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Interview mit Züri West

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Endlich sind sie wieder da: Eine der grössten Schweizer Bands, Züri West, hat nach vier Jahren das Album "Göteborg" am Start. Seit heute, 23. März 2012, ist die Scheibe nun im Handel, die gleichnamige Single kommt auch sehr gut beim Schweizer Publikum an. Wir haben Frontmann und Sänger Kuno Lauener sowie den Gitarristen Markus "Küse" Fehlmann zum Interview getroffen.

hitparade.ch: Am Freitag erscheint Euer neues Album "Göteborg". Nach so vielen Alben, hat man sich da schon an dieses "Release-Gefühl" gewöhnt?
Kuno: Man hat sich sicher ein wenig daran gewöhnt, aber trotzdem freut man sich und spürt auch Nervosität. Man wird dann irgendwie unsicher, weil man weiss, dass man jetzt nichts mehr beeinflussen kann. Das wird mit dem Alter nicht besser (lacht).

hitparade.ch: Sind Euch denn die Chartsplatzierungen wichtig? Achtet Ihr darauf oder spielt Euch das keine Rolle?
Küse: Wenn's vorne in den Charts einsteigt, dann ist das auf jeden Fall sehr schön, denn dann weiss man, dass es Leute gibt, die sich dafür interessieren. Man kann es ja nicht so richtig beeinflussen.
Kuno: Wir machen einfach viel Promo! Aber wir können die Leute nicht prügeln, das Album zu kaufen (lacht).
Küse: Aber es ist schön, wenn man auf Platz 1 kommt. Ebenso auch auf Platz 2 oder 3. Wenn man auf Platz 30 einsteigt, dann macht man sich sicher seine Gedanken. Aber es ist nicht die Hauptsache. Das Wichtigste ist, dass man gute Songs macht, hinter denen man stehen kann.

hitparade.ch: Die erste Single "Göteborg" handelt vom Songschreiben. Kuno, ist Dir das wirklich schon so passiert, dass Dir ein Song zugeflogen ist, Du aber keine Zeit und Möglichkeit hattest, ihn Dir zu merken?
Kuno: Nein, es gibt ein Interview mit Tom Waits, bei dem er erzählt hat, dass er einmal in einer sehr unpässlichen Situation gewesen sei, als ein Song angeflogen kam, dann habe er diese Idee abgepflückt mit "Gsehsch ned, i bi am Fahre, gang doch zum Leonard Cohen". Ich fand dies eine super Idee. Und gerade in Bern gibt es so viele Musiker, die ich kenne, die auch gutes Zeug machen. Also hat es sich angeboten, daraus einen Song zu machen.

hitparade.ch: Es kommen Künstler vor wie Büne Huber, Polo Hofer oder Tinu Heiniger. Hast Du Reaktionen von diesen Künstlern erhalten?
Kuno: Heute! Wir waren vorhin bei DRS zu Gast. Und der Joschi Kühne, DRS1-Moderator, hat offenbar Tinu Heiniger angerufen, um ihn zu fragen, was er von "Göteborg" halte. Tinu habe also angeblich sehr viel Freude an diesem Song. Diese Kollegen können das absolut mit Humor sehen. Gewisse Medien haben geschrieben, dass ich hier meine Kollegen dissen würde. Aber ich wusste, dass sie diesen Augenzwinkerer nicht persönlich nehmen würden. Die haben das schon verstanden.

hitparade.ch: Es gibt ja noch diese Zeile "Gang doch bem Halter verbii, de hed mer o mou eine gäh". Stimmt das? Hast Du von ihm wirklich mal etwas bekommen?
Kuno: Ja! Es war eine Co-Produktion beim letzten Album "Haubi Songs". Darauf hat es einen Song der "Schiff im Sand" heisst. Dieser Song ist so entstanden, dass er mich mal angerufen hatte und gesagt hatte, er habe einen Text für mich. Also hat er ihn mir geschickt und ich habe diesen ellenlangen Text dann gekürzt auf die paar Strophen, die er jetzt hat. Das war zwar eher eine Zusammenarbeit, aber man kann schon sagen, dass diese Zeile wahr ist.

