ch: Wieviele tagesaktuelle und zeitgenössische Sachen stecken in den Geschichten drin? Gölä, Du sagst ja gerne ein wenig Deine Meinung bei gewissen Sachen…
Gölä: Das tue ich überhaupt nicht, ich frage mich nur jedesmal. Das will ich auch gar nicht. Nein, so politische Sachen kommen darin nicht vor, das interessiert uns nicht…
hitparade.ch: Was wollt ihr den Kindern vermitteln mit euren Geschichten?
Gölä: Anstand und Werte. Wir wollen das Gute hervorheben. Wenn man heute den Fernsehen anmacht, dann schaut ja sogar Micky Mouse böse drein. Schlimm, da bekomme ich die Krise. Das hasse ich. Kleine Kinder sollen Zeug um sich haben, das lieb aussieht. Der Alltag und der ganze Scheiss, das kommt doch noch früh genug. Das ist mir wichtig. Sie sollen früh gefördert werden in ihrer eigenen Bestätigung. Wir haben ja auch Instinkte, die uns sagen, was richtig und was falsch ist, das weiss man von klein auf. Wenn man etwas nimmt, von dem die Mama gesagt hat, dass man es nicht darf, dann macht man es im Versteckten, obwohl man genau weiss, es ist nicht richtig. Man frisst Schokolade, weiss aber, es ist nicht gut. Dieses Bewusstsein wollen wir fördern und den Kindern zeigen, dass es beispielsweise gut ist, wenn man einem alten Grosi die Einkaufstaschen trägt. Durch diese Geschichten kann man das gut vermitteln. Wenn nur noch geballert wird, dann wird die Welt nicht besser. Wir wollen einen Beitrag leisten, dass die Welt wieder besser wird. Wir wollen auch andere Aktionen starten. Es wird beispielsweise jedes Jahr so viel Spielzeug weggeworfen. Wir wollen jetzt anfangen Spielzeuge und Stofftiere zu sammeln. Wir geben das jeweils bei unseren Live-Auftritten durch: Die Kinder können die Sachen, die sie nicht mehr wollen, an eine Adresse schicken, und wir schicken die Sachen dann in Kinderheime oder beispielsweise nach Afrika in ein Aids-Kinderheim - jedenfalls an einen Ort, an dem die Sachen noch gebraucht werden. So helfen Kinder Kindern. Und je mehr Erfolg unser Projekt hat, um so mehr können wir in dieser Form Gutes bewirken. Und das ist etwas, was unsere Welt einfach braucht. Vom anderen Mist gibt es genug: Krieg und Hunger und so. Wenn man Erfolg hat, sollte man immer versuchen, auch etwas zurückzugeben. Das ist unsere Philosophie.
hitparade.ch: Habt ihr schon oft Feedback von Eltern bekommen?
TJ Gyger: Da kommt sehr viel Feedback. Die Eltern werden immer kommunikativer durchs Internet. Wir haben auch unsere Homepage so aufgebaut, dass die Kinder sehr viel lernen und darauf Zeit verbringen können. Von den Eltern kommt sehr viel Feedback und sie freuen sich, dass sie sich darauf verlassen können, dass bei uns alles kindersicher ist. Bei uns wird nirgends gestorben oder gemordet oder so. Wir haben einfach unsere Werte, die wir komplett durchziehen, sei es im Internet oder in unseren Büchlein. Das wird schon sehr geschätzt. Einfach ein Produkt, bei dem die Eltern wissen, es ist kindergerecht.
hitparade.ch: Papagallo & Gollo gibt es ja auch in Französisch. Im August gab es eine Show in Lausanne. Wer ist denn die Erzählstimme bei den französischen Geschichten?
TJ Gyger: Das ist Fred Vonlanthen, der in der Westschweiz bekannt ist. Wir könnten zuwenig Französisch. Papagallo und Gollo sind zwei eigenständige Charaktere, und unser Ziel ist es, diese Geschichten mehrsprachig zu machen, also auch Englisch beispielsweise. Das sind wir alles am planen.
hitparade.ch: Das heisst die im Welschland arbeiten mit eurem Equipment?
