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Ich habe alles in diesen Song gepackt - Interview mit Andrina von Underskin

Früher war sie als Andrina bekannt, später folgte ihre Rockkarriere mit Underskin - und seit ihrer Teilnahme an "the Voice of Germany" ist sie einem breiten Publikum mit ihrer gewaltigen Stimme bekannt. Am 1. September erscheint die neue Single "Use Me" - ein besonderer Song, wie sie im Interview verrät.

hitparade.ch: Wir haben uns zuletzt vor etwas mehr als zwei Jahren kurz vor Release Eures Debut-Albums "Collective Confusion" zum Interview getroffen. Wie habt Ihr die Zeit erlebt unmittelbar nach dem Release?
Es war natürlich eine coole Zeit, da es unser erstes Projekt war und jeder seine Ideen einbringen konnte. Es gab keinen Plan. Wir sind einfach ins Studio gegangen und jeder hat seinen Senf dazu gegeben. Dementsprechend mussten wir uns finden. Mit jedem Konzert haben wir uns weiterentwickelt und uns verbessert. Wir hatten eine tolle Zeit und diese hat uns als Band widerspiegelt. Wir lieben diese Platte heute noch und spielen die Songs noch immer gerne. Es war eine wichtige Zeit für uns.

hitparade.ch: Wurden Eure Erwartungen erfüllt?
Das mit den Erwartungen ist ein Thema für sich. Für mich persönlich ist Spielen das wichtigste. Ich muss nicht sieben Millionen Airplays haben. Ich glaube, wir sind sowieso eher eine Live-Band. Im Rockbereich ist es sowieso schwierig, im Radio gespielt zu werden. Ich wollte einfach Gigs spielen. Und dann kommen Zeiten, in denen nichts läuft und man sich fragt, was man falsch macht - und dann kommen Wochenenden, an denen man ein- bis zweimal spielt. Es ist ein ständiges Auf und Ab. Und das ist wohl bei allen so - ausser, man heisst Foo Fighters, oder so (lacht).

hitparade.ch: Euer letztes Album wurde durch Crowdfunding finanziert. Was für Erfahrungen hast Du damit gemacht?
Das ist sieben Jahre her für Andrina. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht und ich war sehr dankbar, dass die Leute so tolerant waren. Wir hatten dieses Crowdfunding gestartet und auf einmal kam bei mir dieser Break, wo ich dachte, nein! Und das mitten in der Produktion. Ich musste mich neu orientieren. Langsam bildete sich dann die Band Underskin, das dauerte eine Weile. Und ich wollte mich intensiv mit der Musik beschäftigen, alle Songs selbst schreiben. Ich bin mega froh, hat das dennoch funktioniet. Ich glaube aber auch, dass die Leute, die das unterstützen, auch ein gutes Endergebnis wollen. Deswegen war wohl die Toleranz so hoch. Obschon es einen starken Genre-Wechsel gab.

hitparade.ch: Beim Crowdfunding wurden als Belohnung für die Fans fünf Wohnzimmer-Konzerte vergeben. Haben diese bereits stattgefunden? Wie war es, auf der kleinen Bühne zu stehen anstatt auf der grossen Bühne?
Wir haben Leute besucht bis ins Appenzell. Teilweise waren die "Käufer" dieser Konzerte jedoch Veranstalter und so haben wir eher an Festen gespielt. In einem Wohnzimmer gespielt habe ich im Endeffekt nie.

hitparade.ch: Das Album wurde mit Crowdfunding finanziert. Da gibt es auch einige Sachen zu erfüllen, wie Wohnzimmer-Konzerte. Wie waren diese Erfahrungen?
Kannst Du Dir vorstellen, dies für das nächste Album wieder zu tun oder denkst Du einmal reicht?
Das habe ich mir noch gar nicht überlegt. Das Ziel ist es, das Geld mit Gigs zu verdienen. Was ich aber dazu sagen kann, ist, dass ich noch nie einen Rappen eines Gigs selbst genommen habe. Ich investiere das Geld lieber in das, was ich gerne tue. Wir versuchen, uns selbst zu finanzieren. Ich hoffe natürlich, dass wir mit den Gigs genug einnehmen können, um das selbst zu bezahlen. Wenn es nicht anders möglich wäre, käme es aber sicher wieder infrage.

