Interview mit StämpfStämpf präsentiert sein Album "Microcosmic"
16.04.2020
hitparade.ch: Lieber Stämpf: Wie nutzt Du die Corona-Zeit?
Stämpf: Im Sommer hätten wir auf einigen Open Airs spielen können. Diese Auftritte sind leider abgesagt. Das ist bitter. Dafür haben wir alle jetzt mehr Zeit zum Üben (lacht). Wir haben die Songs total drauf! Ansonsten habe ich die viele Zeit genutzt, um an meiner Gesundheit zu arbeiten. Ich habe entschlackt und entgiftet, fahre jeden Tag Fahrrad und habe bereits drei Kilo abgenommen. hitparade.ch: Wie wird sich Deiner Meinung nach die aktuelle Situation auf Deinen Album-Release auswirken?
Stämpf: Was ich merke ist, dass die Leute offenbar mehr Zeit haben, Musik zu hören. Und das ist ja nicht wirklich schlecht. Die erste Single, die ich veröffentlicht habe (Lost And Found) hat bald 10'000 Streams! Das ist ziemlich cool. Ich habe auch bereits Nachbestellungen von Shops erhalten und auch im iTunes-Store sieht es gut aus mit den Bestellungen. Das ist grossartig, ich freue mich, wenns läuft!hitparade.ch: Hast Du mit dem Gedanken gespielt, den Release zu verschieben?
Stämpf: Nein! Ich wollte nicht mehr warten. Mein Gefühl war ganz klar, dass diese Scheibe jetzt raus muss!hitparade.ch: Die erste Single, die Du veröffentlicht hast, heisst "Lost and Found". Der Song ist ja eine Art Liebeserklärung. Ans Leben und an die Liebe. Und dass man grundsätzlich nach vorne schauen soll und sich nicht durch Rückschläge beirren soll - da die Liebe alles auffängt. Ist das Deine Lebenseinstellung?
Stämpf: Die Liebe kann sehr viel ausmachen. Es geht ums Zusammenhalten! Um den Umgang und die gegenseitige Wertschätzung. Und diese Dinge stehen sicher auf meinen Grundpfeilern.hitparade.ch: Das Video ist mal etwas ganz anderes! Man sieht grundsätzlich nur die Lyrics des Songs. Wie bist Du auf diese Idee gekommen? Geht es darum, dass sich die Menschen zu wenig auf den Text eines Songs achten? Hältst Du das für ein grundsätzliches Problem in der Musik?
Stämpf: Dass man den Text mitlesen kann hilft visuell auf jeden Fall sehr, da Englisch nicht unsere Muttersprache ist. Und natürlich finde ich die Lyrics von Songs wichtig. Mir ging es in diesem Video aber auch um das Bild des Mikrokosmos. Das Bild dazu, das auch auf dem Cover des Albums zu sehen ist, stammt vom Bündner Künstler Conrad Jon Godly. Und es zeigt die Welt von oben, durch die Wolken. hitparade.ch: Dein neues Album heisst ja auch "Microcosmic". Wie sind Deine Gedanken zu diesem Bild, das Du hierzu nutzt?
Stämpf: Ich sehe das wie ein Tropfen, der ins Wasser fällt. Es bilden sich sofort Ringe, die von innen nach aussen gleiten. Und es ist wichtig, dass man positive Energie aussendet, da sie sich dann ausbreitet. Viel zu oft machen wir das Gegenteil und lassen negative Energien von aussen nach innen fliessen. Wir konzentrieren uns zu wenig auf den Kern. Das funktioniert jetzt, in dieser Corona-Krise, wieder besser. Diese Entschleunigung, die wir zurzeit erleben, zeigt uns auch wieder mehr von diesem Kern, den wir auf keinen Fall aus den Augen verlieren sollten.hitparade.ch: Sind denn die neuen Songs mikrokosmisch filigran aufgebaut?
Stämpf: Zumindest kann man sagen: Meine Musik ist handgemacht! Ausser beim Song "Save Me", da habe ich ein ganzes Orchester programmiert. Aber sonst ist hier alles mit einem grossen Anspruch für Qualität mit Herzblut entstanden. Und genau deswegen werden wir die Songs auch live mit Power präsentieren können.hitparade.ch: Man hört auch bei Deiner neuen Musik den Punk-Einfluss. Insbesondere der Titel-Song "Microcosmic" ist eine richtige Punk-Nummer. Welche Bedeutung hat Punk für Dich?
Stämpf: Für mich ist Punk wichtig, denn er sagt für mich aus: Ich mache im Leben das, was ich möchte. Das bedeutet Freiheit für mich. Da kommt auch der kleine Revoluzzer in mir zum Zuge. So bin ich, und so bin ich zufrieden. hitparade.ch: Man hört auch sanftere Klänge, beispielsweise im Song "Chance". Hat Dich Dein Privatleben - Du bist Vater zweier Kinder - etwas geerdet?
Stämpf: Definitiv! Man hat eine neue Aufgabe. Und hier vermischt sich meine Revoluzzer-Seite mit meiner sanften Seite. Im Familienalltag gibt es alle Emotionen. Es ist streng, aber grossartig. hitparade.ch: Wie würdest Du den Stil des Albums selbst beschreiben? Was trifft auf alle Songs zu?
