Interview mit Shirley Grimes
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Shirley Grimes, gebürtige Irin und in der Bern lebend, veröffentlicht bereits ihr fünftes Album. Schon die letzten vier Alben haben gezeigt, dass sich eine Musikerin von besonderem Schlag und internationalem Format in unserem Land niedergelassen hat. Wir haben sie in Zürich zum Interview getroffen.
hitparade.ch: Warum und wann hat es dich von Irland in die Schweiz verschlagen?
Shirley Grimes: Mich hat es bereits mit 18 hierher verschlagen. Ich habe in Irland eine Schweizerin kennengelernt, die mich in den Ferien zu sich in die Schweiz eingeladen hat. Ich hatte mir damals ein Interrail-Ticket gekauft, weil ich sowieso immer schon aufs europäische Festland wollte. Ihr Exfreund war Bassist und deshalb schlug sie vor, dass wir mal was zusammen machen könnten. Als ich herkam begann ich sofort mit ihrem Ex Musik zu machen. Er war der erste Bassist meiner Band … Und kurz vor meinem 19. Geburtstag haben wir dann unsere erste CD aufgenommen. Seither habe ich keinen Grund mehr gefunden, wieder zurück zu gehen.
hitparade.ch: Wie leicht/schwer fiel es dir, dich hier einzuleben?
Shirley: Es fiel mir leicht und schwer. Ich glaube man lernt die Leute einfach erst dann richtig kennen, wenn man die Sprache kann. Auch wenn die Leute hier sehr gut englisch sprechen. Man kann so auch den Hintergrundgeräuschen lauschen und bekommt einfach viel mehr mit, was um einen herum passiert. Von dem her waren die ersten Jahre für mich sicherlich nicht einfach. Dass es mit der Musik so gut gelaufen ist, hat mir auf jeden Fall geholfen. Aber als ich Schweizerdeutsch sprechen konnte, ab da lief alles viel einfacher.
hitparade.ch: Welche wesentlichen Unterschiede gibt es deiner Meinung nach zwischen der Schweizer und der irischen Mentalität und Lebensweise?
Shirley: Da gibt es viele Unterschiede. Als ich Irland vor 16 Jahren verlassen habe, da war es noch beinahe ein Drittwelt-Land. Es stand noch am Anfang seiner Entwicklung. Die Schweiz hingegen war enorm reich. Das pure Gegenteil eigentlich. In der Schweiz hatten Banken, Uhren und Schokolade viel Bedeutung. Inzwischen ist Irland ein Erstwelt-Land, das reich geworden ist. Damals gab es für mich also nur sehr wenige Parallelen zwischen der Schweiz und Irland. Und jetzt gibt es immer weniger Unterschiede.
hitparade.ch: Stammst du aus einer musikalischen Familie bzw. wie bist du zur Musik gelangt?
Shirley: Nein, ich habe einfach immer gerne gesungen, von Anfang an. In meiner Familie macht niemand professionell Musik. Aber singen tun sie alle. In Irland ist das einfach bekannt: Am Samstag Abend sitzt man im Pub und dann gibt es Gesangsrunden, wo jeder mal einen Song singt. Unsere Familie war da jedesmal dabei. Ich bin aber die erste aus meiner Familie, die mit der Musik Karriere gemacht hat.
hitparade.ch: Also hast du auch schon in Irland Musik gemacht!
Shirley: Ja, genau. Ich hatte mit 15 meine ersten Auftritte mit einer traditionellen Band. In dieser habe ich dann zweieinhalb Jahre lang gespielt. Ich musste mein Geld ziemlich zusammenkratzen, damit ich in die Schweiz kommen konnte.
hitparade.ch: Irland ist ja bekannt für gute Musik. Kommen irische Musikelemente in deinen Songs vor?
Shirley: Irische Elemente kommen sehr stark in meinen Songs vor. Ich habe eigentlich mit Contemporary Music angefangen. Die erste CD hatte viele Covers drauf und die zweite CD habe ich in Irland aufgenommen. Daher hatte diese schon einen traditionellen Touch. Dann machte ich einen Ausflug in die Pop Rock Welt. Und die neuste CD hat wieder viele irische Elemente drauf. Auf dieser CD bin ich via Amerika nach Irland gegangen.
hitparade.ch: Wirst du auch von Schweizer Musik beeinflusst?
