Interview mit Phenomden
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Der Zürcher Reggaesänger Phenomden singt schweizerdeutsche Songs in jamaikanischem Style. Dabei bewegt sich sein Songwriting thematisch zwischen zwei Welten: dem Umfeld in der Schweiz und Erlebnissen auf Reisen. Sein viertes Album "Eiland" ist soeben erschienen. Wir haben ihn zu einem Interview getroffen.hitparade.ch: Nach 3 Jahren endlich ein neues Phenomden-Album. Mit "Eiland" besingst du unter anderem deinen Aufenthalt in Jamaika. Vermisst du deine zweite Heimat?
Phenomden: Ja, ich vermisse Jamaika. Momentan steht aber die Vorfreude auf mein neues Album und die bevorstehende Tour im Vordergrund. Wäre ich zurückgekommen ohne konkrete Aufgaben und Pläne, hätte ich bestimmt grössere Sehnsucht - gerade jetzt im Winter! Nach meiner Rückkehr ging ich jedoch schon bald ins Studio und beschäftigte mich intensiv mit "Eiland".
hitparade.ch: Wie müssen wir uns deinen Alltag in Jamaika vorstellen? Sonne, Strand und leckere Cocktails den ganzen Tag?
Phenomden: Nein, gar nicht (lacht). Die Sonne geniessen sicherlich. Wobei man sich mit der Zeit daran gewöhnt. Ich vertrage sowieso nur wenig Sonnenstrahlen und hielt mich deswegen hauptsächlich im Schatten auf. Während der Zeit in Jamaika arbeitete ich hart. Jeden Tag nahm ich mir etwas Anderes vor, das ich erreichen oder erledigen wollte.
hitparade.ch: Die Leute vor Ort konnten dich auch auf der Bühne bestaunen. Bist du dort mit Schweizerdeutschen Songs aufgetreten?
Phenomden: Genau. Zum Teil schrieb ich aber auch englische Lieder, was jedoch eher ein Experiment war. Das Singen in Schweizerdeutsch ist mir noch nicht verleidet. Zudem bekam ich im ersten Moment immer sehr positive Reaktionen auf meine Mundart-Songs. Ich denke, das Spezielle und Unbekannte faszinierte die Einheimischen. Sie verstanden mich nicht und trotzdem klang die Musik für sie vertraut. Ein 90-minütiges Konzert hätte ich wohl nicht bieten können, dafür wäre das Publikum zu schnell gelangweilt gewesen. Die Zuhörer sind extrem Songtext orientiert, sie achten extrem auf die Lyrics und lernen diese auswendig.
hitparade.ch: Dann sind die Jamaikaner also extremer auf die Texte bedacht als das Schweizer Publikum?
Phenomden: Ich finde schon. Sie hören genau hin und wollen wissen, was der Sänger erzählt und was er erlebt hat. Es müssen auch nicht immer die gleichen Themen besungen werden. Die Lieder dürfen sowohl ernsthaft, als auch lustig sein. Die Leute wollen mehr über denjenigen auf der Bühne wissen und kommen nicht einfach, um ein wenig zum Rhythmus der Musik zu tanzen.
hitparade.ch: Wann bist du denn wieder zurück in die Schweiz gekommen?
Phenomden: Seit Juni dieses Jahres bin ich wieder in der Schweiz.
hitparade.ch: Bist du vor allem für die Aufnahmen deiner neuen CD heimgekehrt?
Phenomden: Bereits Ende 2010 kam ich für meinen Zivildienst zurück. In dieser Zeit traf ich mich auch mit den Scrucialists aus Basel, welche mich live schon oftmals unterstützt hatten. Wir merkten beim gemeinsamen Musizieren, dass ein gemeinsames Album an der Zeit wäre.
hitparade.ch: Und es war kein Thema, dass die Band zu dir nach Jamaika kam für die Aufnahmen?
Phenomden: Ein Thema war es, am Ende hatten jedoch Alle andere Pläne und wir beschlossen, die CD in der Schweiz aufzunehmen. Der Bassist besuchte mich während einigen Wochen, wir zogen gemeinsam durchs Land und traten auch gemeinsam auf. Das war super!
hitparade.ch: Für dich war es das erste Mal, ein ganzes Album mit der gleichen Band einzuspielen. Machte es für dich einen grossen Unterschied?
Phenomden: Es war definitiv etwas Anderes. Früher arbeitete ich jeweils mit unterschiedlichen Produzenten, zum Teil bis zu sechs, sieben verschiedene Produzenten pro Album. Meistens bekam ich damals fertige Instrumental-Stücke und schrieb meine Texte dazu. Die neuen Songs entstanden von Grund auf mit den Scrucialists. Zum Teil brachte ich auch selbst Gesangsideen oder spielte mit der Gitarre vor, worauf die Band reagierte.
hitparade.ch: Bist du selbst auf der CD auch an der Gitarre zu hören?