Stämpf: Ich würde sagen, es ist ein richtiges Rock-Album. Jeder Song wird von Gitarren getragen. Nirgends haben wir Keys genutzt - ausser bei "Chances" gibts leise eine Hammond-Orgel zu hören. Die Scheibe ist amerikanisch geprägt. Ich habe drei Jahre in den USA gelebt, das hat mich auf jeden Fall beeinflusst.hitparade.ch: Das hört man! Dein Sound klingt sehr international. Wie sieht es mit Deinem Interesse am Ausland aus?
Stämpf: Ich weiss es nicht. Zurzeit sind die Auftritte abgesagt und wir können nicht richtig planen. Ich hoffe, dass ich als Voract irgendwo "Pay-to-play"-mässig mitreisen könnte, um im Ausland zu spielen. Das werden wir noch sehen.hitparade.ch: Du hast eine neue Band am Start. Waren Deine Bandmitglieder involviert in den Songwriting-Prozess?
Stämpf: Die Grundgerüste habe ich alle selbst gemacht. Beim gemeinsamen Erarbeiten kamen natürlich wertvolle Inputs, die wir umsetzen konnten. Die Texte habe ich gemeinsam mit englischsprachigen Freunden geschrieben, damit sie möglichst authentisch sind. Ich finde es wichtig, dass man Zusammenarbeiten zulässt. Es ist einfach bereichernd. Es entstehen viel spannendere Dinge, wenn sich mehrere Menschen damit befassen. Es verleiht der Musik mehr Farbe, mehr Ausdruck - und vorallem mehr Abwechslung.hitparade.ch: Jetzt habe ich ein paar Fragen zu Deinen neuen Songs auf dem Album: Welcher Song des Albums ist Dir beim Songwritig am leichtesten von der Hand gegangen?
Stämpf: Der erste Song "Pedal Down". Das war auch der erste Song, den ich überhaupt für das neue Album geschrieben habe. Innerhalb von einer Viertelstunde hatte ich den fertig. Ich war total im Flow. Ich mag den Song total, er geht ab.hitparade.ch: An welchem hast Du am meisten herumgemurkst?
Stämpf: An "Save Me". Dies aufgrund dieser Orchesterspuren, die einfach perfekt sein mussten. Das war viel Arbeit. Aber es hat Spass gemacht!hitparade.ch: Welcher Song wird live die grösste Herausforderung sein?
Stämpf: Ebenfalls "Save Me". Und zwar genau aus diesem Grund! Entweder müssen wir das Orchester einspielen, oder wir spielen den Song akustisch. Auf jeden Fall sind hier die Backing Vocals sehr wichtig.hitparade.ch: Welcher Song ist für Dich der grösste Ohrwurm?
Stämpf: Ich würde sagen "Chances" und "Lost And Found". hitparade.ch: Welcher Song ist der Persönlichste?
Stämpf: "Let It Rain". Da geht es darum, dass Freunde wie Schatten sind, die die Dunkelheit symbolisieren. Und dass man es regnen lassen soll - man hält es aus. Solche Menschen kenne ich aus meinem Umfeld. Darum ist es gut, sich der Sonne zuzuwenden.hitparade.ch: Du bist schon seit über 20 Jahren ein fester Bestandteil der Schweizer Musikszene. Wie empfindest Du die Entwicklung in unserem Land, was die Musik angeht?
Stämpf: Schade finde ich, dass die Musik, die in den Radios gespielt wird, im Gegensatz zu früher immer gleich klingt. Und das, obwohl es heute eine viel grössere Vielfalt an Musik gibt als früher! Allein ich Chur erlebe ich regelmässig talentierte junge Musiker, die ihr eigenes Ding machen - und sehr besonders sind. hitparade.ch: Hast Du aktuell Schweizer Künstler auf dem Schirm, die Du besonders bewunderst?
Stämpf: Seven! Es ist zwar nicht meine Musikrichtung, aber abgesehen davon, dass er eine unglaublich gute Stimme hat, macht er ebenfalls handgemachte Musik. Ich mag sein Qualitätsbewusstsein - genau das schätze ich. Was er liefert ist immer 1A. Zudem mag ich Gotthard. Die bringen eine Scheibe nach der anderen heraus und immer wieder bringen sie handfesten, guten Rock. Die funktionieren immer, bleiben authentisch, und können dennoch immer wieder überraschen. Und auch Bligg schätze ich sehr. Ich habe sein Akustik-Konzert erlebt und muss sagen, der Typ hat eine gute Art, mit dem Publikum umzugehen und er schätzt auch seine sackstarke Band, die er im Rücken hat. Ah, und Stefanie Heinzmann! Die ist einfach super!hitparade.ch: Jetzt wartest Du darauf, dass auch Du wieder die Bühne rocken kannst…
Stämpf: Ja! Wir sind optimistisch und ich hoffe, dass ich bis Ende Jahr noch 30 Konzerte spielen kann. Wir werden sehen. Sobald diese Krise vorbei ist, sind wir absolut ready!Interview durchgeführt:
Bettina Wyss Siegwart
Bettina Wyss Siegwart
Redaktion:
Bettina Wyss Siegwart
Bettina Wyss Siegwart
Linktipps:
Zum neuen Album Microcosmic |