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Interview mit Trummer





Erstmals in seiner Karriere hat Trummer im Herbst 2007 ein berndeutsches Album namens "Im Schatte vo däm Bärg" veröffentlicht. Die Umstellung von englischen zu berndeutschen Texten erfolgte ausgerechnet auf einer Tour durch Amerika. Grund genug, Trummer zu treffen und einige Fragen über Konzerte in den USA sowie seinem aktuellen Album zu stellen.

hitparade.ch: Trummer, wie ich im Pressetext zu deiner CD "Nightlight" gelesen habe, war dein Vater im Vorstand eines Singer/Songwriter-Festivals in deinem Geburtsort Frutigen. Wie stark hat dich dieses Engagement deines Vaters musikalisch beeinflusst?
Trummer: Zuerst war mir gar nicht so bewusst, dass mich dieses Festival wirklich beeinflusst hat, da ich bis ins Alter von 14-15 mehr Hardrock gehört habe. Man ist aber immer wieder an dieses Festival gegangen und es waren auch meine ersten miterlebten Konzerte. Was mir am meisten geblieben ist, ist die Country-Musik, die bei Reisen mit meiner Familie ständig im Autoradio lief. Als ich dann selber begonnen habe Songs zu schreiben merkte ich, dass ich eigentlich gar nicht so Hardrock-Musik mache wie ich es von meinen direkten Einflüssen hätte machen müssen. Mir ist aber erst einige Zeit später bewusst geworden, dass dies vermutlich der Einfluss dieses Festivals gewesen ist.
hitparade.ch: Das war ein Country-Festival?
Trummer: Ja, es ist aber immer mehr zu einem Singer/Songwriter-Festival geworden bei dem auch Steve Earle gespielt hat. Als es noch ein richtiges Cowboy-Festival gewesen ist, hatte es grossen Erfolg.

hitparade.ch: Deine ersten Alben waren im Gegensatz zum aktuellen Album "Im Schatte vo däm Bärg" alle auf Englisch. Warst du vom Singer/Songwriter-Festival her etwas englisch beeinflusst?
Trummer: Es war mehr die damalige Musikwelt. Als ich etwa 1990 anfing Musik zu machen, hat es noch nicht so viele berndeutsche Bands gegeben wie heute, die es bis nach Frutigen geschafft haben. Meine grossen Helden von damals haben alle Englisch gesungen und so wollte ich es auch machen. Ich finde Berndeutsch ist eine viel heiklere Sprache als Englisch um die Grenze zum Kitsch nicht zu überschreiten. Englisch lässt da schon mehr Spielraum, was mir später sicher entgegengekommen ist.

hitparade.ch: Nach 2 Album-Produktionen und anschliessenden Schweizer Tourneen hast du dich im Februar 2006 entschieden mit deiner Gitarre nach New York zu gehen. Was waren die Ziele deines Aufenthalts in New York?
Trummer: Ich wollte herausfinden, ob ich in einem anderen Sprachraum, wo die Dimensionen meiner Texte verstanden werden, etwas kann und ob ich mich auch dort bewähre.
In der Schweiz ist es recht komisch wie man sich musikmässig hocharbeiten kann: Durch die wenigen Clubs hat man fast keine Möglichkeiten live zu spielen, wenn man noch keine CD herausgegeben hat. Also muss man eine CD veröffentlichen können, aber um die Platte zu produzieren muss man Geld haben...
Amerika hat dort einen etwas ehrlicheren Weg, bei dem junge Songwriter oder Künstler auch Gelegenheit bekommen live zu spielen, sich so ein Publikum zu erarbeiten und später eine CD herausgeben zu können. Ich war einfach neugierig, ob ich in einem solchen System auch bestehen kann oder ob es hier nur gut gekommen ist weil ich mir die Plattenproduktion leisten konnte.
Ich hatte auch das Gefühl, in meinem Leben eine Bestätigung für meinen bisherigen Weg zu suchen ob die Musik das richtige ist. Wenn man etwas nicht so gut kann, versucht man ja lieber etwas anderes. Es war einfach Zeit "Nägel mit Köpfen" zu machen, da man ja nur ein Leben hat und einmal entscheiden muss, was man im Leben machen will.

hitparade.ch: Würdest du einen Aufenthalt in New York einem anderen Schweizer Musiker weiterempfehlen?
Trummer: Gerade als Singer/Songwriter ganz sicher. Ich nehme an, es gibt in jeder Szene gewisse Orte wo man oft spielen kann. Es ist jedoch teuer und man muss seine Ansprüche vom Leben etwas runterschrauben, aber es ist durch die extreme Ballung an Talenten aus der ganzen Welt sehr inspirierend und gibt einen sehr grossen Ansporn.