Shirley: Ich werde von meinen Schweizer Musikerkollegen beeinflusst. Wie überall auf der Welt gibt es auch hier wahnsinnig viele talentierte Musiker. Manchmal kriegt man einen Minderwertigkeitskomplex deswegen. Ich höre nur sehr selten schweizerdeutsche Songs, da ich das Bedürfnis habe, Musik auf Englisch zu hören. Es ist meine Herzenssprache, und die nehme ich anders auf. Ich wurde aber auf jeden Fall von vielen Menschen beeinflusst. Auch durch ihre Hingabe an die Musik und was Musik ihnen bedeutet.
hitparade.ch: Wie nehmen die Leute in deinem Heimatland Irland deine Musik wahr?
Shirley: Ich bin in Irland in einem kleinen Dorf aufgewachsen und habe dort noch 56 Verwandte. Die wissen natürlich, was ich mache. Aber ich habe seit 15 Jahren kein Konzert mehr dort gegeben. Und jedesmal wenn ich nach Hause gehe und im Ausgang bin, wird mir eine Gitarre in die Hand gedrückt, damit ich einen kleinen Beitrag zur musikalischen Unterhaltung leisten kann. Sie kennen mich alle.
hitparade.ch: Du könntest dort eine CD veröffentlichen
Shirley: Das würde ich gerne. Doch wie so mancher Markt ist auch dieser wirklich schwer zu knacken. Da müsste man Vollzeit-dransein. Und da ich Mutter von zwei Kindern bin, versuche ich meine Energie so gut wie möglich aufzuteilen. Ich habe nicht die Zeit, in Irland eine Karriere aufzubauen. Vielleicht in ein paar Jahren, aber jetzt nicht.
hitparade.ch: Mittlerweile wurde dein fünftes Album veröffentlicht, mit dem Titel "Sweet Rain". Wie ist der Titel zu interpretieren?
Shirley: So heisst auch eines der Stücke auf der CD. Regen betrachtet man ja immer wieder als etwas Negatives. Es nervt die Leute doch immer, wenn es regnet. Und eigentlich wollte ich mit diesem Titel sagen, dass alles, was einem auf die Nerven gehen kann, wiederum auch sehr schön sein kann. Je nachdem wie man es anschaut. Das ganze Album ist eigentlich voller Songs, die von schwierigen Dingen erzählen, die aber auch ganz klar gut gewesen sind. Da passte Sweet Rain einfach.
hitparade.ch: Kannst du ein gutes Beispiel an einem deiner Songs nennen, in dem dieses Thema besonders wichtig ist?
Shirley: Das ist schwierig, denn ich habe bei jedem Song versucht, etwas Wichtiges hineinzupacken. Was es sicher auffälliges am neuen Album gibt: Es hat Songs über das Muttersein dabei. Das kann manchmal ganz schön schwierig sein. Es lohnt sich aber trotzdem absolut. Oder beim Titelstück "Sweet Rain". Da geht es um unsere Einstellung dem Planeten gegenüber. Es ist ja sehr schwer zu leben hier auf der Welt. Und trotzdem ist es das wert. Es zu versuchen. Das ist immer wieder die Message, die ich versuche rüberzubringen.
hitparade.ch: "Ehrlichkeit" wird stark in den Vordergrund gerückt, speziell im Hinblick auf Musik Sängerin und Texte. Warum diese Betonung bzw. denkst du, dass viele andere Künstler und deren Musik nicht ehrlich sind?