hitparade.ch: Wie entstehen denn normalerweise Züri West-Songs?
Küse: Jedes Bandmitglied macht Demos. Jeder Instrumentalmusiker für sich und auch Kuno natürlich. Das alles landet dann bei Kuno im Studio. Er pickt sich dann die Sachen heraus, die ihn ansprechen oder bei denen er das Gefühl hat, daraus könnte sich ein guter Song mit interessantem Text ergeben. Dann folgt der Prozess im Übungsraum, wenn wir alle gemeinsam an den Songideen arbeiten und Feinheiten herausholen. Dann kommen Inputs von allen Bandmitgliedern.
Kuno: Es ist jeweils ein langer Prozess mit vielen Umwegen. Es ist schwer zu beschreiben. Im besten Fall treffen ein Text und eine Musikwelt so zusammen, dass man sofort merkt, dass es funktioniert. Manchmal riecht es einfach nach etwas Gutem, aber man muss noch auf die Suche gehen. Dann verrennt man sich auch einmal in etwas. Obwohl es dann auch gut enden kann. Es ist auch schon passiert, dass wir uns verrannt haben und aussenstehende Personen dann gesagt haben, dass sie es super finden. Manchmal braucht man objektive Leute, die nicht beim Prozess dabei waren, um etwas zu beurteilen. Manchmal sucht man zu weit, manchmal zu wenig weit... es ist immer anders. Die Leute fragen mich oft, ob man in dem Alter nach so vielen Platten denn nicht langsam wisse, wie's gehe. Aber es gibt immer wieder Situationen, in denen man nicht weiss, wie es weitergeht. Bei dieser neuen Scheibe hat es viele Irrwege gegeben, aber nun sind 12 Songs auf der CD und wir sind glücklich.

hitparade.ch: Eure Songs leben ja auch sehr stark von den eindringlichen, tollen Texten. Wo holst Du Dir immer wieder so viele neue Ideen?
Kuno: Immer, wenn der erste Song steht, dann hat man extrem Freude. Bei dieser Platte war das "Pinsuschwinger". Und dann denkt man: Super, jetzt habe ich den Text für einen Song, ich brauche aber noch sooo viele. Mit der Zeit aber bekommt man einen Lauf. Du bist automatisch viel aufmerksamer in dieser Phase, wenn es um's Textschreiben geht. Du hörst aufmerksamer zu bei Gesprächen, man schaut Filme und merkt sich eine Zeile, die interessant klingt oder streicht sich in einem Buch einen Satz an... Ich gehe dann einfach auf die Suche. Und manchmal fliegt Einem etwas zu, das ist definitiv so. Und man weiss gar nicht so recht, wo diese Story nun herkommt.

hitparade.ch: Wer ist denn der Gitarren-Johnny? Der kommt auf Eurer CD mehrmals vor...?
Kuno: Küse!
Küse: Anscheinend ist das so! Ich weiss das auch erst seit einer Woche (lacht). Damit muss ich jetzt leben.
Kuno: Das ist jetzt seine Rolle. Er führt eigentlich ein ganz anderes Leben. Aber ich habe ihn vor mir gesehen, als ich diesen Song geschrieben habe.

hitparade.ch: Mir ist aufgefallen, dass das Album abgesehen von "Chlini Gibson" eher melancholisch daherkommt. Hat das einen bestimmten Grund? Oder bist Du grundsätzlich melancholisch?
Kuno: Ja, die musikalischen Ideen bei diesem Album waren verstärkt melancholisch. Und auch meine Texte waren so. Klar, man könnte auch einen melancholischen Text über ein schnelles Riff spielen, das ginge auch. Aber ich glaube, wir sind einfach so.
Küse: Ich habe schon oft versucht, bewusst eine fröhliche Nummer zu machen. Dies sind aber meist nicht die besten Songs geworden.

hitparade.ch: Bei gewissen Songs hat es Bläser dabei. Werden die Euch auch live auf der Tour begleiten?
Thomas Knuchel und Andy Tschopp spielen auf der Scheibe mit. Thomas Knuchel wird dann auch live dabei sein. Und wir haben noch einen Gast-Pianisten dabei, der zufälligerweise Posaune spielen kann. Er wird dann irgendwie Beides machen. Wir sind momentan dabei, das Repertoire zu erarbeiten. Bei gewissen Songs müssen wir noch schauen, wer denn was spielen wird. Wir freuen uns sehr darauf und sind gespannt, was dabei noch alles herauskommt. Die Beiden haben auch schon angefangen, bei alten Songs gewisse Bläsersätze einzubetten. Das ist sehr spannend und wird sehr gut werden.