TJ Gyger: Das ist richtig. Sie setzen das alles dann 1:1 um. Damit es dann so ist, wie wir uns das vorstellen.
hitparade.ch: Papagallo & Gollo ist ja mehr als eine CD mit einer Geschichte drauf. Es ist ein 100-seitiges Büchlein, aufwändig gestaltet, mit einem interaktiven Teil. Könnt Ihr uns noch ein bisschen mehr über Konzept und Inhalt verraten?
TJ Gyger: Eigentlich ist unsere Idee, dass die Kinder lernen und wachsen können mit diesem Produkt. Die Idee ist, dass wenn man noch nicht lesen kann, dass man dann das Hörbuch hören und die handgemalenen Bilder anschauen kann. Die werden alle von Hand gezeichnet, da ist nichts mit dem Computer gemacht worden. Und wenn man dann älter wird kann man sie dann selber lesen. Da die Texte da sind, haben auch die Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern die Geschichten zu erzählen. Es ist ein vielseitiges Produkt, jeder kann es brauchen wie er es will. Die Eltern schicken uns oft Bilder mit ihren Kleinen drauf, wie sie vor der Stereoanlage sitzen und das Büchlein anschauen. Das hat einen tollen Mehrwert. Auch wenn sie noch nicht lesen können, wissen sie schon, wann sie die Seiten umschlagen müssen, das ist der Hammer. Und der interaktive Teil auf der Website ist auch sehr wichtig. Wir haben mit der Schweizerischen Kriminalprävention zusammengearbeitet, um sicher zu gehen, dass diese Website zu 100% sicher ist. Heute ist schliesslich so viel Schabernack im Internet: Sei es Werbung, PopUp-Sachen oder dass Jemand beobachten kann, was Du machst. Wir haben ein Konzept erarbeitet, dass die Kinder lernen können. Das Internet ist heute so wichtig geworden, früher oder später wird Jeder damit konfrontiert. Wir haben eine Website, wo die Eltern ihr Kind ohne Angst surfen lassen können. Es kann Malvorlagen oder interaktive Spiele machen. Es sind immer clevere Sachen, wo man manchmal ein wenig überlegen muss. Das ist unsere Philosophie, die wir auch hier durchgezogen haben: Man soll spielerisch lernen, ohne dass man es merkt. Wenn man die Geschichten kennt, dann weiss man danach einige Ecksachen, man weiss dann, was die chinesische Mauer ist, man weiss, was ein Shaolin Mönch ist und wo das Tachmahal steht. Einfach die gröbten Eckpunkte, ohne zu sehr ins Detail zu gehen.
hitparade.ch: Hat es auch schon Schulen gegeben, die eure Sachen verwendet haben im Unterrricht?
TJ Gyger: Sehr viel ja. Auch mit den Liedern und den Texten, das wird viel heruntergeladen. Die spielen die Lieder dann in der Klasse miteinander. Die schicken uns dann manchmal Videos, wie sie am Singen sind. Gerade gestern hatten wir eine Anfrage, eine Klasse möchte im Turnunterricht eine Choreografie zu einem Lied machen. Das ist schon toll.
hitparade.ch: Wer macht denn eigentlich die Zeichnungen in den Büchern?
TJ Gyger: Wir arbeiten mit T42 Design zusammen, das ist ein guter Freund von uns, der nach Amerika ausgewandert ist. Der hat für echte Rockgrössen wie BB King oder Kiss gearbeitet. Das ist schon cool.
Gölä: Er ist Berner, wir arbeiten von Anfang an schon mit ihm zusammen. Seit 15 Jahre.
TJ Gyger; Ja, der hat jetzt auch eine Tochter und ist daher auch ein wenig in diesem Thema drin momentan.
hitparade.ch: Wie lange dauert es denn von der ersten Idee bis zur fertigen Geschichte?