Shirley: Nein, das denke ich überhaupt nicht. Ich versuche mich einfach so zu geben, wie ich bin. Ich probiere das eigentlich gar nicht, ich mache es einfach. Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, dass ich irgendwo in eine Schublade passe, oder dass ich auf andere Art mehr CDs verkaufen würde. Ich glaube auch nicht, dass ich Fragen auf ganz bestimmte Art und Weise beantworten muss, dass es für mich einfacher werden würde. Ich glaube nicht, dass ich einen Song neu arrangieren muss, damit er radiotauglicher wird. Davon habe ich mich einfach befreit. Und ich glaube, es gibt viele Leute, die dies noch nicht getan haben. Ich bin jetzt 35, ich mache das seit 20 Jahren. Für mich wurde es einfach Zeit mich zu befreien. Vor vier Jahren hätte ich dies noch nicht gekonnt. Ich versuche mich so zu geben, wie ich bin. Und ich glaube, auf dem Welt-Musikmarkt gibt es momentan nur sehr wenig Ehrlichkeit. 90 Prozent von dem, was man sieht, ist eine Show . Das wird gemacht, um die Verkaufszahlen zu erhöhen. Zum Glück ist dies in der Schweiz im Grossen und Ganzen nicht so. Sicher gibt es auch solche Elemente, aber es ist nicht Hollywood.
hitparade.ch: Welchen Typ Mensch denkst du spricht deine Musik am meisten an bzw. in welchen Situationen empfiehlt es sich besonders, deine Songs zu hören?
Shirley: Wenn man Lust auf Ehrlichkeit hat. Wenn man jemandem zuhören möchte, der nicht versucht, Dinge in ein anderes Licht zu rücken. Das ist eigentlich schwierig zu beantworten. Ich denke es würde vielen Menschen gefallen, wenn sie den Zugang dazu hätten. Man kann es eigentlich immer hören. Es ist aber wirklich schwierig zu beantworten.
hitparade.ch: Du hast ja vor Kurzem die CD-Taufe in Zürich gemacht. Was waren das denn für Menschen, die da gekommen sind?
Shirley: Es war wild durchgemischt und "es fägt" eigentlich so! Ich habe Leute um die 70, die mein Konzert besuchen. Beim Anstehen zum CD kaufen stand gleich hinter der 70-jährigen Frau ein 17-jähriges Mädchen. Und hinter ihr zwei Männer aus Deutschland… also wirklich querbeet. Und das ist eigentlich das Schöne dran. Die Musik passt in keine Sparte. Es ist Singer/Songwriting. Und das passt, wenn man Stimmen und Songs mag. Es hat keine Altersbegrenzung. Ich staune immer wieder wenn ich sehe, wie breit eigentlich mein Publikum ist.
hitparade.ch: Es kommen ja noch weitere Konzerte auf dich zu. Wird sich dein Programm noch verändern?
Shirley: Es wird sicher anders werden. Man muss ja irgendwie auch in ein Programm hineinwachsen. Wir haben jetzt dieses Set zum ersten Mal live gespielt und werden sicher noch einiges dran verändern. Vor Weihnachten hatten wir zwei Probekonzerte und dort haben wir herausgefunden, wie wir was genau machen wollen. Jetzt muss sich eigentlich nicht mehr viel ändern. Die CD ist zwar neu für alle, aber wir haben sehr lange dran gearbeitet und kennen die Songs jetzt recht gut. Wir wissen bei jedem Song, was zu tun ist. Wichtig ist es, die richtige Reihenfolge zu finden, damit es einen richtig schönen, runden Abend gibt. Vielleicht braucht es noch einen Gig, um alles zu perfektionieren, aber es kommt gut.
hitparade.ch: Hast du verkaufstechnisch an das neue Album Erwartungen ?
Shirley: Nein, überhaupt nicht. Das meine ich nicht negativ. Ich lasse mich einfach überraschen, denn ich habe keine Ahnung, was passieren wird. Ich hatte seit 5 Jahren keine Veröffentlichung mehr und weiss auch nicht wirklich, wie der Markt so dran ist. Ich weiss, dass es sehr viel gute Schweizer Musik gibt, die jetzt auf den Markt kommt. Ich hoffe, dass man der CD Platz den den Plattenläden, in Zeitungen und im Radio widmet. Ich hoffe, das Album wird ein wenig supportet, denn das hat es dringend nötig. Mir ist es vorallem ein Anliegen, dass die Leute zu den Konzerten kommen. Dort verkaufe ich auch am meisten CDs. Natürlich wäre es für mich absolut toll, in die Hitparade zu kommen. Aber ich weiss ja nicht, wie die CD einschlagen wird. Es wäre für mich natürlich sehr toll, wenn sie sich verkaufen würde. Ich habe absolut keine Ahnung. Aber vielleicht ist es besser so.
hitparade.ch: Du hast unter Anderem das "Irish Music Festival" im Zürcher Volkshaus organisiert. Wie bist du mit dem Ergebnis zufrieden?
