Interview mit Stress
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Nach mehreren Nummer 1-, Doppel- und Dreifachplatin-Alben meldet sich Stress nun mit einem neuen Werk zurück. Mit "Renaissance II" ging er bewusst neue Wege: Neue Produzenten, Musiker und eine neue Herangehensweise beim Songwriting. Das Album klingt neu und hält die eine oder andere Überraschung bereit. Wir haben Stress zum Interview getroffen.hitparade.ch: Dein neues Album "Renaissance II" erscheint am 7. Oktober. Auf was bezieht sich diese "Renaissance"? Auf dich selbst?
Stress: Ja, mehr auf mich selbst als auf die eigentliche Renaissance im geschichtlichen Sinn. Es ist eine musikalische Renaissance, weil wir eine neue Frische gefunden haben. Zudem geht es um mich als Person. In der Vergangenheit litt ich unter starken Rückenproblemen, die jetzt zum Glück viel besser geworden sind. Ich weiss nun, dass ich weiterhin Musik machen kann und mich meine Schmerzen nicht daran hindern. Vor einem Jahr sah das anders aus.
hitparade.ch: Bereits vorab erschien die Single "Au poste", mit Bligg in der Rolle des Polizisten. Warum übernahm gerade Bligg diese Aufgabe?
Stress: Der Song stammt aus seiner Feder, und uns gefiel einfach die Idee von Bligg als Polizisten.
hitparade.ch: Der Clip zu "Au poste" ist sehr professionell gemacht. Allgemein legst du offenbar grossen Wert auf gute Videoclips zu deinen Liedern.
Stress: Ich denke, dass ich das zu einem grossen Teil auch meinem guten Team zu verdanken habe. Die Musikvideos tragen viel zum Image bei, welches heute sehr wichtig ist. Ausserdem helfen sie beim Verständnis eines Liedes, ich kann meine Fans dadurch besser an meiner Musik teilhaben lassen.
hitparade.ch: Die Ideen für die Clips kommen also nicht von dir alleine?
Stress: Nein, die entstehen meistens in der Diskussion mit den verschiedenen, beteiligten Leuten. Da werden gemeinsam Ideen gesammelt.
hitparade.ch: Eine weitere Zusammenarbeit auf deinem neuen Album ist der Song "Elle" mit Noah von Pegasus, eine interessante Kombination. Wie kam dieses Lied zustande?
Stress: Das Lied existierte bereits vor der Idee zu dieser Kollaboration, aber der Refrain stellte uns nicht zufrieden. Da traf ich Noahs Manager, der mich fragte, was ich von einer solchen Zusammenarbeit halten würde. Ich finde, seine Stimme passt perfekt zu "Elle", und das Resultat gefällt mir sehr.
hitparade.ch: Auch Pegasus veröffentlichen kürzlich eine neue CD. Hast du schon 'reingehört?
Stress: Ein bisschen, aber nicht alles. Momentan habe ich viel zu wenig Zeit für andere Musik. Ich bin einfach zu beschäftigt mit Promo und Proben.
hitparade.ch: Auf deinem CD-Cover interpretierst du die Schlacht von Sempach neu. Interessierst du dich für die Schweizer Geschichte?
Stress: Da geht es mir wohl wie allen Anderen auch, die Schweizer Geschichte lernte ich in der Schule kennen. Ich denke, das Bild auf dem Album-Cover repräsentiert die Einstellung vieler junger Leute heutzutage. Sie wollen nicht mehr neutral bleiben und sagen, was sie beschäftigt. Sie kämpfen für ihre Ideen und ihren Glauben. Und meiner Meinung nach passierte eben genau dies auch in der Schlacht von Sempach, die Leute kämpften für ihre Vorstellungen. Meine Version des Bildes, das auch Frauen und Schwarze zeigt, soll die moderne Schweiz zeigen.
hitparade.ch: Siehst du es als Aufgabe für dich als Musiker, deine vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, um dich auch politisch zu äussern? Nicht alle Musiker machen das, viele wollen neutral bleiben.
Stress: Für mich ist es schwer, in dieser Gesellschaft zu leben und alles zu ignorieren. Auch als Künstler hast du eine persönliche Meinung, und gerade wir können diese Meinung besonders gut kommunizieren. Ich habe mich dafür entschieden, zu sagen was ich fühle und denke und darüber zu singen, was mich berührt.
hitparade.ch: Du gehörst wirklich nicht zu den Rappern, die nur über fette Autos und heisse Frauen singen.
Stress: Ich habe auch kein fettes Auto.
hitparade.ch: Nicht?
Stress: Nein, ich fahre einen Mini. Aber das ist auch ein cooles Auto! (lacht)
hitparade.ch: Hast du das Gefühl, dass die oberflächliche Rap-Musik mit eben diesen Texten schlechten Einfluss auf die Jugend hat?