Gölä: Etwa ein halbes Jahr. Wir setzen uns zusammen und machen die Zeichnungen - also Skizzen, damit klar ist, was wir wollen. Es ist nicht immer gleich. Meist sind es vier bis fünf Bilder und eine Doppelseite, die wir zur Verfügung haben. Also müssen wir entscheiden, welches ein wichtiges Bild in dieser Geschichte ist. Wir skizzieren das dann, damit die Zeichnerin schonmal eine Ahnung hat, was wir eigentlich wollen. Sonst müsste sie sechs Zeichnungen machen, bis wir dann endlich zufrieden wären. Einerseits wäre das zu teuer, andererseits steckt einfach wahnsinnig viel Arbeit dahinter. Also kürzen wir den Weg ab und sie kann direkt mit dem richtigen Bild beginnen. Wir machen dann am Ende nur noch kleine Korrekturen. Die Figuren müssen uns passen und noch ein paar Details. Dann schreiben wir alles und nehmen dann bei TJ alles im Studio selbst auf. Da sprechen wir alle Rollen selber - das ist eigentlich der schönste Teil. Das klingt natürlich fürchterlich, das kann man sich nicht anhören. Wir lachen jeweils Tränen. Jeder Hund, jedes Mami und jedes Kind wird von uns gesprochen, bis wir in etwa den Ablauf wissen. Wir verrecken fast vor Lachen. Wenn wir uns dann sicher sind, kommen die Sprecher dazu und zuhause wird das dann getestet - ich habe schliesslich Kinder zuhause. Die habe ich nicht nur damit sie essen und ich ihnen neue Kleider kaufen muss (lacht). Der Kleinste ist im Moment einfach sehr praktisch, um solche Sachen auszuprobieren. Der ist kürzlich sieben geworden. Den brauchen wir seit zwei Jahren, also seit er 5 ist. Der Grössere wird bald 14, den konnten wir Anfangs auch noch brauchen. , vor dem Stimmbruch. Jetzt ist das vorbei. Was man sagen muss: Wir haben für diese Geschichten so ziemlich jeden missbraucht, den wir kennen. Alles was da ist, sei es das Grosi, die Ehefrau, die eigenen Kinder, alle mussten helfen. Wir hatten ja Anfangs kein Geld. Wir haben uns keine professionellen Sprecher leisten können, also mussten alle in unserem Umfeld herhalten. Das hat extrem gut geklappt. Je länger wir das mache, umso mehr Leute kommen dazu, die dabei sein wollen. Der Rocker Jimmy Hofer aus Bern beispielsweise, ein Fetzen mit einer rauhen Stimme, der spielt den Esel (lacht). Dann hatten wir auch Sandee dabei, die hat auch einen sehr guten Job gemacht, sie spielt die Katze. Wir waren ja alle mal in der selben Band. Jetzt fängt das langsam an, dass die Leute mitmachen wollen. Wir haben einen Banker drauf und einen Comedian. Jetzt wird es natürlich noch besser: Jetzt kommen langsam Leute mit Bühnenerfahrung ins Spiel. Mit denen ist es natürlich einfacher zu arbeiten. Nicht wie der Grossvater, der sich zuerst geniert und immer irgendwie redet, und wir ihm sagen müssen, er müsse es nochmals machen, er solle direkt ins Mikrofon reden. Das weiss er halt nicht. Es ist zwar lustig so, aber es dauert halt länger. Mit Leuten die etwas davon verstehen ist es schon einfacher, ich möchte aber das Andere nie missen. Schliesslich macht man sich fast in die Hosen vor Lachen, wenn der Grossvater mitmacht. Oder auch Dein Grosi TJ.
TJ Gyger: Die ganze Familie ist dabei.
hitparade.ch: Was ist das für ein Gefühl, jetzt auf einmal Kinder als Publikum zu haben?