Shirley: Dieses "Irish Music Festival" war ein Experiment für mich. Es hatte viele Musiker darunter, die ich sehr gerne mag, die super talentiert sind und tolle Musik machen. Wenn wir das Bedürfnis gehabt hätten, dies zum Wachsen zu bringen, dann hätten wir weitergemacht. Dies hatte aber niemand. Es ist ein wirklich grosses Projekt, das viel Zeit in Anspruch nimmt. Auch an Choreographien musste man unter Anderem arbeiten. Ich finde aber, es ist sehr gelungen. Man hätte aber einen sehr grossen, weiteren Schritt machen müssen, um diese Veranstaltung wiederholen zu können. Dafür hatte niemand die Energie und die Kraft. Das Festival ist ja jetzt 5 Jahre her und lustigerweise hatten wir letzte Woche ein super Reunion-Konzert.
hitparade.ch: Irish Music Festival, Irische Musik im Allgemeinen, Irish Pubs - Mitteleuropäer scheinen Fans von eurem Land zu sein - woran denkst du liegt das?
Shirley: Aus dem musikalischen Standpunkt betrachtet kann man sagen, da hat es wahnsinnig viele Musiker. Und wirklich viele talentierte Musiker. Die Chance, dass man über was Tolles stolpert, wenn man in Irland unterwegs ist, ist also dementsprechend gross. Überall in den Pubs wird gespielt. Die Iren haben auch eine besonders symphatische Art, die Besucher zu empfangen. Ich glaube, das bedeutet den Leuten viel, wenn sie in die Ferien gehen. Wenn Leute nach Irland gehen, werden sie meist gut aufgenommen. Ich weiss aber nicht, ob dies immernoch so ist. Irland verändert sich immer weiter und ist jetzt ganz anders als früher. Es ist nicht mehr die Insel mit den Schafen und der Düdeldüü-Musik. Es ist jetzt zu einem führenden Computer-Land geworden. Und dies hat natürlich seinen Preis. Ich hoffe aber, es ist eine Balance zwischen Beidem vorhanden.
hitparade.ch: Was denkst du über die aktuelle Top 10 der Schweizer Hitparade?
Shirley: Ich kenne Mika und Alicia Keys und Rihanna. Aber ich muss sagen, dass Alicia Keys und Rihanna nicht so mein Ding sind. Ich + Ich kenne ich überhaupt nicht. Lenny Kravitz hingegen höre ich seit Jahren. Ich finde ihn einen genialen Typ. DJ Ötzi kenne ich nur vom Namen her. Es ist lustig, aber in den Top 10 kenne ich sonst nichts. Erst wenn ich auf die hinteren Plätze schaue, sehe ich einiges, das ich kenne. Seal, Stress, Amy Winehouse, Britney Spears, Dada Ante Portas oder James Blunt: Die kenne ich alle. Dies würde ich alles viel lieber hören als die Top 10. Tut mir leid (lacht). Also wenn ich die Top 10 verändern könnte, dann würde ich sie mit den Künstlern der hinteren Reihen austauschen. Dann wäre es meine Top 10. Bei den Album Charts sieht es schon wieder etwas besser aus. Da ist Lenny Kravitz auf Platz eins, und das finde ich super. Und Jack Johnson ist auch super. Von Züri West bin ich auch ein Fan, ich wohne bei denen in der Nähe. Und Amy Winehouse… die hat ihre 5 Grammys wirklich verdient. Mary J. Blige kenne ich nur vom Namen her, ich weiss nicht genau, was sie macht. Dada Ante Portas ist auch ein Name, den ich seit Jahren kenne. Nur das neue Album kenne ich noch nicht. WOW, Sheryl Crow ist auch dabei? Die ist super. Radiohead ist auch super. Es hat also tatsächlich viele tolle Alben in der Hitparade, seh ich gerade. Davon kenne ich auch mehr!
hitparade.ch: Warum und wann hat es dich von Irland in die Schweiz verschlagen?