hitparade.ch: Auf Facebook hat Underskin relativ viele Fans aus Italien (30.7%). Wie seid Ihr zu so vielen Likes aus unserem südlichen Nachbarland gekommen?
Das wusste ich gar nicht! Wir haben jedenfalls keinen Italiener in der Band (lacht). Wir sollten in dem Fall unbedingt in Italien releasen (lacht).

hitparade.ch: Du hast an "the Voice of Germany" teilgenommen…
Ich bin aus Blödsinn dorthin gegangen. Ich sass mal wieder morgens um 7 Uhr im Büro und fragte mich, was ich hier eigentlich tue. Der Markt in der Schweiz wird von einer kleinen Gruppe regiert - Deutschland ist ein grösserer Markt und es ist auch interessanter für die Art Musik, die wir machen. "The Voice" kannte ich nur oberflächlich, ein Musikerkollege riet mir dann dazu, mich zu bewerben. Die haben mich dann mehrfach angeschrieben - bei mir waren alle Mails im Spam-Ordner gelandet (lacht). Schliesslich rief mich jemand an und meinte, ich könne einige Runden überspringen und direkt nach Frankfurt kommen. Erst da dachte ich mir dann: "Holy shit, was hast Du gemacht?" Ich ging hin und es war super.

hitparade.ch: Hast Du Dir Gedanken gemacht, wie es mit Underskin weitergegangen wäre, wenn Du gewonnen hättest?
Ich habe das mit den Jungs dann besprochen. Ich kommunizierte auch bei "the Voice" klar, dass ich nur mit meiner Band singen möchte und nicht vorhabe, eine Solo-Karriere zu starten. Das habe ich auch mit meinem Coach Samu Haber besprochen. Schliesslich bin ich bei den "Sing-Off's" herausgeflogen - und es war ein guter Moment.

hitparade.ch: Im Team Samu bis in die Top 10 gekommen und kurz vor den Live-Shows ausgeschieden. Wie hast Du die Zeit bei "the Voice of Germany" erlebt?
Wir hatten jeden Tag Vocal Coaching. Und ich hörte jeweils die anderen singen und ich konnte es kaum glauben, wie gut die waren. Das war eigentlich das allercoolste. Man kann sich mit extrem talentierten Menschen austauschen - und es war eine tolle Phase.

hitparade.ch: Hast Du noch Kontakt mit Kandidaten der Show?
Ja! Mit Flo Unger, der im Halbfinal war, habe ich einige Akustik-Konzerte gespielt. Auch mit Andreas Steiger aus dem Team Samu habe ich noch Kontakt.

hitparade.ch: Hast Du durch die Show neue Fans aus Deutschland dazugewonnen?
Ja, es gab eine neue Fanbase. Das ist eine neue Gruppe und die kennen Dich als Andrina aus dem Team Samu. Das war schon etwas anderes als das, was ich mit meinen Jungs mache. Als ich mit Underskin zum ersten Mal nach "the Voice" wieder live gespielt habe - im Mascotte Zürich - spürte ich zwei Gruppen. Die eine war Underskin-Fan, die andere the Voice-Fan. Man sah das sofort. Ich unterscheide das irgendwie. Es sind sicher einige Leute erschrocken, weil sie etwas anderes erwartet haben.

hitparade.ch: Nachdem Du bei "the Voice" bereits "Berliner Luft" geschnuppert hast: Kannst Du Dir vorstellen, nach Berlin zu ziehen und dort Musik zu machen?
Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich mag Berlin. Ich fokussierte mich sehr auf die Musik und habe daher wenig von der Stadt gesehen. Ich bin einfach kein Grossstadt-Mensch. Ich verstehe auch diese Liebe zu New York vieler Menschen nicht so. Es ist mir too much.