Gölä: Wir haben normalerweise gar nicht unbedingt so ein komplett anderes Publikum. Der einzige Unterschied ist, dass hier die Eltern nicht dabei sind. Die möchten wir jetzt aber auch ansprechen. DJ Bobo und auch Gölä, das ist Familienzeug. Da kommt alles vom kleinen Kind bis zum Grosi.
TJ Gyger: Ist bei mir auch so, absolut.
hitparade.ch: Aber sind Kinder nicht ein dankbareres Publikum? Die kann man doch sehr schnell begeistern und zum Lachen bringen?
Gölä: Jein.
TJ Gyger: Sie sind extrem ehrlich! Wir haben ja unsere Anstandsformen. Wenn irgend ein Berner ein Lied spielt, das kein Superhit ist, dann sitzt Du trotzdem drei Minuten lang dort und applaudierst am Ende. Kinder machen das nicht, die fangen an, miteinander zu reden, wenn ihnen was nicht gefällt.
Gölä: Wenn es Dir eine Minute lang zuhört und dann nicht begeistert ist, dann fängt es an, was Anderes zu machen. Entweder ist das, was Du tust, super, oder es geht gar nicht und Du verlierst Dein Publikum. Das hat man bei der Rockmusik nicht, da hat man seine Hits, an denen kleben die Leute. Dann kann man drei vier andere Songs bringen, die den Leuten vielleicht weniger gefallen, dann hören sie zu und klatschen, rufen aber: Wann kommt endlich der Schwan? (lacht). Das passiert bei den Kindern nicht.
hitparade.ch: Beeinflusst die Arbeit mit diesem Kinderprojekt auch die Arbeit an der Musik, die Du sonst machst?
Gölä: Gar nicht. Da muss man switchen können. Das ist das Selbe wie ein Banker, der den Anzug am Schalter trägt und die Kunden bedient, und zuhause hat man Shorts an und trinkt mit den Kumpels ein Bier und raucht. Das muss man einfach können. Die Kinder sind ein Publikum, mit dem man arbeitet. Ich kann im Hallenstadion nicht plötzlich ein Lied von Papagallo und Gollo spielen an einem Gölä-Konzert. Das geht einfach irgendwie nicht. Vielleicht machen wir es mal, aber dann nur an einer Papagallo & Gollo Show. Das ist das Ziel.
hitparade.ch: Bei Papagallo & Gollo musst Du, wie Du selbst gesagt hast, aufpassen wie Du redest, es muss alles kindertauglich sein. In Deinem anderen Leben als Gölä kannst Du reden, wie Dir der Schnabel gewachsen ist. Da musst Du Dich also nicht anstrengen um zu switchen?
Gölä: Das musst Du ja zuhause auch können. Du kannst vor den Kindern nicht herumfluchen wie vor den Kollegen auf der Baustelle. Da muss jeder im Leben irgendwie switchen.
hitparade.ch: Wieviel "Kind" steckt denn noch in euch?
TJ Gyger: 100 Prozent! Wir sind riesen Goofen. Das ist nicht durch dieses Projekt so geworden, das ist generell so. Wir haben jetzt einfach ein Ventil gefunden, wie wir das ausleben können. Legitim, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist (lacht).
Gölä: So müssen wir es auf der Bühne und im sonstigen Leben nicht mehr so machen.
TJ Gyger: Das hat uns schon immer irgendwie begleitet, uns kommt immer der grösste Mist in den Sinn. Man kann hier so viel machen. Das Pop-Rock-Geschäft ist so ernst geworden. Man muss sehr fokussiert und hart arbeiten. Man darf einfach die Liebe nicht verlieren zu dem, was man tut. Und hier interessiert uns dies alles nicht. Verkaufszahlen, Marketingzeug und alles. Wir machen diese Geschichten und leben uns dort aus, das ist das Schöne an diesem Projekt.
hitparade.ch: Könnt ihr euch denn auch vorstellen, das Projekt im Ausland zu lancieren?