Shirley Grimes: Mich hat es bereits mit 18 hierher verschlagen. Ich habe in Irland eine Schweizerin kennengelernt, die mich in den Ferien zu sich in die Schweiz eingeladen hat. Ich hatte mir damals ein Interrail-Ticket gekauft, weil ich sowieso immer schon aufs europäische Festland wollte. Ihr Exfreund war Bassist und deshalb schlug sie vor, dass wir mal was zusammen machen könnten. Als ich herkam begann ich sofort mit ihrem Ex Musik zu machen. Er war der erste Bassist meiner Band … Und kurz vor meinem 19. Geburtstag haben wir dann unsere erste CD aufgenommen. Seither habe ich keinen Grund mehr gefunden, wieder zurück zu gehen.
hitparade.ch: Wie leicht/schwer fiel es dir, dich hier einzuleben?
Shirley: Es fiel mir leicht und schwer. Ich glaube man lernt die Leute einfach erst dann richtig kennen, wenn man die Sprache kann. Auch wenn die Leute hier sehr gut englisch sprechen. Man kann so auch den Hintergrundgeräuschen lauschen und bekommt einfach viel mehr mit, was um einen herum passiert. Von dem her waren die ersten Jahre für mich sicherlich nicht einfach. Dass es mit der Musik so gut gelaufen ist, hat mir auf jeden Fall geholfen. Aber als ich Schweizerdeutsch sprechen konnte, ab da lief alles viel einfacher.
hitparade.ch: Welche wesentlichen Unterschiede gibt es deiner Meinung nach zwischen der Schweizer und der irischen Mentalität und Lebensweise?
Shirley: Da gibt es viele Unterschiede. Als ich Irland vor 16 Jahren verlassen habe, da war es noch beinahe ein Drittwelt-Land. Es stand noch am Anfang seiner Entwicklung. Die Schweiz hingegen war enorm reich. Das pure Gegenteil eigentlich. In der Schweiz hatten Banken, Uhren und Schokolade viel Bedeutung. Inzwischen ist Irland ein Erstwelt-Land, das reich geworden ist. Damals gab es für mich also nur sehr wenige Parallelen zwischen der Schweiz und Irland. Und jetzt gibt es immer weniger Unterschiede.
hitparade.ch: Stammst du aus einer musikalischen Familie bzw. wie bist du zur Musik gelangt?
Shirley: Nein, ich habe einfach immer gerne gesungen, von Anfang an. In meiner Familie macht niemand professionell Musik. Aber singen tun sie alle. In Irland ist das einfach bekannt: Am Samstag Abend sitzt man im Pub und dann gibt es Gesangsrunden, wo jeder mal einen Song singt. Unsere Familie war da jedesmal dabei. Ich bin aber die erste aus meiner Familie, die mit der Musik Karriere gemacht hat.
hitparade.ch: Also hast du auch schon in Irland Musik gemacht!
Shirley: Ja, genau. Ich hatte mit 15 meine ersten Auftritte mit einer traditionellen Band. In dieser habe ich dann zweieinhalb Jahre lang gespielt. Ich musste mein Geld ziemlich zusammenkratzen, damit ich in die Schweiz kommen konnte.
hitparade.ch: Irland ist ja bekannt für gute Musik. Kommen irische Musikelemente in deinen Songs vor?
Shirley: Irische Elemente kommen sehr stark in meinen Songs vor. Ich habe eigentlich mit Contemporary Music angefangen. Die erste CD hatte viele Covers drauf und die zweite CD habe ich in Irland aufgenommen. Daher hatte diese schon einen traditionellen Touch. Dann machte ich einen Ausflug in die Pop Rock Welt. Und die neuste CD hat wieder viele irische Elemente drauf. Auf dieser CD bin ich via Amerika nach Irland gegangen.
hitparade.ch: Wirst du auch von Schweizer Musik beeinflusst?