hitparade.ch: Welche Musik ist bei Euch momentan privat am meisten angesagt? Habt Ihr einen Tipp für Eure Fans, was sie sich dringend anhören müssten?
Kuno: Ich liebe die neueste CD von "The Black Keys". Und King Pepe habe ich entdeckt, ein Berner. Teilweise sehr gute Texte. Ich habe die neue von Lana Del Rey gekauft, habe sie mir aber noch nicht angehört.
Küse: Ich habe in letzter Zeit keine Platten gekauft. Ich habe einen vollgestopften iPod, der dann mit dem Shuffle-Modus einfach wild durcheinander Songs spielt. Ich lasse den iPod selbst wählen.
Kuno: Wenn man den ganzen Tag im Studio ist, dann ist man abends einfach manchmal auch froh, mal keine Musik zu hören. Ich habe im letzten Monat fünf CDs gekauft, es bisher aber nur bei einer CD geschafft, sie mir komplett anzuhören. Jetzt werden wir dann aber lange Fahrten auf der Tournee haben, da haben wir dann Zeit, diese Musik unterwegs zu hören. Es ist sowieso sehr inspirierend, gemeinsam Musik zu hören. Dann hört man vielleicht mal Songelemente, die man selbst auch gerne einmal ausprobieren würde. Man lässt sich ja ganz automatisch beeinflussen. Es gibt sehr oft lustige CD-Sessions auf der Autobahn.
Küse: Darauf freue ich mich schon.

hitparade.ch: Und was ist mit alten Züri West Alben? Hört Ihr Euch diese selbst manchmal noch an?
Kuno: Es kann schon mal vorkommen, dass ich in etwas hineinhöre. Auf dieser Tournee werden wir auch wieder alte Songs spielen, die wir sowieso immer auf jeder Tour spielen. Wir haben schon oft darüber gesprochen, einmal alte Perlen auszugraben, die wir ewig nicht mehr gespielt haben.
Küse: Wir haben einmal eine riesige Liste gemacht mit Songs, die wir gerne wieder einmal spielen werden. Dann haben wir ein wenig ausprobiert, viele Songs sind dann wieder von der Liste gestrichen worden, weil sie nicht funktioniert hatten. Ansonsten höre ich mir alte Sachen eigentlich weniger an. Höchstens die letzten 2-3 Alben.
Kuno: Ich glaube, ich sollte mir wirklich wieder einmal ganz alte Alben anhören. Man hört sich dann selbst singen vor vielen Jahren, man muss sich wohl darauf einlassen und sich daran gewöhnen. Du begegnest Dir dann selbst wieder, als Du 25 warst. Das ist schon sehr schräg. Das mache ich wieder einmal! Gute Idee!

hitparade.ch: Kuno, vor 3 Monaten bist Du Vater geworden. Hat Dich das beim Textschreiben beeinflusst? Ist vielleicht sogar etwas davon auf der neuen Platte zu hören?
Der kreative Prozess war bereits abgeschlossen, als Lucy zur Welt kam. Klar, die Schwangerschaft an sich dauerte auch eine Weile, das hat mich sicher beeinflusst und sehr stark beschäftigt. Aber ich habe versucht, diese beiden Welten, Familie und Musik, auseinanderzuhalten. Sonst fängt man an, Dinge zu projizieren auf ein Lebewesen, das Du noch gar nie gesehen hast. Es hat mich aber sehr beschäftigt und es kann gut sein, dass diese Erfahrung irgendwo mit einfliessen wird, aber das wird sich wohl erst in Zukunft bemerkbar machen.

hitparade.ch: Ihr seid ja grosse Fans von YB. Momentan läuft es bei der Fussballmannschaft aber überhaupt nicht rund. Wie geht es Euch dabei? Vielleicht müsst Ihr sie musikalisch unterstützen?
Küse: Wir haben leider keinen YB-Song auf der Scheibe, aber wir werden sicher ins Stadion gehen, um die Mannschaft zu unterstützen. Leider fehlt uns ein wenig die Zeit dafür. Wir waren jetzt extrem viel am Arbeiten, auch am Wochenende. Und auch nächsten Montag können wir nicht dabei sein. Aber die nächste Saison werden wir dabei sein.
Kuno: Fussball ist immer ein Thema, YB ist auch immer ein Thema bei uns. Wir sind durch und durch gelb-schwarz. Ich hoffe einfach, das kommt gut! Wir drücken dem Chrigu Gross beide Daumen.

hitparade.ch: Sonst müsst Ihr wieder als "The Häberlis" auftreten.
Kuno: Genau, dann helfen wir, den Karren aus dem Dreck zu ziehen (lacht).

hitparade.ch: Worauf freut Ihr Euch dieses Jahr am meisten?
Küse: Auf die Konzerte.
Kuno: Ich bin froh, wenn die Konzerte endlich losgehen. Wir hatten jetzt vier Jahre Pause. Das ist eine lange Zeit, die man nicht mehr auf der Bühne gestanden hat. Darum bin ich froh, geht es wieder los. Jetzt wird die Scheibe veröffentlicht, danach kommen die Konzerte und ich freue mich auf die ganze Tour. Wir haben auch viele kleine Club-Gigs, und die sind meist das Allerbeste. Auch die Open Airs sind immer eine spannende Herausforderung. Wir freuen uns!
Interview durchgeführt: Bettina Siegwart
Redaktion: Bettina Siegwart