Phenomden: Nein, dazu spiele ich zu wenig gut. Meine Fähigkeiten reichen, um ein wenig zu "schrammeln" und Songs zu schreiben. Diese Art von Songwriting war mir vorher unbekannt. Die Songs, welche auf der Gitarre entstanden, hören sich übrigens auch anders an als meine älteren Stücke.
hitparade.ch: Inwiefern sind sie anders?
Phenomden: Sie sind eher gesungen, im Vergleich zu den früheren Liedern, wo der Sprechgesang vorherrschte.
hitparade.ch: Es fällt auf, dass du auf "Eiland" mehr singst als bisher.
Phenomden: Ja, das merkt man, oder?
hitparade.ch: Eigentlich wollte ich fragen, woher das kommt. Du hast dir also nicht einfach vorgenommen: "Ich will jetzt mehr singen!"?
Phenomden: Doch, das auch. Seit dem letzten Album spielte ich mit dem Gedanken, dass es cool wäre, mehr zu singen. In Jamaika nahm ich darum Gesangsunterricht, hörte ausserdem viel Musik mit Gesang und kam noch mehr auf den Geschmack. Nachdem etwa bei der Hälfte der Tracks auf "Eiland" der Gesang im Vordergrund stand, wollte ich dann doch auch wieder zurück zum Sprechgesang, oder Singjaying, wie wir dem sagen.
hitparade.ch: Welches ist dein persönlicher Favorit auf dem Album?
Phenomden: (sofort) "Eiland!" - Darum wollte ich den Song auch als Single. Für mich fasst "Eiland" meine Zeit in Jamaika sehr gut zusammen. "Zögere nöd", gefällt mir ebenfalls besonders. Eines der Lieder, welches auf der Gitarre entstanden ist.
hitparade.ch: Zur Single "Eiland" gibt es auch einen tollen Videoclip mit dir als Tramchauffeur. Stammte die Idee dazu von dir?
Phenomden: Nein, ich hatte eine ähnliche Idee mit einem Road-Trip ähnlichen Clip, in dem ich mit verschiedenen Verkehrsmitteln unterwegs wäre. Das Videoteam fand meinen Vorschlag cool, aber zu aufwändig und machte darum den Gegenvorschlag mit dem Tram, welcher mir sehr gefiel.
hitparade.ch: Du bist allgemein ein kreativer Mensch.
Phenomden: Danke!
hitparade.ch: Von dir gab es vor einigen Jahren sogar einen kurzen Zeichentrickfilm. Zeichnest du immer noch?
Phenomden: Leider viel zu wenig, hauptsächlich Telefonskizzen. Ich würde gerne wieder einmal zeichnen. Momentan fehlt mir schlicht die Zeit dazu, beziehungsweise meine Prioritäten sind anders gesetzt. Das Zeichnen ist mehr mein "Plan B", vielleicht gehe ich so mit 40 oder 50 Jahren eher wieder in diese Richtung.
hitparade.ch: Wenn das mit der Musik, dem kreativen Beruf, nichts geworden wäre, hättest du eine "unkreative" Alternative gehabt?
Phenomden: (überlegt) Ich arbeite sehr gerne handwerklich. Während meines Zivildienstes arbeitete ich beinahe ein Jahr in einer Fahrradwerkstatt und in einem Naturschutzgebiet. Auch in der Küche und in einem Café war ich schon tätig. Die körperliche Arbeit liegt mir sehr, vor allem die Gartenarbeit sagte mir zu. Ich glaube, ich würde als Gärtner arbeiten, wenn das mit der Musik nicht so gut funktionieren würde.
hitparade.ch: Am 9. Dezember 2011 startet deine Tour mit der Plattentaufe in Zürich. Was dürfen deine Fans erwarten?
Phenomden: Nicht zuviel, momentan bin ich gerade ein wenig krank (lacht)!
hitparade.ch: Bis dann bist du hoffentlich wieder gesund!
Phenomden: Das hoffe ich auch. Wie die Show genau wird, weiss man nie so genau… Mit dabei ist sicher die Band und ausserdem unterstützen mich drei Sängerinnen. Aktuell proben wir das Programm, indem wir die neuen Songs vorstellen möchten. Ich würde sagen, wir spielen Reggae in einer modernen Version. Ich freue mich!
hitparade.ch: Und, nimmst du selbst die Gitarre in die Finger?
Phenomden: Das ist eine gute Idee, habe ich mir noch gar nie überlegt.
hitparade.ch: Das käme bestimmt gut an!
Phenomden: Danke für die Inspiration!
Interview durchgeführt: Yvonne Zgraggen
Redaktion: Yvonne Zgraggen