Shirley: Ich werde von meinen Schweizer Musikerkollegen beeinflusst. Wie überall auf der Welt gibt es auch hier wahnsinnig viele talentierte Musiker. Manchmal kriegt man einen Minderwertigkeitskomplex deswegen. Ich höre nur sehr selten schweizerdeutsche Songs, da ich das Bedürfnis habe, Musik auf Englisch zu hören. Es ist meine Herzenssprache, und die nehme ich anders auf. Ich wurde aber auf jeden Fall von vielen Menschen beeinflusst. Auch durch ihre Hingabe an die Musik und was Musik ihnen bedeutet.
hitparade.ch: Wie nehmen die Leute in deinem Heimatland Irland deine Musik wahr?
Shirley: Ich bin in Irland in einem kleinen Dorf aufgewachsen und habe dort noch 56 Verwandte. Die wissen natürlich, was ich mache. Aber ich habe seit 15 Jahren kein Konzert mehr dort gegeben. Und jedesmal wenn ich nach Hause gehe und im Ausgang bin, wird mir eine Gitarre in die Hand gedrückt, damit ich einen kleinen Beitrag zur musikalischen Unterhaltung leisten kann. Sie kennen mich alle.
hitparade.ch: Du könntest dort eine CD veröffentlichen
Shirley: Das würde ich gerne. Doch wie so mancher Markt ist auch dieser wirklich schwer zu knacken. Da müsste man Vollzeit-dransein. Und da ich Mutter von zwei Kindern bin, versuche ich meine Energie so gut wie möglich aufzuteilen. Ich habe nicht die Zeit, in Irland eine Karriere aufzubauen. Vielleicht in ein paar Jahren, aber jetzt nicht.
hitparade.ch: Mittlerweile wurde dein fünftes Album veröffentlicht, mit dem Titel "Sweet Rain". Wie ist der Titel zu interpretieren?
Shirley: So heisst auch eines der Stücke auf der CD. Regen betrachtet man ja immer wieder als etwas Negatives. Es nervt die Leute doch immer, wenn es regnet. Und eigentlich wollte ich mit diesem Titel sagen, dass alles, was einem auf die Nerven gehen kann, wiederum auch sehr schön sein kann. Je nachdem wie man es anschaut. Das ganze Album ist eigentlich voller Songs, die von schwierigen Dingen erzählen, die aber auch ganz klar gut gewesen sind. Da passte Sweet Rain einfach.
hitparade.ch: Kannst du ein gutes Beispiel an einem deiner Songs nennen, in dem dieses Thema besonders wichtig ist?
Shirley: Das ist schwierig, denn ich habe bei jedem Song versucht, etwas Wichtiges hineinzupacken. Was es sicher auffälliges am neuen Album gibt: Es hat Songs über das Muttersein dabei. Das kann manchmal ganz schön schwierig sein. Es lohnt sich aber trotzdem absolut. Oder beim Titelstück "Sweet Rain". Da geht es um unsere Einstellung dem Planeten gegenüber. Es ist ja sehr schwer zu leben hier auf der Welt. Und trotzdem ist es das wert. Es zu versuchen. Das ist immer wieder die Message, die ich versuche rüberzubringen.
hitparade.ch: "Ehrlichkeit" wird stark in den Vordergrund gerückt, speziell im Hinblick auf Musik Sängerin und Texte. Warum diese Betonung bzw. denkst du, dass viele andere Künstler und deren Musik nicht ehrlich sind?