hitparade.ch: Mit The Bowmans, Singer/Songwriter-Zwillingen aus den USA, warst du im September/Oktober 2006 auf US-Tour. Wie kam es dazu?
Trummer: Ich habe The Bowmans in der Eastvillage- Folkszene kennen gelernt wo ich gespielt habe und wir haben uns gut verstanden. Ich fand, The Bowmans müssten unbedingt mal nach Europa kommen und haben dann begonnen eine Europa-Tour zu buchen. Sie hatten aber vorher noch eine Amerika-Tour zu einer Zeit, als ich gerade in den USA war und bin mit ihnen losgezogen. Ich habe nicht jeden Abend gespielt wie sie, aber jeden 2. oder 3. Abend hatte ich einen Auftritt.
Auch vom Booking her war es ein Zusammenspannen: ich konnte ihnen hier helfen und sie haben mir in den Amerika sehr viel geholfen.

hitparade.ch: Was sind die grössten Unterschiede zwischen einer Tour in Amerika und hier in der Schweiz?
Trummer: Die Tour, die wir gemacht haben, war extrem nach dem "Do It Yourself"-Prinzip: Wir hatten nie ein Hotel, dass uns bezahlt wurde, sondern haben immer bei irgendwelchen Bekannten oder MySpace-Freunden auf Sofas oder am Boden übernachtet; ein durch den Club bezahltes Essen gab es fast nie, während man in der Schweiz wirklich sehr gut verpflegt wird und es sind einfach extreme Strecken, die man zurücklegt. Was mich auch überrascht hat wie kurz die Konzerte in Amerika sind. Wenn man über 45 Minuten oder eine Stunde spielt ist es schon ein langes Konzert, währenddem man hier manchmal bis zu zwei Stunden spielt.
In Amerika touren viele Bands, die keinen Plattenvertrag haben und auf eigenes Risiko spielen. Fixgagen sind extrem selten, meistens geht es nach Eintritten oder Kollekten. Es ist "the Hard Way", aber es hält gleichzeitig auch Leute davon ab, die es nicht so ernst meinen mit der Musik. Fast alle die man unterwegs trifft, haben etwas drauf und einen grossen Willen. Hier in der Schweiz kann man als "Feierabend-Musiker" relativ weit kommen. Wobei es auch schön ist, nach jedem Konzert heimfahren zu können. Mittlerweile geniesse ich es wieder hier zu spielen, man fühlt sich schon so ein wenig wie ein König, wenn man irgendwo ankommt und es dann etwas zu Essen gibt.

hitparade.ch: Kannst du uns eine witzige Episode der US-Tour erzählen?
Trummer: Ich habe einmal in Kansas City gespielt bei einem selber organisierten Konzert. Mit Garantien und dem Bestätigungs-Mail bin ich allein hingefahren, aber als ich dort ankam wusste niemand, dass ich komme und die Organisatorin war auch nicht da... Die andere Band an diesem Abend war The Greencards, eine traditionelle Folk-Bluegrass-Band, die zuerst etwas komisch geschaut haben, aber schlussendlich haben sie mich doch spielen lassen und es ist ein ganz toller Abend geworden. Es ist halt alles etwas loser organisiert, als dass man es sich hier gewöhnt ist.
Wir waren die ganze Zeit mit einem Auto unterwegs und die Besitzerin hatte es verpasst, eine gültige Bewilligung einzuholen. Also hätten wir bei der geringsten Polizeikontrolle eventuell unser Auto verloren... Ich habe unterwegs einmal Kaffee geholt und wie ich es von der Schweiz gewöhnt bin, habe ich auf der anderen Strassenseite parkiert. Natürlich hat dann gleich ein Polizist angehalten und gefragt, wieso ich auf der falschen Seite parkiert habe. Erst da habe ich gemerkt, dass man in Amerika nicht auf der anderen Strassenseite parkieren darf und hatte da schon etwas Angst, dass er jetzt unser Auto kontrolliert und so die ganze Tour bachab gehen würde. Ich habe ihm dann erklärt, dass ich aus der Schweiz komme, dass ich das nicht gewusst hätte und sofort umparkieren werde. Er sagt nur ok und so ging es haarscharf vorbei... Man sagte mir zwar, Provinz-Polizisten seien gnadenlos, aber irgendwie war das Glück mit mir.