hitparade.ch: Am 1. September erscheint Eure neue Single "Use Me". Wann ist dieser Song entstanden?
Ich hatte auf einmal eine komische Vision. Ich hatte mit Samu noch Kontakt nach "the Voice" und er hat sich netterweise mein Album angehört und mir Feedback gegeben. So habe ich dann neue Ideen entwickelt. Ich wollte elektronische Elemente einbringen und hatte mir das genau vorgestellt. Und ich wusste, es gibt nur zwei Menschen, die genauso krank im Kopf sind wie ich - und das sind Phil Merk und Baschi. An den "Swiss Music Awards" habe ich Phil angesprochen und wir trafen uns - und schrieben innerhalb von drei Tagen drei Songs zusammen. Die neue Single entstand am ersten Tag. Alle von der Band wussten sofort: Das ist es! Und ich bin dankbar, dass Phil und Baschi das einfach so verstehen.

hitparade.ch: Vor 1.5 Jahren wurde bei Dir Krebs diagnostiziert, was sicherlich eine Schock-Diagnose ist, vor allem in so einem jungen Alter. In deinem neuen Song hast Du diese Zeit verarbeitet. Ist es dein bisher persönlichster Song?
Ja, auf jeden Fall! Es geht auch nicht nur um das Thema. Es geht grundsätzlich darum, was sich in dieser Phase alles in meinem Kopf abgespielt hat. Es gibt auch Dinge, über die ich lieber nicht nachdenke - es gibt vieles, das ich gerne verdränge. Daher gibt es Themen, über die ich nie geschrieben habe oder darüber sprach. Und das alles habe ich in diesen Song gepackt, weil ich das einfach gebraucht habe.

hitparade.ch: Der Song und das Video erscheinen am 1. September mit einer kleinen Andrina. Was ist die Story dahinter?
Es geht im Song um schwierige Situationen in meinem Leben. Das Mädchen schlüpft in die Rolle von mir und in Situationen, die ich visuell so darstellen wollte. Der Link vom kleinen Mädchen zur erwachsenen Frau gefällt mir. Man darf hineininterpretieren, was man möchte. Auf den genauen Song-Inhalt will ich nicht zu sehr eingehen, weil es, wie gesagt, um Themen geht, die ich nur in diesem Song herauslasse, sonst aber nicht.

hitparade.ch: Da Ihr nun eine neue Single veröffentlicht, wird das Album wohl nicht mehr weit weg sein. Wann kann man damit rechnen?
Wir machen uns absolut keinen Stress. Es ist jetzt ein interessanter, neuer Schritt. Wir spielen auch unser altes Album nach wie vor gerne und lassen uns jetzt einfach Zeit. Das letzte, das ich möchte, wäre ein Kompromiss-Album. Vielleicht dauert es ein halbes Jahr, vielleicht zwei Jahre. Ich arbeite aus dem Bauch heraus.

hitparade.ch: Auch wieder mit Baschi und Phil?
Das weiss ich noch nicht. Es kann aber gut sein! Wir konzentrieren uns zuerst einmal auf die Single.

hitparade.ch: Am 3. September 2017 tretet Ihr am "RACE FOR LIFE" auf dem Bundesplatz Bern auf, eine Veranstalltung gegen Krebs. Wie wichtig ist es Dir persönlich, Dich für solche Benefiz-Veranstaltungen einzusetzen? Inwiefern hat sich das seit deiner Diagnose geändert?
Es hat sich so ergeben, weil der Song mein Baby ist, wenn es um dieses Thema geht. Ich wollte das Thema nie ausschlachten und auch bei "the Voice" habe ich sofort abgeblockt. Ich bin sehr froh, hat man das respektiert. Für einen solchen Zweck nutze ich meine Erfahrungen jedoch gerne und ich weiss, wie wichtig es ist. Dementsprechend freue ich mich riesig, vor allem, weil es für einen so guten Zweck ist.
Interview durchgeführt: Steffen Hung
Redaktion: Stella Nera