Stress: Ich denke, die Rap-Musik zeigt durchaus viele schlechte Seiten von unserer Gesellschaft. Aber wir könnten hier auch über die TV-Sendung "Jersey Shore" sprechen. Da geht es ebenfalls nur um Frauen, Trinken und Bling-Bling, obwohl sie keine Rapper sind. Das hat vor allem damit zu tun, was die Leute aktuell fasziniert.
hitparade.ch: Siehst du dich auch ein wenig als Vorbild für deine jungen Fans?
Stress: Nein, das will ich nicht. Wenn es wirklich Leute gibt, die mich als Vorbild anschauen, möchte ich davon nichts wissen.
hitparade.ch: Bei "20min.ch" läuft zurzeit ein Wettbewerb mit dir unter dem Motto "Star At School". Deine jungen Fans können dich für ein Konzert in ihre Schulaula holen.
Stress: Genau, diese Aktion läuft speziell für Schüler. Sie sind normalerweise noch zu jung für Konzerte, weil es oft eine Altersbeschränkung gibt. Ich finde es eine coole Idee, in die Schule zu gehen und dort ein Konzert zu geben. Schön, dass wir mit "20min" den richtigen Partner fanden, um dieses Vorhaben umzusetzen.
hitparade.ch: Bist du selbst gerne in die Schule gegangen?
Stress: Ja, die Schule war immer cool, ich habe die Zeit genossen.
hitparade.ch: Und als Schüler hättest du es bestimmt auch toll gefunden, wenn du an einem solchen Konzert hättest teilnehmen können?
Stress: Ja, absolut. Wenn ich mir vorstelle, dass ich damals die Möglichkeit gehabt hätte, an einem solchen Wettbewerb mitzumachen, ich wäre ausgeflippt!
hitparade.ch: Du bist mit deinem eigenen Label auch in der Modewelt tätig. Liegt dir Kleidung und Mode am Herzen?
Stress: Mode und Stil sind überall, auch hier. Warum hat das Restaurant genau diesen Tisch gewählt und wieso diese Stühle? Mode ist eine Art Statement, das auch ich abgeben möchte. Glücklicherweise habe ich die Möglichkeit, mein Statement durch meine Mode zu zeigen. Warum sollte ich diese Möglichkeit ungenutzt lassen? Man sollte immer wieder Neues wagen und auch Risiken eingehen, das macht Spass und ist erfrischend für deine Kreativität.
hitparade.ch: Wann hattest du denn zum ersten Mal die Idee, etwas in diesem Bereich zu machen?
Stress: Es ist nicht so, dass ich jetzt das Gefühl habe, nun in der Mode voll dabei zu sein. Ich nehme mich da nicht wirklich ernst. Dabei geht es mir effektiv mehr um die Möglichkeit, die ich nutzen wollte. Und es sieht aus, als würde es gut klappen!
hitparade.ch: Auch du hast einmal klein angefangen und inzwischen bist du wohl einer der bekanntesten Schweizer Rapper. Ab wann hast du realisiert, dass du es jetzt "geschafft" hast?
Stress: Daran denke ich nicht. Für mich zählt, dass es mir gut geht und dass ich genug zu tun habe. Dass ich jetzt ein "Grosser" sein soll, interessiert mich nicht.
hitparade.ch: Anfangs 2012 gehst du auf Tour. Was dürfen deine Fans erwarten?
Stress: Wir versuchen, unsere Show auf ein anderes Niveau zu bringen. Darum nehmen wir uns nach dem Album Release auch ein wenig mehr Zeit, bis wir mit der Tour starten. Ich bin froh, dass wir genügend Zeit haben, uns vorzubereiten. Zudem können die Leute in dieser Zeit mein Album entdecken. Grundsätzlich ist es immer das Gleiche: Du versuchst mehr zu machen als beim letzten Mal. Wir werden sehen, ob das gelingt.
hitparade.ch: Werden vielleicht auch Noah oder Bligg mit dabei sein?
Stress: Wenn sie Zeit haben, sicher! Vor dem Album Release gibt es bereits drei Pre-Shows, die da sind, um das Album vorzustellen. Noah wird sicher bei ein oder zwei dieser Shows dabei sein.
hitparade.ch: Zum Schluss noch eine Frage zum bekannten "Röstigraben": Wie beurteilst du als Romand die Unterschiede zwischen dem Deutschschweizer und Westschweizer Publikum?
Stress: Für mich ist der einzige Unterschied, dass ich mit den einen Deutsch und den anderen Französisch spreche. Einzig vielleicht, dass die Westschweizer natürlich alles verstehen und die Deutschschweizer nur bedingt, sie hören dadurch ein wenig anders zu.
hitparade.ch: Könntest du zum Schluss noch die aktuelle Top 10 der Schweizer Singles-Charts kommentieren?
Stress: (überlegt lange, während er die Liste studiert)
Ich kenne nur einige Lieder davon. Vor allem diese Dance-Tracks, die momentan sehr stark vertreten sind, sagen mir nicht besonders zu.
Interview durchgeführt: Yvonne Zgraggen
Redaktion: Yvonne Zgraggen