TJ Gyger: Ja, das ist ein klares Ziel. Wir haben bereits einen deutschen Prototypen gemacht. Man muss einfach schauen, was wie funktioniert und man muss die richtigen Leute finden, mit denen das umsetzbar ist. Die müssen auch die Philosophie von uns übernehmen. Man kann es nicht einfach nehmen und zack anders machen. Man muss Leute haben, die die selben Grundwerte transportieren möchten und verkörpern können. Es ist auch im Welschland schwierig gewesen, Jemanden zu finden, der das so vermittelt. Moral und der Charme der Sprache, das ist dort alles ganz anders.
Gölä: Im Welschland hätten wir auch Fehler gemacht. Ich verstehe beispielsweise deren Humor nicht. Ich schnalle das einfach nicht, auch bei den Franzosen. Und Welsche sind irgendwie auch Franzosen für mich, da stehe ich dazu (lacht). Die Lachen über Dinge von denen ich denke: Hä?? Bei uns geht es denen wahrscheinlich genauso! Daher darf man das nicht selber machen. Man würde alles falsch machen. Da muss man lernen zu delegieren. Wir wissen mit Sicherheit wie wir es wollen und wohin es führen soll. Es ist unser Baby. Und wir wollen Erfolg damit haben. Dafür muss man aber auch Verantwortung abgeben können. Dafür braucht man gute Leute. Man soll sich ja nicht aufregen müssen. Man muss wissen können, wenn ich es denen gebe, dann kommt es gut raus. Sie haben auch schon Dinge viel besser gemacht als wir.
TJ Gyger: Wir haben auch schon Sachen von ihnen gelernt.
Gölä: Das sind richtige Profis.
hitparade.ch: Aber in Deutschland würdet ihr es selbst machen?
TJ Gyger: Nein!
Gölä: Nein, keine Chance! Erstens können wir nicht Deutsch - da müssen wir ehrlich sein - Schweizer können nicht Deutsch sprechen.
hitparade.ch: Baschi versucht es ja auch….
TH Gyger: Ja, er VERSUCHT es…
Gölä: Deswegen nicht.
TJ Gyger: Der Humor ist vielleicht noch eher so wie bei uns, ich arbeite viel in Deutschland. Aber man unterschätzt es einfach. Kulturell ist alles anders, die Wurzeln sind woanders. Die finden auch nicht immer das Gleiche lustig wie wir. Wir bauen die Geschichten ja hier in der Schweiz auf nationalen Witzen auf, das muss man ja anpassen. Man spürt einfach, ob etwas authentisch ist oder nicht.
Gölä: Das Business ist dort viel härter als hier, das können wir uns in unserer behüteten Schweiz gar nicht vorstellen. Dort werden Geschäfte ganz anders gemacht. Da sind Welten dazwischen. Man geht niemals so nett miteinander um wie hier. Das ist etwas, das viele Leute nicht kennen. Für solche Sachen braucht man Leute von dort, die den Markt kennen. Wir könnten vielleicht sogar selbst so arbeiten, aber das wollen wir gar nicht. Wir machen viel lieber einfach die Geschichten. Es gibt ja immer Leute, die solche Arbeiten gerne machen, beispielsweise mit Finanzen oder Verträgen. Dafür gibt es ja diese Menschen, also warum sollten wir das selber machen? Ich denke wir sollten bei dem bleiben, was wir am liebsten tun. Das sind die Geschichten.
hitparade.ch: Und in Zukunft: Macht ihr nun jedes Jahr eine neue Geschichte?
Gölä: Ihr könnt zukünftig jedes halbe Jahr mit uns ein Interview machen. Ideen haben wir genug! Die Welt ist so schön, es gibt so viele Dinge! Nur schon die Länder! Im Berner Oberland könnte man über jedes Tal eine eigene Geschichte machen. Es gibt unzählige Möglichkeiten mit Firmen, die tolle Sachen machen. Beispielsweise Virgin Galactic! Ich meine Richard Brandson, der ist unser Vorbild!