hitparade.ch: Auf der US-Tour hast du damit begonnen, berndeutsche Songs zu schreiben damit das Schweizer Publikum deine Texte besser versteht. Dein Bassist Röbi Aeberhard hat in einem Making-Of-Video der CD gesagt, er habe sich viel schneller in die berndeutschen Songs hineinversetzen können als es bei den englischen Songs der Fall war. Wie ist das bei dir? Hast du einen anderen Bezug zu einem Song, wenn er berndeutsch oder englisch ist?
Trummer: Ja, in gewisser Weise schon. Ich finde die englischen Songs sind nicht persönlicher aber privater. Ich habe mich dann aber auch beim schreiben der englischen Songs etwas davon wegentwickelt von diesem allzu Privaten, als ich in Amerika gespielt habe. Allerdings habe ich später in Amerika auf der Tour nicht mehr so viele englische Songs geschrieben.
Alle berndeutschen Songs habe ich mit dem neuen Ideal geschrieben und singe über Dinge, die schon etwas länger vergangen sind und ich nicht mehr mittendrin bin. Wenn der Song alles beinhaltet und nicht nur die Stelle, die am meisten weh tut oder am meisten berührt ist es einfacher dort wieder und wieder hinzugehen beim singen. Aber es sind nicht mehr unmittelbare Gefühlsausbrüche wie es bei den englischen Songs der Fall war, was ich schätze. Bisher hatte ich bei allen berndeutschen Songs das Gefühl, dass ich sie vielleicht das ganze Leben lang spielen könnte... mal schauen, so alt sind sie noch nicht.

hitparade.ch: Anders als bei den zwei letzten Alben warst du bei "Im Schatte vo däm Bärg" der Hauptproduzent, der am Schluss entschieden hat wie die Platte klingt. Was war dir wichtig bei dieser CD?
Trummer: Ich habe praktisch ein Jahr lang ausschliesslich allein auf der Bühne gespielt und wollte unbedingt die Intimität dieser Songs retten. Ich hatte zwar Lust, die Lieder mit einer Band einzuspielen und in einer Bandversion auszuschmücken, aber zwischen der Soloversion von mir und der endgültige Fassung auf der CD sollte kein grosser Unterschied bei der Intimität feststellbar sein.
Ich habe mir auch vorgenommen, nicht gross darüber nachzudenken wie es bei Konzerten klingen wird, ob man es im Radio spielen kann, ob es Mainstream-Potential hat usw. Ich wollte die CD einfach so werden zu lassen wie sie wird ohne allzu viele Gedanken von Aussen. Deshalb haben wir im Studio auch viel live aufgenommen und es hat sich für mich bewährt. Es ist zwar jetzt nicht ein Pop-Produkt, dass sich leicht vermarkten lässt, aber bisher hat mir noch niemand vorgeworfen es sei eine Mundartplatte mehr, die es nun halt auch noch gibt. Das war eigentlich das Hauptziel und macht mich froh.

hitparade.ch: Du hast es vorher angesprochen, dass du seit Herbst 2007 wieder mit einer Band unterwegs bist, nachdem du 2006 mehrheitlich allein auf der Bühne warst. Wie gefällt es dir besser mit Band oder ohne Band?
Trummer: Ich habe beides sehr gerne. Um einen ganzen Abend zu gestalten wie so oft auf dieser Tour spiele ich lieber mit der Band, da kann man ab und zu rocken oder auch mal Instrumental-Teile spielen. Bei den ganz kleinen oder kurzen Konzerten passt es aber meistens besser alleine, da kann man seine Geschichten zu den Songs erzählen und braucht die Songs gar nicht gross auszuschmücken. Beim Booking ist es immer sehr gut aufgegangen und es hat sehr gut gepasst wo ich alleine gespielt habe und wo mit der ganzen Band.