Shirley: Nein, das denke ich überhaupt nicht. Ich versuche mich einfach so zu geben, wie ich bin. Ich probiere das eigentlich gar nicht, ich mache es einfach. Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, dass ich irgendwo in eine Schublade passe, oder dass ich auf andere Art mehr CDs verkaufen würde. Ich glaube auch nicht, dass ich Fragen auf ganz bestimmte Art und Weise beantworten muss, dass es für mich einfacher werden würde. Ich glaube nicht, dass ich einen Song neu arrangieren muss, damit er radiotauglicher wird. Davon habe ich mich einfach befreit. Und ich glaube, es gibt viele Leute, die dies noch nicht getan haben. Ich bin jetzt 35, ich mache das seit 20 Jahren. Für mich wurde es einfach Zeit mich zu befreien. Vor vier Jahren hätte ich dies noch nicht gekonnt. Ich versuche mich so zu geben, wie ich bin. Und ich glaube, auf dem Welt-Musikmarkt gibt es momentan nur sehr wenig Ehrlichkeit. 90 Prozent von dem, was man sieht, ist eine Show . Das wird gemacht, um die Verkaufszahlen zu erhöhen. Zum Glück ist dies in der Schweiz im Grossen und Ganzen nicht so. Sicher gibt es auch solche Elemente, aber es ist nicht Hollywood.
hitparade.ch: Welchen Typ Mensch denkst du spricht deine Musik am meisten an bzw. in welchen Situationen empfiehlt es sich besonders, deine Songs zu hören?
Shirley: Wenn man Lust auf Ehrlichkeit hat. Wenn man jemandem zuhören möchte, der nicht versucht, Dinge in ein anderes Licht zu rücken. Das ist eigentlich schwierig zu beantworten. Ich denke es würde vielen Menschen gefallen, wenn sie den Zugang dazu hätten. Man kann es eigentlich immer hören. Es ist aber wirklich schwierig zu beantworten.
hitparade.ch: Du hast ja vor Kurzem die CD-Taufe in Zürich gemacht. Was waren das denn für Menschen, die da gekommen sind?
Shirley: Es war wild durchgemischt und "es fägt" eigentlich so! Ich habe Leute um die 70, die mein Konzert besuchen. Beim Anstehen zum CD kaufen stand gleich hinter der 70-jährigen Frau ein 17-jähriges Mädchen. Und hinter ihr zwei Männer aus Deutschland… also wirklich querbeet. Und das ist eigentlich das Schöne dran. Die Musik passt in keine Sparte. Es ist Singer/Songwriting. Und das passt, wenn man Stimmen und Songs mag. Es hat keine Altersbegrenzung. Ich staune immer wieder wenn ich sehe, wie breit eigentlich mein Publikum ist.
hitparade.ch: Es kommen ja noch weitere Konzerte auf dich zu. Wird sich dein Programm noch verändern?
Shirley: Es wird sicher anders werden. Man muss ja irgendwie auch in ein Programm hineinwachsen. Wir haben jetzt dieses Set zum ersten Mal live gespielt und werden sicher noch einiges dran verändern. Vor Weihnachten hatten wir zwei Probekonzerte und dort haben wir herausgefunden, wie wir was genau machen wollen. Jetzt muss sich eigentlich nicht mehr viel ändern. Die CD ist zwar neu für alle, aber wir haben sehr lange dran gearbeitet und kennen die Songs jetzt recht gut. Wir wissen bei jedem Song, was zu tun ist. Wichtig ist es, die richtige Reihenfolge zu finden, damit es einen richtig schönen, runden Abend gibt. Vielleicht braucht es noch einen Gig, um alles zu perfektionieren, aber es kommt gut.
hitparade.ch: Hast du verkaufstechnisch an das neue Album Erwartungen ?
Shirley: Nein, überhaupt nicht. Das meine ich nicht negativ. Ich lasse mich einfach überraschen, denn ich habe keine Ahnung, was passieren wird. Ich hatte seit 5 Jahren keine Veröffentlichung mehr und weiss auch nicht wirklich, wie der Markt so dran ist. Ich weiss, dass es sehr viel gute Schweizer Musik gibt, die jetzt auf den Markt kommt. Ich hoffe, dass man der CD Platz den den Plattenläden, in Zeitungen und im Radio widmet. Ich hoffe, das Album wird ein wenig supportet, denn das hat es dringend nötig. Mir ist es vorallem ein Anliegen, dass die Leute zu den Konzerten kommen. Dort verkaufe ich auch am meisten CDs. Natürlich wäre es für mich absolut toll, in die Hitparade zu kommen. Aber ich weiss ja nicht, wie die CD einschlagen wird. Es wäre für mich natürlich sehr toll, wenn sie sich verkaufen würde. Ich habe absolut keine Ahnung. Aber vielleicht ist es besser so.
hitparade.ch: Du hast unter Anderem das "Irish Music Festival" im Zürcher Volkshaus organisiert. Wie bist du mit dem Ergebnis zufrieden?
Shirley: Dieses "Irish Music Festival" war ein Experiment für mich. Es hatte viele Musiker darunter, die ich sehr gerne mag, die super talentiert sind und tolle Musik machen. Wenn wir das Bedürfnis gehabt hätten, dies zum Wachsen zu bringen, dann hätten wir weitergemacht. Dies hatte aber niemand. Es ist ein wirklich grosses Projekt, das viel Zeit in Anspruch nimmt. Auch an Choreographien musste man unter Anderem arbeiten. Ich finde aber, es ist sehr gelungen. Man hätte aber einen sehr grossen, weiteren Schritt machen müssen, um diese Veranstaltung wiederholen zu können. Dafür hatte niemand die Energie und die Kraft. Das Festival ist ja jetzt 5 Jahre her und lustigerweise hatten wir letzte Woche ein super Reunion-Konzert.
hitparade.ch: Irish Music Festival, Irische Musik im Allgemeinen, Irish Pubs - Mitteleuropäer scheinen Fans von eurem Land zu sein - woran denkst du liegt das?
Shirley: Aus dem musikalischen Standpunkt betrachtet kann man sagen, da hat es wahnsinnig viele Musiker. Und wirklich viele talentierte Musiker. Die Chance, dass man über was Tolles stolpert, wenn man in Irland unterwegs ist, ist also dementsprechend gross. Überall in den Pubs wird gespielt. Die Iren haben auch eine besonders symphatische Art, die Besucher zu empfangen. Ich glaube, das bedeutet den Leuten viel, wenn sie in die Ferien gehen. Wenn Leute nach Irland gehen, werden sie meist gut aufgenommen. Ich weiss aber nicht, ob dies immernoch so ist. Irland verändert sich immer weiter und ist jetzt ganz anders als früher. Es ist nicht mehr die Insel mit den Schafen und der Düdeldüü-Musik. Es ist jetzt zu einem führenden Computer-Land geworden. Und dies hat natürlich seinen Preis. Ich hoffe aber, es ist eine Balance zwischen Beidem vorhanden.
hitparade.ch: Was denkst du über die aktuelle Top 10 der Schweizer Hitparade?
Shirley: Ich kenne Mika und Alicia Keys und Rihanna. Aber ich muss sagen, dass Alicia Keys und Rihanna nicht so mein Ding sind. Ich + Ich kenne ich überhaupt nicht. Lenny Kravitz hingegen höre ich seit Jahren. Ich finde ihn einen genialen Typ. DJ Ötzi kenne ich nur vom Namen her. Es ist lustig, aber in den Top 10 kenne ich sonst nichts. Erst wenn ich auf die hinteren Plätze schaue, sehe ich einiges, das ich kenne. Seal, Stress, Amy Winehouse, Britney Spears, Dada Ante Portas oder James Blunt: Die kenne ich alle. Dies würde ich alles viel lieber hören als die Top 10. Tut mir leid (lacht). Also wenn ich die Top 10 verändern könnte, dann würde ich sie mit den Künstlern der hinteren Reihen austauschen. Dann wäre es meine Top 10. Bei den Album Charts sieht es schon wieder etwas besser aus. Da ist Lenny Kravitz auf Platz eins, und das finde ich super. Und Jack Johnson ist auch super. Von Züri West bin ich auch ein Fan, ich wohne bei denen in der Nähe. Und Amy Winehouse… die hat ihre 5 Grammys wirklich verdient. Mary J. Blige kenne ich nur vom Namen her, ich weiss nicht genau, was sie macht. Dada Ante Portas ist auch ein Name, den ich seit Jahren kenne. Nur das neue Album kenne ich noch nicht. WOW, Sheryl Crow ist auch dabei? Die ist super. Radiohead ist auch super. Es hat also tatsächlich viele tolle Alben in der Hitparade, seh ich gerade. Davon kenne ich auch mehr!