hitparade.ch: Seit kurzem hast du ja im Café Kairo in Bern mehrere Projekte angestossen wie ein Open Mike oder eine Auftrittsreihe von internationalen Singer/Songwritern, die du kennst. Waren es die positiven Erfahrungen aus New York, dass du jetzt solche Anlässe in Bern organisierst?
Trummer: Ja, absolut. Ich fand, es braucht einen Ort, wo sich auch Leute auf die Bühne getrauen, die sonst noch keine Konzerte buchen können. Dort kann man Songs ausprobieren, Erfahrungen sammeln was funktioniert, was nicht funktioniert und dazulernen. 2 Wochen später kann man das neu gelernte gleich wieder anwenden, wovon ich in New York sehr viel profitiert habe. Lehrreich war auch, dass man auf die Bühne steht und weiss, dass man nur 10 Minuten Zeit hat um einen Eindruck zu hinterlassen. Die Ausrede "die besten Songs wären nachher gekommen" gilt nicht, man muss hinstehen und bereit sein, was ich als sehr gute Schule empfunden habe. Auch in Bern bewährt es sich und die Leute sind dankbar für diesen schönen Anlass, was mich sehr freut.
Bei den Konzerten ist es ähnlich, ich möchte damit Künstlern eine Auftrittsmöglichkeit bieten, die sonst keine hätten obwohl sie einen Auftritt verdient haben. Sonst müssen sie irgendwo in einem Pub spielen, wo man schon bald wieder auf den DJ wartet oder lieber die Jukebox laufen lässt. Es sollte in einem Rahmen stattfinden, in dem man Musik respektvoll hört.

hitparade.ch: Im Februar 2008 gehst du ja wieder in die USA. Ist die Gitarre diesmal wieder mit dabei oder lässt du sie zu Hause?
Trummer: Ich werde die Gitarre schon mitnehmen, aber ich werde ohne feste Tour mehr herumreisen als spielen. Ich hoffe natürlich, dass es ähnlich inspirierend wird wie beim letzten Mal um Songs über die Schweiz zu schreiben. Im kreativen Bereich habe ich mir viel vorgenommen, dafür weniger in der "Karrierenvorantreibung".

hitparade.ch: Du hast mehrere MySpace-Seiten für Trummer, Christopher Bernhard (deinem Namen im Ausland) oder auch fürs Open Mike in Bern. Was sind deine Erfahrungen mit MySpace?
Trummer: Ich finde es super! Der einzige Nachteil bei MySpace ist die Zeit: Man könnte immer noch mehr Zeit damit verbringen, gleichzeitig weiss man aber auch nicht genau, was es einem wirklich bringt... Gerade jetzt, wo die eigentliche Struktur der Musikindustrie nicht mehr so gut funktioniert ist es eine sehr demokratische Möglichkeit um seine Songs vorzustellen und gehört zu werden. Ich glaube es gibt ein Publikum, welches auf solche Sachen steht und etwas die Schnauze voll hat vom Mainstream-Radio. Jedoch hat es mittlerweile bei MySpace ein grosses Überangebot und darin noch aufzufallen ist sehr schwierig, aber unter dem Strich ist es für alle gleich.

hitparade.ch: Die Top 10 der Schweizer Hitparade. Kannst du die Songs für uns kommentieren?

10. Il Senso feat. Ruedi Rymann - Dr Schacher Seppli
Trummer: Das ist eine neue Version vom Schacher Seppli? Ist vielleicht etwas billig...

6. Alicia Keys - No One
Trummer: Diesen Song habe ich schon gehört... Irgendwie bin ich ein Fan von Alicia Keys, aber leider immer etwas enttäuscht von ihren Songs. Ich finde sie hätte das Talent zu einer Aretha Franklin unserer Generation zu werden, nur macht sie halt die üblichen RnB-Sachen, was ich etwas schade finde. Als Sängerin und Songwriterin finde ich sie aber super.

4. DJ Ötzi & Nik P. - Ein Stern (... der deinen Namen trägt)
Trummer: Für mich ist das ziemlich die Anti-These zu dem was ich mache, den Song selber kenne ich nicht.

1. Stefanie Heinzmann - My Man Is A Mean Man
Trummer: Ich weiss nur, dass sie bei Stefan Raab gewonnen hat, den Song habe ich aber noch nie gehört.

Trummer: Mal schauen was ich noch so kenne aus der Hitparade:
Von Züri West finde ich den neuen Song "Fische versänke" und auch das Album sehr schön. Musikalisch ist es zwar nicht so aufregend, aber man merkt, die Band ist bei sich angekommen. "Bubbly" von Colbie Caillat gefällt mir sehr gut und ihre Stimme ist sehr schön. Bei Nelly Furtado hoffe ich, dass sie wieder zu ihren alten Wurzeln zurückkehrt. Amy Winehouse tut einem halt schon fast leid...
Die CD von Robert Plant und Alison Krauss gehört für mich zu den besten CDs des Jahres 2007. Adrian Weyermanns neue CD "Wood" finde ich wirklich sein bestes Album und hat mir schon öfters den Tag gerettet. Ich hoffe er kommt noch weiter nach vorne in der Album-Hitparade.